Diskriminierung beim BDR?

sonja1
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Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon sonja1 » 08.01.2023, 15:40

Ich möchte mich noch einmal etwas ausführlicher mit einem Thema beschäftigen, das mehr politisch und weniger sportlich ist. Was war passiert? Ich bin begeisterte Hobby-Fahrerin beim Stevens-Cyclo-Cross-Cup und anderen Cross-Rennen (z. B. am Rande der LVM in Bremen oder beim Trek-Cup). In den vergangenen Wochen wurde ich vermehrt angesprochen, ob ich nicht auch mal in der Lizenz-Klasse antreten möchte. Dort könnte ich möglicherweise ein, zwei Fahrerinnen hinter mir lassen. Hmm, ich war zunächst skeptisch :Unentschlossen: , beschäftigte mich aber immer mehr mit dem Gedanken. Und dann kam DIE Gelegenheit: Das Bundesliga-Cross-Rennen in Harburg. Dieses Rennen zählt nicht (mehr) zum Stevens-Cyclo-Cross-Cup und war daher für meine Gesamtwertung nicht wichtig. DA kann ich mal ausprobieren, wie ich so in der Lizenz-Klasse abschneide :Empfehlung: . Schließlich gibt es seit dem Jahr 2017 die Möglichkeit, eine Tageslizenz zu lösen, um genau dieses einmal auszuprobieren.

Gesagt, getan. Ich habe mir über das Online-Portal von rad-net eine Tageslizenz organisiert und mich für das Bundesliga-Rennen angemeldet. Die Ernüchterung folgte wenige Tage später, als mir mitgeteilt wurde, daß ich nicht startberechtigt sei :Wein: . Viele Emails später, in denen ich versucht habe, meine Startberechtigung doch noch zu erzielen, stand dann fest, daß es bei der Entscheidung bleibt. Dies entspricht den Regelungen des BDR. Man mag es kaum glauben, aber nach Prüfung der zugrunde liegenden Regelwerke muß ich leider feststellen: Das stimmt. Und diese Ungeheuerlichkeit will ich jetzt einmal – juristisch aufgearbeitet – darstellen:

Grundsätzlich gilt gem. Ziff. 4.4.2 Abs. 1 der Sportordnung des BDR, daß „an Wettbewerben alle Lizenzinhaber gemäß den Bedingungen der Ausschreibung teilnehmen (können), die der entsprechenden Alters- und Leistungsklasse angehören.“ Die Alters- und Leistungsklasse wird in Ziff. 4.5 der Sportordnung näher definiert. Danach wird die Zugehörigkeit zu einer Kategorie nach Geschlecht und Lebensalter bestimmt. So zählen zur Kategorie „Männer Elite“ alle Fahrer im Alter von 23 Jahren und älter, die nicht die Kategorie „Männer Masters“ gewählt haben und zur Kategorie „Männer Masters“ alle Sportler im Alter von 30 Jahren und älter, die ausdrücklich diese Kategorie wählen (Ziff. 4.5.1. der Sportordnung). Entsprechendes gilt für die Frauen. Dort zählen zur Kategorie „Frauen Elite“ alle Fahrerinnen im Alter von 23 Jahren und älter, die nicht die Kategorie „Masters“ gewählt haben und zur Kategorie „Frauen Masters“ alle Sportlerinnen im Alter von 30 Jahren und älter, die ausdrücklich diese Kategorie wählen.

Die Wettkampfbestimmungen Cyclo-Cross (WB Cross) sehen in Ziff. 1.6 zudem die Möglichkeit vor, Hobby-Rennen anzubieten. Diese werden definiert als „Radsportwettbewerbe für Sportler ohne Radrennsportlizenz“. Damit gibt es zwei Arten von Rennen: Lizenz- und Hobby-Rennen – für Sportler mit und ohne Lizenz.

