Paris - Brest - Paris 2015 (Bericht, Bilder +Video)

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tabula-raser.de
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Paris - Brest - Paris 2015 (Bericht, Bilder +Video)

Beitragvon tabula-raser.de » 21.08.2015, 12:57

Bild :mad:
Ich war nicht als erster wieder drin.
Aber dies ist wohl der erste Bericht

http://www.tabula-raser.de/touren/paris ... ne-va-plus

Nach Paris ist vor Paris!
Eigentlich hat zum Radfahren jeder seine eigene Philosophie
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Helmut
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Beitragvon Helmut » 22.08.2015, 01:24

Viel erlebt, Spaß gehabt, den Mut nicht verloren - alles gut!

Viel Erfolg 2019, Max!
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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dirksen1
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Beitragvon dirksen1 » 24.08.2015, 10:41

feiner Bericht, ich lass das alles lieber noch "sacken" und schreibe die nächsten Tage...
ES LIEGT NIE AM RAD!
Bild
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 24.08.2015, 15:06

P-B-P 2015, es war mein letzter Superbrevet. Ich gehe jetzt in Langdistanzrente. Es war eine großartige Veranstaltung. Perfekt organisiert. Ich wollte noch einmal alles aufsaugen. Auch die harten Momente. Und schon noch an mein Limit gehen. Nach 64:49:00 Std. war ich im Ziel. Superglücklich. All die Jahre auf den Straßen Europas werde ich jetzt Revue passieren lassen. Fotos und Berichte archivieren.

Ist jetzt mit Radfahren Schluß? Nein! Bin im Moment bei Freunden in der Pfalz, wo ich mein Trekkingrad zwischengeparkt hatte. Am Mittwoch werde ich mit dem Trekkingrad zu einer 600 km Tour durch Vogesen und Elsass aufbrechen. Allerdings in 6 Etappen und am Abend in einem warmen Bett schlafen.

Danach beginnen die Planungen für meine zukünftigen Touren quer durch Europa. Alles mit dem Trekkingrad, gemeinsam mit meiner lieben Freundin. Aber das Rennrad wird natürlich weiterhin für schöne gemeinsame Ausfahrten benutzt. : Kreisel :
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Speedmanager
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Beitragvon Speedmanager » 24.08.2015, 19:29

Angelboot hat geschrieben:P-B-P 2015, es war mein letzter Superbrevet. Ich gehe jetzt in Langdistanzrente.
Wohlverdient, fürwahr.

Nächstes Jahr findet übrigens wieder Borders of Belgium statt. Klein, aber fein. Muss man eigentlich unbedingt mal gefahren sein. Warst du da schon?
Und übernächstes Jahr wäre wieder LEL dran... ;)
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Halbrenner
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Beitragvon Halbrenner » 24.08.2015, 20:49

Angelboot hat geschrieben:P-B-P 2015, es war mein letzter Superbrevet. Ich gehe jetzt in Langdistanzrente. Es war eine großartige Veranstaltung. Perfekt organisiert. Ich wollte noch einmal alles aufsaugen. Auch die harten Momente. Und schon noch an mein Limit gehen. Nach 64:49:00 Std. war ich im Ziel. Superglücklich.
Moin Angelboot,

Glückwunsch zur guten Zeit! Das dachte ich mir schon, als wir uns vor Brest begegneten, dass Du ganz gut unterwegs bist.

Bei mir klappte auch alles ganz gut. Das war wirklich eine tolle Veranstaltung.

Genieße das Langdistanz-Rentner-Dasein.

Viele Grüße
Lars
Altonaer Bicycle-Club von 1869/80.
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 24.08.2015, 21:47

@Speedmanager: Nö, Nö, es ist genug!

@Lars: Glückwunsch auch zu deiner Leistung. Wer P-B-P meistert, hat großartiges geleistet. Weiterhin viel Spaß bei deinen Touren.
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kocmonaut
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Beitragvon kocmonaut » 24.08.2015, 22:24

Hallo Finisher,

Glückwunsch Euch allen. Auf weitere Berichte freue ich mich jetzt schon.

@Angelboot

Viel Vergnügen bei Deinen weiteren Touren. Mach was DU willst, denn eine bessere Wahl gibt es nicht. Von Deinen Erlebnissen wirst Du hoffentlich weiter berichten.

kocmonaut
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chris
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Beitragvon chris » 25.08.2015, 22:47

Also für mich war es das erste Mal PBP. Und zwischendurch dachte ich: "ganz sicher auch das letzte Mal". Aber diese Momente kommen und gehen bei jedem längeren Brevet, besonders wenn es mal nicht so läuft, wie man sich das vorgenommen hat. Zwischenzeitlich kann ich wieder uneingeschränkt sagen: "Gerne wieder in 4 Jahren."

