IMPRESSIONEN
#BRT22 - Karin und ich waren auch beim Bundesradsporttreffen in Schwerin. Karin gleich die ganze Woche, ich nur den Sonntag und dann Dienstag bis Donnerstag. Wir hatten Glück mit der Unterkunft, da gute Freunde von uns nur einen Km entfernt vom Start wohnen.
Für mich war es das erste BRT. Meine Eindrücke dürften sich von den "Dauergästen" unterscheiden. Aber einiges Berichtenswertes und Auffälliges gab es schon.
Doch zunächst einmal zu den Fotos. Auf der Webseite des Bundesratsportreffens findet sich bereits einiges:
http://www.brt-2022.de/. Es wird auf zwei Seiten mit Fotos verwiesen. Auch auf der Übersichtsseite zu den BRTs finden sich weitere Informationen - so auch ein Interview mit dem Verantwortlichen für den BRT in Schwerin, Uwe Meinke:
https://www.bdr-brt.de/brt-2022/.
Ich habe mich am Sonntag sowie Dienstag, Mittwoch und Donnerstag immer auf die 80er-Tour getraut - mein Limit mit dem Tourenrad. Daher gibt es von mir nur Fotos dieser vier Tage. Da ich selbst gefahren bin auch nur wenige von unterwegs. Viele vom Start, von den Verpflegungs- und Kontrollstationen, von den zahlreichen Helfern und den gemütlichen Runden im Ziel. Die Fotos gibt es lizenzfrei und kostenfrei zur freien - nicht kommerziellen - Verwendung hier im Download auf Box:
https://projectconsult.box.com/s/0ngno0 ... utqt4ajawl In dem Ordner sind vier Unterordner - für jeden Tag einer. Ich habe eine Auswahl gering und hoch aufgelöster JPEGs hochgeladen. Wer für Ausschnitte oder eigene Bearbeitungen die volle Auflösung benötigt, kann mir die benötigten Bildnummern zu senden.
Am Sonntag, 24. Juli, waren die Marathonis schon weg. Start für die RTF-Fahrer war um 9:00. Staus bei Anmeldung und Start gab es nicht - es war alles super vorbereitet. Nur noch wenige meldeten sich am gleichen Tag noch an. Es waren inkl. Nachmeldungen rund 190. Genaue Zahlen gab es vom Veranstalter leider nicht. Aber an diesem Tag waren es rund 500 bis 550 Teilnehmer insgesamt. Wer sich nicht den Marathon "antat", hatte die Wahl zwischen drei RTFs und vormittaglichen Ausfahrten mit dem ADFC. Die Tour nannte sich "Petermännchen". Frei nach einem Geist, der sein Unwesen im Schweriner Schloss treiben soll. Radmarathon und alle 3 RTFs waren auf einem Zettel mit Karte und Beschreibung nebst Abstempelfeldern dokumentiert. Da die Strecke sehr gut ausgeschildert war und die Tracks dazu passten, brauchte man sich auch die papierne Streckenkarte nicht zu Gemüte führen. Die Strecken waren gut ausgewählt. Für mich als "Alleinfahrer" aber doch ziemlich heftig. Die beiden Kontroll- und Verpflegungsstellen waren in "Gottesgabe" (K1) - ja, es gab sehr gute Verpflegung - und in Mühlen Eichsen (K2, K3, K4). Hier bekamen die Marathonis auch etwas Warmes. Von den Nudeln durften dann später auch die RTF-FahrerInnen profitieren. Baustellenbedingt war die Strecke etwas länger, als man normalerweise alleine fahren würde. Der Sonntag war schon ziemlich heiß. Ich bin zumindest froh, nicht am Montag gefahren zu sein. Von der Landschaft war es am Sonntag recht eintönig. Große Ackerflächen. Auffällig wenig Vögel und wenig Fluginsekten.