Bei Lizenzen wird unterschieden. Es gibt Jahres- und Tageslizenzen (Ziff. 5.2 der Sportordnung). Ich vermute, daß die Tageslizenz mit der amtlichen Bekanntmachung vom 26.6.2017 eingeführt wurde, um es Hobby-Sportlern zu ermöglichen, mal in die Lizenzklasse reinzuschnuppern. Zur Tageslizenz heißt es in Ziff. 5.2.2. Abs. 1 der Sportordnung: „Die Tageslizenz ermöglicht die Teilnahme an Lizenzradrennen auf der Straße, Bahn, BMX, eBike, MTB und Cross ab der Altersklasse U11 bis Master.“ Dabei muß eine Tageslizenz entsprechend Ziff. 5.2.2. Abs. 6 der Sportordnung „renn- und altersklassenbezogen“ beantragt werden. In Abs. 8 heißt es weiter: „Sportler/innen ab 40 Jahre bekommen automatisch eine Masterlizenz ausgestellt.“ In Abs. 10 wird noch klargestellt, für welche Rennen die Tageslizenz gilt: „Mit einer Tageslizenz kann man an den Rennen des BDR- und der Landesverbandskalender teilnehmen. Ausgeschlossen davon ist die Teilnahme an Deutschen Meisterschaften und an Landesverbandsmeisterschaften. Die Teilnahme an Rennen des UCI-Kalenders ist mit einer Tageslizenz ebenfalls nicht möglich.“

Wenn man sich das Regelwerk bis hierhin durchliest, klingt das alles ganz prima: Als Hobbyfahrer darf man mit einer Tageslizenz an vielen (nicht an allen) Rennen teilnehmen. Als Sportler über 40 Jahre bekommt man automatisch eine Masters-Lizenz und darf nicht zwischen der Masters- und der Elite-Klasse wählen. Das ist alles ok, denn Jahreslizenzfahrer dürfen gerne andere und weitergehende Rechte haben als Tageslizenznehmer. Aber warum wurde mir nun der Start verwehrt?

Dazu muß man sich die Wettkampfbestimmung Cyclo-Cross anschauen. Dort heißt in den Teilnahmebestimmungen unter Ziff. 1.2:
(1) Sportler, die die Kategorie Männer Masters gewählt haben, werden in folgende Altersklassen eingeteilt:
─ Masters 2 im Alter von 40 - 49 Jahren
─ Masters 3 im Alter von 50 - 59 Jahren
─ Masters 4 im Alter von 60 Jahren und älter.
(2) Sportlerinnen, die die Kategorie Masters gewählt haben und 40 Jahre und älter sind müssen bei den Frauen Masters starten.
(2) Fahrer und Fahrerinnen mit einer Masters-Lizenz dürfen nicht in der Elite-Kategorie starten.
Das klingt soweit ja ganz schlüssig. Als Fahrer über 40 bekommt man sowieso automatisch eine Masterlizenz, wenn man eine Tageslizenz löst. Das paßt also. Aber dann muß man sich einmal anschauen, welche Altersklassen angeboten werden. Diese stehen in Ziff. 1 der Generalausschreibung:
1.1 männlicher Bereich
Schüler U15: Jahrgang 2009 / 2010
Jugend U17: Jahrgang 2007 / 2008
Junioren U19: Jahrgang 2005 / 2006
Männer U23: Jahrgang 2004 / 2001
Männer Elite: Jahrgang 2000 und älter (mit entsprechender Lizenz)
Masters 1: Sportler mit entsprechendem Lizenzeintrag (Elite) sind startberechtigt
Masters 2: Jahrgang 1983 – 1974 (mit entsprechender Master Lizenz)
Masters 3: Jahrgang 1973 – 1964 (mit entsprechender Master Lizenz)
Masters 4: Jahrgang 1963 und älter

Sportler mit einer Masterlizenz sind bei den Rennen der Elite nicht startberechtigt.

1.2 weiblicher Bereich
Schülerinnen U15: Jahrgang 2009 / 2010
Weibliche Jugend U17: Jahrgang 2007 / 2008
Juniorinnen U19: Jahrgang 2005 / 2006
Frauen U23: Jahrgang 2004 / 2001
Frauen: Jahrgang 2000 und älter

Sportlerinnen mit einer Masterlizenz sind bei den Rennen der Elite nicht startberechtigt.
Und hier fällt der Fehler im System auf: Die Generalausschreibung hebt eindeutig hervor, daß Sportler und Sportlerinnen mit einer Masterlizenz bei den Rennen der Elite nicht startberechtigt sind. Aber während bei den Männern Rennen für die Masters-Klassen angeboten, fehlen diese bei den Frauen! :shock: Damit sind alle Frauen, die (freiwillig oder zwangsweise) eine Masters-Lizenz haben, von Rennen im Rahmen der Bundesliga Cross ausgeschlossen.

