Nach dem ersten Tag war's leider vorbei !!!
Ein gebrochenes Schaltauge hat unser großes Abenteuer vorzeitig beendet, sodass Konkursus und ich jetzt zuhause sitzen, statt dem finalen Angriff auf den Brocken entgegenzufiebern.
Wir hatten uns so darauf gefreut, uns nach meiner langen Verletzungspause endlich wieder einer neuen Herausforderung zu stellen: mit dem gesamten Gepäck für drei Tage im Rucksack mit dem Crosser unterwegs zu sein. Das kannten wir noch nicht und so wurde mit der Küchenwaage gepackt. Oberste Priorität hatten die von Konkursus angeordneten 6 Ersatzschläuche. Da musste zum Ausgleich die "Zivilbekleidung" für den Abend etwas leichter ausfallen und die einzelnen Sachen im wahrsten Sinne des Wortes gegeneinander abgewogen werden.
Mit dem Packergebnis waren wir zufrieden und stellten den Wecker auf 4:00. Unser Plan war, das Auto in Tostedt abzustellen und mit Metronom und S-Bahn zum Start nach Wedel zu fahren. Aber alles kam anders. Am Bahnhof von Konkursus ein Ausruf der Entrüstung. Die Zugverbindung laut Internet-Fahrplan existierte nicht. Der nächste Zug wäre zu spät angekommen und so blieb uns nichts anderes übrig, als die unbenutzten Fahrkarten ins Auto zu werfen und das Navi auf Wedel zu stellen.
Einige Teilnehmer hatten vor Ort übernachtet. Die anderen trudelten nach und nach ein und kleideten sich mit dem wunderbaren Brockensturm-Trikot ein.
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In einer geschlossenen Gruppe ging es dann ab durch Wedel. Am Kösterberg hatte Anno allerdings eine schwere Variante nach oben und eine leichte am Wasser ausgearbeitet. Da ich meine Kondition noch nicht so richtig einschätzen konnte, blieben wir bei der Gruppe unten. Irgendwann wurden wir von den rasanten Bergfahrern wieder eingeholt und das Tempo zog etwas an. Im wilden Wechsel ging es über Rad- und Fußwege, Ampelkreuzungen, Trampelpfade, durch Parkanlagen und Bahnhofshallen vorbei an sichtlich irritierten Passanten.
Mitten im größten Spaß klingelte plötzlich das Handy. Ich hatte überhaupt keine Lust, mich deswegen aus der Gruppe herausfallen zu lassen. Aber es klingelte penetrant weiter. Das bedeutete nichts Gutes. Der Anrufer war ein sehr verärgerter Konkursus. Er war durch eine umspringende Ampel abgehängt worden. Der Versuch, die anderen wieder einzuholen, endete mit einem Sturz auf einer glitschigen Holzbrücke und mangels eigenem Navi wusste er nicht wohin.
Notgedrungen fuhr ich wieder zurück, um ihn einzusammeln und da wir jetzt sowieso alleine fahren mussten, genehmigten wir uns im Bahnhof Ohlsdorf aus Frust erst einmal ein paar XXL Franzbrötchen. Mit dieser Stärkung ging es dann doch ganz gut voran. Wir staunten immer wieder, dass es möglich war, eine Stadt wie Hamburg mit einem relativ niedrigen Asphaltanteil zu umrunden und die Umgebung aus einer ganz anderen Perspektive wahrzunehmen, wie z. B. die Unmengen von Kleingärten direkt an der Landebahn des Flughafens.
Allmählich wurde es ländlicher und es mussten nur einige wenige verkehrsreiche Straßen überquert werden. Im Kreis Herzogtum Lauenburg hatten wir dann Natur pur. Wiesen und Wälder, Anstiege, Abfahrten und Singletrails. Dazwischen idyllische Ortschaften, in denen die Zeit still zu stehen schien.
Irgendwo im Wald trafen wir plötzlich auf eine andere Brockenstürmergruppe, mit der wir dann ein Weilchen weiterfuhren. Da mir wegen einer Rippenprellung das Bergauffahren mit Rucksack etwas schwerfiel, mussten wir sie aber leider ziehen lassen.
Das nächste große Wiedersehen gab es in Geesthacht bei ca. km 90. An der Strecke lag dort ein großer Edeka. Da es inzwischen heftig dauerregnete, war es eine absolut zwingende Notwendigkeit, dort einzukehren, um Essen, Trinken und Wärme zu tanken. Es ging zu wie im Taubenschlag. Immer wieder neue Teilnehmergrüppchen gaben sich praktisch die Klinke in die Hand.
So interessant und schön das Fahren im Gelände auch war, es hatte einen Nachteil: es kostete Zeit. Da das GPS im dichten Wald teilweise ungenau wahr, fuhren wir viel Zickzack durch falsche Abzweigungen. Das änderte sich dann ab Lauenburg, wo wir die Elbe überquerten. Aber ohne den Wald pfiff der Wind und so durchnässt wie wir waren, wurde uns sehr kalt.
Und dann mussten wir auch noch stehen bleiben, um den Track zu diskutieren. Der führte genau am Fluss entlang, wo weit und breit kein Weg zu sehen war, nur die endlosen Wiesenflächen der Elbtalaue. Wir näherten uns vorsichtig der Linie auf dem Navi, voller Angst in einen Sumpf zu geraten und stecken zu bleiben. Aber der Boden war fest und irgendwann sahen wir Spuren im hohen Gras, denen wir folgten. Es war wie eine Fahrt durch eine Traumlandschaft, ein unvergessliches Erlebnis. Ein Trauerspiel, dass die Finger zu kalt zum Fotografieren waren.
Jeder Traum endet irgendwann, bei uns auf einer Zufahrt zum Deich. Aber dann ging es viele Kilometer am Deich entlang. Nun kamen wir wieder schneller voran und freuten uns darüber, endlich Straßenschilder nach Hitzacker zu sehen.
Nach der langen Asphaltstrecke ging's noch einmal in den Wald an den Elbhängen. Plötzlich hinter mir ein Fluchen! Konkursus war gerade dabei, nach einem Sturz wieder aufzustehen. "Das war's wohl!" Er zeigte auf seine abgebrochenes Schaltauge.