Dienstag Morgen, 26.07.2022, früh am Start. Stempel geholt. Es ist deutlich frischer geworden, kühl, und auf der Strecke droht heftiger Gegenwind - der auch wirklich eintrat und den von weit her Angereisten zeigte, was die norddeutschen Berge sind. Die Tour nannte sich "Schaalsee, von dem man aber bei der 2-Punkte-Tour nichts sah. Diesmal gab es für jede Strecke einen eigenen Zettel, der auch deutlich auf die Strecktrennungspunkte hinwies. Letztere waren auch auf der Strecke kaum zu übersehen. Jeden Tag gab es eine Einweisung in die Strecke und Besonderheiten durch Uwe. Da wir keinen Gesamtstart hatten, sondern zur Entzerrung der Verkehrssituation in kleinen Gruppen starteten, musste sich Uwe mehrfach wiederholen. Wie schon am Sonntag gab es die ersten richtigen Steigungen kaum nach dem Warmfahren kurz hinter dem Start. Die Verpflegungsstationen wieder super. Auch das alkoholfreie Bier und das alkoholfreie Radler war inbegriffen. Alles da, alle freundlich. Hin mit Gegenwind ging es zum K1 in der Feuerwehrstation in Wittenburg. Von dort mit Seitenwind (und großem Umweg) nach Lützow. Zurück gab es wenigstens Rückenwind. Landschaftlich ähnlich wie am Sonntag - wellig, auf-und-ab, ab-und-zu ein paar Weiler, hie-.und-da ein Wäldchen. In der Halle am Ziel dann die rote Karte zum Eintragen vorgelegt. Als Nachgemeldeten war es immer etwas schwieriger die Anmeldung zwecks Abhaken herauszusuchen. An den Getränkewagen. Etwa 350 Teilnehmer an den RTF-Touren waren es diesen Tag, da auch Marathonis geblieben waren und auf die kürzeren Strecken setzten.
Am Mittwoch, 25. Juli, wieder deutlich vor neun am Start, war ich etwas müde, da wir abends mit Freunden gefeiert hatten. Angesagt war die Kräuter-Tour zum Kloster Rehna. Der Kurs- und Stempelzettel mit Karte war wieder für jede Tour extra und schön übersichtlich. Auch diesmal gut ausgewählte Straßen, professionell ausgeschildert. Zunächst ging es zum Kloster nach Rhena. Unterwegs liegt Gadebusch, sehenswert mit Schloss, Rathaus und Kirche. Interessant die lange Liste der Hexen, die in Gadebusch verbrannt wurden. Dürften die wenigsten, die trotz Kopfsteinpflaster hier durchbretterten, mitbekommen haben. Ein Stück weiter gab es dann noch ein Stückchen "Pavé". Die Pavées waren nicht nummeriert. Ein echtes Manko

Die Gegend war abwechslungsreicher, auch mehr Getier war zu sehen. Aber Wellen, Hügel, Steigungen ... Endlich, Einlenken in das Klostergelände. Die Station im Kloster, in einem begrasten Hof zwischen Kirche und Kreuzgang, war sehr stilvoll und äußerst gut ausgestattet. Es gab auch selbstgebackenen Kuchen. Man wollte kaum weg. Irgendwie schaffte ich es auch wieder nach Mühlen Eichsen, dem mir inzwischen gut bekannten Kontrollpunkt. Was landschaftlich jetzt kam, kannte ich schon und fuhr ziemlich einfach durch. Am Ziel hielten Karin und ich - wir trafen uns dort immer nach ihrer 3- und meiner 2-PunkteTour - diesmal nicht lange, da wir Konzertkarten für Jethro Tull in den Open-Air-Bühne in Schwerin hatten. Es war vom Gefühl her wieder ein "Last-Chance-to-see"-Konzert. Ian Anderson und die Band waren gut drauf und es war ein sehr schöner stimmungsvoller Tagesabschluss. Der Sonnenuntergang beleuchtete die Schloss-Silhouette.
Donnerstag, 26., mein letzter Tag. Ziemlich müde. Den Zettel wie die letzten Tage schon am Vortag geholt. Für die Tour zur "Sagsdorfer Brücke" sogar in Farbe ausgedruckt. Morgens noch etwas früher zum Start gefahren, um mit Uwe und Dirk über die Veranstaltung zu "plauschen" - siehe weiter unten die "Gespräche". Der Kurs war an diesem Tage für die 2-Punkte-Tour eine Hantel mit einer großen Runde um den Schweriner (Innen-) See, dann ein Stück, dass für Hin- und Rückfahrt diente, und noch eine kleine Runde durch das Waldgebiet um Wendorf und Schönlage. Der Kontroll-Punkt in Langen Brütz, bei dem Festhaus der Gemeinde, diente als einziger Kontrollpunkt K1 und K2 für die Mittelstrecke. War man einigermaßen lässig bei angenehmen Temperaturen nach Langen Brütz gelangt - mit viel Ausblick auf den Schweriner See, die Schlossinsel und andere Sehenswürdigkeiten - wartete wieder ein umfangreiches Buffet mit Obst, geschmierten Broten, Riegeln, usw. auf die ankommenden FahrradfahrerInnen. Da der Kuchen noch gefroren war, hatte man praktisch "Kuchen-Eis", was sich bei den steigenden Temperaturen positiv machte. Danach wurde es härter. Wieder ein Pavé, dahinter eine Steigung, es ging auf der Runde auf und ab. Bei der Rückfahrt von der Runde musste man besonders aufpassen, da es nach einer langen Abfahrt mit einer Kurve direkt auf das Stück Pavé ging. Einige der schnellen Fahrer fuhren nicht auf dem Bürgersteig nebenher, sondern machten sich offenbar einen Spaß daraus, über das Kopfsteinpflaster zu flitzen. Die Rückfahrt nach Schwerin war für mich mühsam. An einer Stelle irritierte das Richtungsschild (nach rechts auf einen begrasten Feldweg). Irgendwie kam ich ins Ziel. Ziemlich müde von den letzten Tagen (und Abenden). Diesmal auch eine Currywurst mit Pommes beim Warten auf Karin. Dann ging es schon zurück - Sachen packen und zum Bahnhof - wo man mit Fahrrad im 18:10-Zug nicht mitgenommen wurde und bis 19:23 warten musste.