DAS ist dann scheinbar auch dem BDR aufgefallen :idea: . Jedenfalls wurde nur wenige Tage nach der Veröffentlichung der Generalausschreibung am 9.8.2022 am 25.8.2022 eine amtliche Bekanntmachung veröffentlicht. Darin wurde geregelt, daß „Fahrerinnen mit einer Masterlizenz für die Cross-Saison 2022/2023 einen Lizenzwechsel vornehmen (von Kategorie Master in Elite) (können), um an den Cyclo-Cross Bundesligarennen (Elite Frauen) teilnehmen zu können. Ein Start mit einer Masterlizenz an Rennen der Cyclo-Cross Bundesliga ist nicht möglich.“ Eine entsprechende Regelung für Hobby-Fahrerinnen, die mit einer Tageslizenz starten möchten, fehlt dagegen.

Das heißt im Klartext: Als Hobby-Fahrerin über 40 mit Tageslizenz werde ich von Rennen der Cross-Bundesliga und allen anderen Veranstaltungen, in denen es kein Masters-Rennen für Frauen gibt, ausgeschlossen. Wäre ich ein Mann über 40 dürfte ich antreten, da es Masters-Rennen gibt. Wäre ich ein Mann unter 40 dürfte ich ebenfalls antreten, da ich sowohl im Masters- als auch im Elite-Feld (je nach Lizenz) startberechtigt wäre. Wäre ich eine Frau unter 40 dürfte ich ebenfalls antreten, weil ich dann eine Elite-Lizenz wählen kann. Als Frau über 40 Jahre habe ich jedoch keine Chance, da mitzufahren.

Ist das schon Diskriminierung? Aus meiner Sicht eindeutig ja. In § 19 AGG (Allgemeines Gleichstellungsgesetz) heißt es:
Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die

1. typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder
2. eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben,

ist unzulässig.
Eine Verletzung des Benachteiligungsverbots ist dagegen gem. § 20 AGG nicht gegeben, wenn „für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts ein sachlicher Grund vorliegt.“ Diesen sachlichen Grund kann ich hier nicht erkennen. Der BDR ist aus meiner Sicht daher gut beraten, sein Regelwerk jedenfalls an dieser Stelle gründlich zu überarbeiten.
Sonja - die radelnde Anwältin

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Re: Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon Ü40-Cyclist » 11.01.2023, 12:30

Moin Sonja,
Ich tippe mal, das bei der Erstellung der öffentlichen Bekanntmachung, welche am 25.08.22 veröffentlicht wurde, einfach gepennt wurde und man die Tageslizenzen für Master-Hobbyfahrerinnen nicht auf dem Schirm hatte. Sollte nicht passieren, kann aber passieren.
Interessant wird es ja erst, wie man mit dem Sachverhalt umgeht, wenn auf den Missstand hingewiesen wird. Sollte der BDR den Fehler erkennen und zeitnah beheben, dann ist alles gut.
Falls nicht, bin ich ganz bei Dir und der BDR müsste sich eine sehr gute Begründung einfallen lassen (falls es die überhaupt gibt), warum man die Master-Hobbyfahrerinnen weiterhin von den Wettbewerben ausschließt.
Eigentlich ist es ja ganz einfach. Alle Hobbyfahrerinnen über 23 werden nicht in Elite und Masters unterschieden, können nur eine Art von Tageslizenz lösen und sind startberechtigt ;)

Verrückte Welt :Weissnicht: :Unentschlossen:
Gruß Mario ;-)
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Re: Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon Jacfm » 11.01.2023, 20:03

Gut recherchiert von dir Sonja.

Und ich gebe Don Vito recht, eigentlich müsste nur eine Kleinigkeit geändert werden, und es geht sogar noch einfacher, indem man einfach die Ausschreibungen der GA Bundesliga ergänzt und das Masters Fahrerinnen ihr eigenes Rennen bekommen und Zeitgleich mit der Elite starten dürfen, gemeinsames Rennen, getrennte Wertung.
Bekommt man mit Master2 und U19 auch hin :cool:
Das würde auch schonmal beschriebenes Problem der Fahrerinnen beseitigen die Aufgrund von EM oder WM eine Master Lizenz ziehen.

Noch eine kleine Anmerkung der Vollständigkeit halber...
Wäre ich ein Mann unter 40 dürfte ich ebenfalls antreten, da ich sowohl im Masters- als auch im Elite-Feld (je nach Lizenz) startberechtigt wäre.
Das ist zwar technisch gut erkannt, praktisch aber nicht umsetzbar da Männer unter 40 in Deutschland im Cross und auf der Strasse Elite sind.
Hintergrund ist die Klasse Master 1 (Männer 30-39), die zumindest bei Strasse und Cross nur international interessant ist und in Deutschland nur im MTB in Gebrauch ist
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Re: Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon Tribelix » 12.01.2023, 10:51

Der BDR und Cross :meckern:
Ich erinnere mal an Stefanie Paul letztes Jahr
Kommentar von Jens Schwedler