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Die Schaltung hing zwischen den Speichen. Scheißeeeee !!! Und das mitten im Wald und im strömenden Regen!! Bislang kannten wir gebrochene Schaltaugen nur vom Hörensagen. Ein Ersatzschaltauge fehlte bei unserer Ausrüstung ebenso wie ein Kettennieter für eine Notreparatur, ganz zu schweigen von den Fähigkeiten, damit umzugehen.
Wir liefen dann quer durch den Wald in Richtung der nächsten Straße und fanden uns am Waldbad von Alt Garge wieder. Nach einigen Funkloch-Problemen erreichten wir Janibal, der sich in der Jugendherberge nach einer "Bergungsmöglichkeit" erkundigen wollte. Gleichzeitig fragten wir den Kassierer vom Schwimmbad nach einer Transportmöglichkeit.
Mit den Worten "Hier sind ein paar ältere Leute mit einem Fahrradproblem" orderte er ein Taxi und spendierte einen Kaffee zum Händewärmen. In Null-Komma-Nix war das örtliche Rollstuhltaxi da. Um die Taxi-Sitze nicht zu verdrecken, packten wir unsere mitgebrachten Handtücher (Microfaser extraleicht natürlich) als Sitzunterlage aus. Als wir ausstiegen, konnten wir sie auswringen.
In der Jugendherberge wurden wir vom frisch geduschten und umgezogenen Janibal empfangen, der sich das Dilemma ansah und eine Umfrage unter Stevens-Fahrern machte. Johanna und Jörg72 - Menschen mit bewundernswerter Weitsicht - hatten zwar Ersatzschaltaugen mit, aber die passten nicht. Also Ende im Gelände und ab nach Hause.
Nach dem gemeinsamen Frühstück sahen wir traurig hinterher, wie die anderen weiterfuhren.

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Wir wären so gern dabei gewesen. Nicht nur wegen des Crossens, sondern auch wegen der netten Truppe, die sich da zusammen gefunden hatte.
Stattdessen wanderten wir - Konkursus mit dem kaputten Rad unterm Arm - zum Bahnhof von Hitzacker, wo es sogar noch einen echten Schalter mit einem echten Menschen gab, und fuhren mit der Bimmelbahn nach Lüneburg. Dort stiegen wir in den Metronom. Ab Hauptbahnhof waren noch 40 Min. S-Bahn bis Wedel zu fahren. Und diese ganze Strecke waren wir gestern mit dem Rad gefahren!?! Im Nachhinein kaum zu glauben.
Auch wenn wir nur einen Tag hatten, es war ein einmalig tolles Erlebnis. Es geht doch einfach nichts über das Fahren im Gelände jenseits des Autoverkehrs. Ein riesiges

Wir drücken die Daumen, dass den anderen der Brockensturm gelingt. Hoffentlich gibt es ein nächstes Mal. Auf jeden Fall werden wir uns jetzt erst einmal mit Ersatz-Schaltaugen eindecken, damit uns so etwas nicht noch einmal aus der Bahn wirft. Von den Ersatzschläuchen hatten wir keinen einzigen benötigt.
Ulrike

@Janibal: Danke für's Organisieren der Bettwäsche etc.. Du bist ein erstklassiger Seniorenbetreuer.