Alles in allem sehr schöne - anstrengende - Tage. Es gab erstaunlich viele E-Bikes aller Couleur, die sich auch auf den RTF-Strecken und nicht nur bei den ADFC-Ausflügen tummelten. Leider gab es auch häufiger Unfälle. Einige davon wohl auch schwerer. Es wurden nicht nur superteure Fahrräder sondern auch Knochen zerlegt. Ich hoffe, alle sind inzwischen wieder auf den Beinen. Interessant war bei dem einen Unfall die Diskussion, ob man warten solle, bis der Krankenwagen abgefahren ist, oder ob man die Fahrt in der Gruppe, da ja eine gemeinsame Gruppenfahrt, sofort fortsetzen solle, weil einer wohl weiterwollte. Ich bin da einfach kopfschüttelnd weitergefahren. Die Wellen haben zumindest bei mir einiges an Tribut gefordert.
GESPRÄCHE
Ich wollte diesmal nicht nur ein paar Bilder und einen Bericht posten, sondern mich auch mit zwei besonderen Eindrücken vom Bundesratsporttreffen beschäftigen:
(1) der Zusammensetzung der Teilnehmerschaft. Schon am ersten Tag, dem Sonntag, machte eine Zahl die Runde: 90% aller TeilnehmerInnnen sind über 50 Jahre alt.
(2) Es war für ein bundesweites Treffen,ganz Deutschland, meines Erachtens nur wenig los (und es waren noch Teilnehmer aus dem angrenzenden Ausland dabei, wie z.B. ein größere Gruppe aus Dänemark). In der Woche von Montag bis Freitag starteten im Durchschnitt nur 350 TeilnehmerInnen pro Tag. Am Sonntag, der zusätzlich den Marathon anbot, waren es irgendwo zwischen 550 und vielleicht 600 Teilnehmern.
Hängt beides vielleicht zusammen? Altersstruktur und Teilnehmerzahl? An der Organisation durch den Radsportverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. kann es nicht gelegen haben. Organisation, Strecken, Tracks, Beschilderung, Verpflegung - alles super.
Uwe - Cheforganisator
Also habe ich einen Gesprächstermin mit dem Verantwortlichen, Uwe, gesucht und am Donnerstag Morgen ihn auch erwischt. Uwe hat sich für ein Interview - noch vor dem Start - echt viel Zeit genommen. Das BRT sollte eigentlich schon vor zwei Jahren in Schwerin stattfinden, musste jedoch wg. Corona abgesagt werden. Wie Uwe erläuterte, konnte er kaum etwas von der Planung 2020 übernehmen, sondern hat - unterstützt durch seine Frau und 5 lokale Radvereine - die Tour praktisch komplett neu geplant. Für 7 Tage jeweils bis zu 4 Strecken aufzubereiten und zu organisieren ist wahrlich eine Herkulesaufgabe. Unterstützung durch die Stadt Schwerin gab es wohl wenig. Angesprochen auf die Alterszusammensetzung des Teilnehmerfeldes hielt Uwe nicht hinter dem Berg: "
dies ist, wie die meisten RTFs, eine Rentnerveranstaltung". Er zitierte dann aus den Zahlen der 363 Voranmeldungen:
Voranmeldungen:
U18: 1
Ü18: 3
Ü30: 11
Ü40: 20
Ü50: 103
Ü60: 129
Ü70: 82
Ü80: 14
Voranmeldungen gesamt: 363
Weder die Jugend, noch das mittlere Alter sind gut vertreten. Eine Rentner-Veranstaltung. Zwar gibt es mit ca. 12% mehr weibliche Teilnehmer, aber weibliche Jugend Fehlanzeige. Uwe sieht dies als ein generelles Problem von RTFs, was ich allerdings für Hamburg nicht so stark sehe. Uwe meinte, er organisiere gern mal solche Veranstaltungen für diese Altersgruppe, jedoch haben die Bundesradsporttreffen ein generelles Problem: sie adressieren fast nur diese Altersgruppe - und sind daher bald überaltert, schnell komplett überholt und dann auch obsolet. Dies wurde bereits mehrfach auch beim Bundesverband angesprochen, jedoch will man dort offenbar nicht vom derzeitigen Konzept für die BRT abrücken. Die Altersgruppe ist dabei nicht das einzige