Über das traurige Dasein des Cyclocross in Deutschland
Ich schreibe diese Zeilen anlässig eines Zeitungsartikels zur Teilnahme von Stefanie Paul, der auf der FB Seite der Radsport Gemeinschaft Hannover e.V. veröffentlicht wurde, sowie eines Artikels vom 27. Januar 2021 im „Sportbuzzer“.
Zusammengefasst: Stefanie Paul erhielt die WM-Nominierung nicht, obgleich sie mit einem Engagement in dieser Zeit für eine WM-Teilnahme gekämpft hat, das seinesgleichen sucht und nun final durch den Bund Deutscher Radfahrer derart abgestraft wird, das mir fast die Worte fehlen.

Ein hervorragender Zeitpunkt um die Situation des Cross-Sports und das Engagement hierfür einmal ins rechte Licht zu rücken.

Der Cross-Sport in Deutschland führt seit Jahren ein Schatten-Dasein und das nicht nur seit den erfolgreichen Zeiten eines Mike Kluges oder Klaus Peter Thaler - immerhin beide Weltmeister 1985/87 - sondern auch in den jüngeren Jahren seit eines Philipp Walslebens, Weltmeister 2009 oder einer Hanka Kupfernagel, Weltmeisterin 2008.
Immerhin war Deutschland mit dem Bund Deutscher Radfahrer mal eine erfolgreiche Cross-Nation und im internationalen Ranking immer noch auf Platz 4 mit 14 Gold, 18 Silber und 11 Bronze Medaillen bei Weltmeisterschaften.

Die Erfolgsgeschichte hätte man weiter schreiben können sowie unsere Nachbarn Belgien und die Niederlade, die genau in dieser Zeit die Weichen gestellt haben für eine erfolgreiche Entwicklung des Cross-Sports. Die Aussage des BDRs, der Cross-Sport ist nicht olympisch und damit nicht förderungswürdig, wird in den Nachbar-Nationen gänzlich anders gesehen. Hier wurde insbesondere auf die aufstrebende Disziplin Cyclocross gesetzt. In anderen Ländern wie den USA zieht man nach.
Weltweit haben sich die Fahrrad-Hersteller auf den Cyclocross Sport eingestellt und neue Cyclocross Räder entwickelt und gebaut. Genauso hat die UCI die Welt Cup Rennen auf den Kontinenten ausgebaut und es wurden die ersten Weltmeisterschaften in den USA ausgetragen.

Belgien und die Niederlande haben am Crosspsport festgehalten und haben in den Jahren 2012/2013 Talente wie Mathieu van der Poel oder Wout van Aert Belgien - heute zwei Ausnahme-Athleten – hervor gebracht. Und wie sich zeigt, dominieren sie nicht nur den internationalen Cross, sondern bringen auch hervorragende Ergebnisse bei Straßen-Klassikern oder mit TDF Etappensiegen.

Der BDR hat es nicht zuletzt versäumt in den Erfolgsjahren eines Philip Walslebens, Christoph Pfingsten, Marcel Meisen, Sascha Weber und Ole Quast (immerhin mit sehr guten Platzierungen bei Welt-Cup Rennen oder Siegen bei Weltmeisterschaften & Nationenwertungen) an diese Erfolge anzuschließen und den Sport weiter auszubauen.

Warum wurden diese Ergebnisse nicht genutzt, um den Cross-Sport zu fördern? Meiner Meinung nach ein klares Versäumnis des damaligen BDR Trainers in gleicher Person der heutige BDR Leistungssportdirektor. Warum man hier andere Prioritäten setzt, erschließt sich mir nicht.

Vielleicht sollte man sich beim BDR einmal hinterfragen, ob der eingeschlagene Weg für den Cross-Sport noch zeitgemäß ist und warum man eine unter den Sportlern beliebte und für die Ausbildung junger Sportler wichtige Sportart derart verkümmern lässt?
Man verliert immer mehr Boden zu anderen Nationen. Man muss man nur mal nach Großbritannien schauen: hier kann man durch alle Disziplinen gehen und man findet z.B. einen Tom Pidcock - Weltmeister bei den Junioren und U23 im Cross -, der wie van Aert und van de Poel sehr erfolgreich auf der Straße fährt.
Beim BDR wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Hier setzt man den Junioren-Sportlern seit Jahren die Pistole auf die Brust: entscheide Dich – Cross oder Straße. Beides geht nicht.
Hier könnte man sehr viele Namen aufzählen, die genau hier gescheitert sind: z.B. Silvio Hertklotz, Leo Appelt, Juri Hollmann, Tom Lindner oder Niklas Märkel. Wenn man diesen Sportler die Wahl gelassen hätte, ob sie weiterhin Cross fahren wollen, vielleicht hätte der BDR hier jetzt auch einen Weg für den Erfolg eines Pidcock, van der Poel oder van Aert geebnet?