Problem. Auch das Format selbst muss sich ändern. Eine komplette Woche und dies in den Ferien, stellt für Veranstalter und Helfer ein massives zeitliches und familiäres Problem dar. Ein alternatives Format wäre eine große Veranstaltung an einem verlängerten Wochenende, z.B, drei Tage, wo man auch interessantere Fahrformate für jüngere Teilnehmer unterbringen kann. Mit geringerem Aufwand, vielleicht auch als Permanenten kann man dann den Rest der Woche bestreiten. Dies könnte auch das zweite Problem, die meiner Meinung nach enttäuschende TeilnehmerInnenzahl ausgleichen und das BRT wieder interessanter machen. Aber offenbar ist auch das "Punkte-Sammeln" auf den rosa Wertungskarten selbst ins Hintertreffen geraten. Während der Corona-Krise fielen RTFs vielfach aus und immer mehr Radfahrer begannen sich für Ausfahrten eigenständig über Social-Media-Gruppen auf Facebook, Whatsup und anderswo zu organisieren. Auch dieses Konzept scheint nicht mehr attraktiv und ob sich die Situation verbessert, wenn die Wertungskarte durch eine App abgelöst wird, bleibt abzuwarten. Natürlich gab es diesen Sommer auch viele gleichzeitige Konkurrenzveranstaltungen, aber das Rentner-Image des BRT lockt nun mal auch keine Massen an. Letztlich ist die große Frage, was ein Verband wie der BDR mit einer solchen Veranstaltung bezwecken will - geht es nur um das gemeinschaftliche Radfahren, oder mehr? Gegen Ende des Gespräches fragte ich Uwe, ob er denn ein weiteres Mal ein BRT ausrichten würde - die Antwort war klar und deutlich: "
Nein, mit dem jetzigen Konzept eines BRT nicht noch einmal!".
Dirk - Tourenbegleiter
Dirk, hier im Forum besser bekannt als Mr. Colnago, war als Tourenbegleiter die Woche in Schwerin. Auch ihn konnte ich für ein kurzes Interview gewinnen. Als "Kontroll-Fahrer" braucht man eine eintägige Ausbildung und Akkreditierung des BDR. Ziel ist vorrangig die Überprüfung der Organisation, der Beschilderung, der Tracks usw. des Veranstalters, aber auch Unterstützung der TeilnehmerInnen während der Tour und dabei auch Überwachung der Einhaltung der StVO. Aber das Wichtigste ist selbst fahren und Punkte sammeln. Die diesjährige Veranstaltung des Radsportverbands Mecklenburg-Vorpommern hält er für sehr gut gelungen, Top-Ausschilderung, Top-Strecken, Top-Verpflegungsstellen. Aber auch Dirk hat Bedenken, was die Zukunft solcher Veranstaltungen angeht. Es geht dabei nicht nur um mehr Konzentration auf Nachwuchs, sondern generell die Rolle von Verbänden für das Radfahren. Es fehlt der "
jugendliche Touch, RTFs sind uncool". Das vermehrt E-Bikes mitfahren ist OK, aber auch ein Zeichen der Überalterung und eine gewisse Abkehr vom sportlichen Charakter. Den zukünftig geplanten "digitalen Nachweis" sieht Dirk eher kritisch "
zu viel Technik."
FAZIT
Es bleiben gemischte Gefühle bei mir als "Erstfahrer" eines BRT zurück. Aber dies ist ja ein Diskussionsforum - vielleicht gibt es ja ein paar Kommentare zu den angesprochenen Fragen:
- Ist das BRT nur etwas für Rentner? Sollte man das BRT dann auch nur für Rentner als Zielgruppe ausrichten? Was macht der Rest der Radsportler?
- Braucht es ein neues BRT-Konzept mit einem verlängerten Wochenende als Kern?
- Mit welchen Maßnahmen stärkt man die Vereinsarbeit, um mehr Jugendliche und mehr Frauen für den Radsport zu begeistern?
- Wie würden alternative Formate für den Radsport im Verein aussehen?
- Macht das "Punkte-sammeln" noch Sinn? Ist es noch attraktiv?
Ich freue mich über Kommentare und Antworten