Man muss als Trainer oder als Leistungssportdirektor natürlich ein Ziel und dazu eine Strategie haben, um einen Weg zu gehen. Nach meinem Eindruck gibt es weder das eine noch das andere. Dabei halten sich Top-Straßensportler selbst im Winter mit den Cross-Sport fit und bereiten sich auf internationale Rennen vor. Um nur ein paar Namen zu erwähnen: Zdenek Stybar, Marianne Voss, Fabio Aru oder Heinrich Haussler.

Wenn man dann den Artikel liest über den schwierigen Weg einer Stefanie Paul, die sich nicht ausbremsen lässt, weder durch Corona noch durch die Steine die ihr seitens des Bund Deutschen Radfahrer in den Weg gelegt werden, fragt man sich als begeisterter Cross-Sportler: wie hoch muss das Engagement einer Sportlerin noch sein, bis der BDR dies erkennt und auch einmal Einsatz zeigt? Selbst wenn es kein top ten Ergebnis werden sollte – warum wird eine Sportlerin nicht nominiert, selbst wenn sie zu allen notwendigen Rennen vorab in Eigenregie gereist ist und dies auch bei der WM tun würde? Dieser ganze Fall ist mehr als ein Armutszeugnis.

17 andere Verbände schaffen es, SportlerInnen in 4 Klassen bei der WM am kommenden Wochenende in Ostende an den Start zu stellen. Trotz Corona und auch wenn Cross nicht olympisch ist. Wie soll ein Sport sich vor Sponsoren & Co. behaupten, wenn jegliches Engagement ins Leere läuft?

Außerdem unterscheidet der BDR scheinbar zwischen Elite-Männern und Elite-Damen.
Wie ist es sonst zu erklären, dass bei ähnlichen Ergebnissen ein Mann bei einer WM starten darf und die Frauen nicht.

Ich möchte hier nicht persönlich werden. Ich bin leidenschaftlicher Cross-Sportler und begleite den Cross-Sport seit Jahren als Sportler und Trainer und habe seit 1987 einige BDR-Trainer auf diesem Wege kennengelernt. Das „Engagement“ für den Cross-Sport hat aber mittlerweile ein Level erreicht – tiefer war es zumindest in der Zeit an die ich mich erinnere noch nie.
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BDR Lernfähig?

Beitragvon Jacfm » 14.01.2023, 17:43

Joa mei, I gloab mi triit ein Pferd. Doa in München, wo heuer die Deutschen Meisterschaften im Cyclocross stattfinden, gibts doch tatsächlich eine Meisterschaft für Seniorinnen.
Und das sogar unabhängig von der Lizenz, also egal ob Elite Frauen oder Masters Lizenz, alle ab 40 dürfen starten :oops:

Ob der BDR hier wohl heimlich mitgelesen hat......... :GrosseZustimmung:

Also Daumen drücken für Kathi Sigmund von St. Pauli und Annika Wasmundt aus Itzehoe die morgen früh um 9Uhr zusammen mit 12 anderen um den Titel kämpfen :Empfehlung:
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Re: Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon Mike667 » 14.01.2023, 20:24

Moin,

Masters weiblich gabs schon bei der CX DM 2022 in Luckenwalde ... somit im Westen nix Neues ...

//M.
"Kopf runter - mit den Pedalen tanzen - auf jeden Fall ist es jetzt kein Standardtanz den ich dann auf dem Fahrrad mache, sondern es hat schon mehr mit Techno zu tun."
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Re: Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon Don Vito Campagnolo » 14.01.2023, 21:01

Luckenwalde - München - Westen? :Unentschlossen:
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Re: Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon Mike667 » 16.01.2023, 10:54

Don Vito Campagnolo hat geschrieben: 14.01.2023, 21:01 Luckenwalde - München - Westen? :Unentschlossen:
rein geographisch liegt München westlicher als Luckenwalde (und natürlich auch südlicher) ...

//M.
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Re: Diskriminierung beim BDR?

Beitragvon UweK » 14.02.2023, 21:53

ein Trauerspiel - und aus meiner Sicht definitiv Diskriminierung, mal ehrlich, dass kann doch wohl nicht sein?!?
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