Was mich an dieser Veranstaltung am meisten begeistert, ist der Enthusiasmus der Zuschauer und der vielfältige Kontakt mit diesem radsportbegeisterten Volk der Franzosen. Es gab Momente, da war ich den Tränen sehr nahe, wenn einem nach allen Hochs und Tiefs und aller Anstrengung die Leute zugejubelt haben. Das empfand ich schon beim Start in St. Quentin-en-Yvelines, wo auf der gesamten Strecke bis zum Ortsausgang unglaublich viele Zuschauer waren, und am Meisten bei der Rückfahrt in Villaines-la-Juhel, wo echte Volksfeststimmung herrschte und jeder Fahrer herzlich begrüßt wurde. Wahrscheinlich war es der große Kontrast: Eben noch auf einer völlig unnötigen und überflüssigen 10 km Umweg-Extra-Schleife über den rumpeligsten Asphalt eine fiese, lange Steigung rauf, genauso rumpelig wieder runter und noch so ein paar fiese Buckel in einer langweiligen, öden Landschaft und plötzlich findest Du Dich in diesem Fest aus Jubel, Musik und Applaus wieder. Da war mir echt zum Heulen.

Auf der anderen Seite fehlte mir bei PBP ein wenig das echte Randonneur-Feeling. Es war immer irgendwo irgendjemand in der Nähe, man war nie allein und die Kontrollen mit dem (meist mehr oder weniger) üppigen Angebot an Speisen, Sanitäreinrichtungen und Vollpensionscharakter verleiteten dazu, sich bequem auf dieser Tour einzurichten. Es fehlte ein bischen der Abenteuercharakter, wie man ihn bei den echten "unsupported Rides" erleben kann.

Gestartet bin ich in der ersten 90h Startgruppe F, ziemlich ambitioniert und für meine Verhältnisse schnell unterwegs. Anfangs rollten die Hügel noch und gefühlt war da kein Wind. Das Wetter war ja die längste Zeit einfach phänomenal optimal. Meine Strategie: Alleine mein eigenes Tempo fahren, an den Kontrollen nur so lange aufhalten, wie es für einen selber erforderlich ist und auf niemanden warten müssen. Nach meiner Erfahrung die effizienteste Methode, lange Brevets zu fahren.

Leider hatte ich den ersten Rückschlag schon am Morgen nach der ersten Nacht. Die Nacht war deutlich kälter als ich es erwartet hatte (< 10 °C) und so plagte ich mich am Morgen mit einer Sehnenreizung, die bis ins Knie austrahlte. Wenn das schon nach 300 km soweit ist, wie soll ich dann die nächsten 900 km durchstehen? Mit Dehnübungen alle 20 km, wenig Druck auf dem Pedal und hoher Trittfrequenz konnte ich das Problem im weiteren Verlauf immer eindämmen, aber ganz weg es nicht mehr zu bekommen. Das fängt ja ganz Klasse an! So war jedenfalls an ein effizientes schnelles Fortkommen nicht mehr zu denken.

Bei einer anderen Veranstaltung hätte ich wahrscheinlich abgebrochen wegen dieser Einschränkung. Aber PBP ist nur alle 4 Jahre, man hat enorm viel investiert in Vorbereitung, Zeit und Reise und all das hat mich veranlasst, die Strategie zu wechseln mit dem Ziel "Egal wie, Haupsache finishen". Hier geht es nicht um den Schönheitspreis, sondern darum, ein gestecktes Ziel in 90 h zu erreichen.

Folge war die Entdeckung der (relativen) Langsamkeit. An Steigungen möglichst kein Wiegetritt, bergab einfach rollen lassen. Und vorwärts kommt man doch. Und ich war überrascht, dass ich dennoch oftmals schneller war als viele andere, in deren Pulk ich mitschwamm. Ich habe sehr viele Fahrer gesehen, die es unglaublich ruhig und entspannt angegangen sind. Die Hektik und das Tempo bolzen, wie ich es von den meisten Brevets in Deutschand kenne, gabs hier nicht. Wie Friedhelm Lixenfeld sinnhaft beim Treffen der deutschen Randonneure vor dem Start gesagt hat: "Nicht rasen, lernt erst mal das das Reisen".

Ab Brest habe ich meine Etappen immer am Zeitlimit ausgerichtet und ausgiebig Pausen gemacht und die Tour, die Landschaft und die Leute entlang der Strecke so sehr genossen, wie es die Umstände eines solchen Superbrevets ermöglichen. Naürlich waren auch immer die Enttäuschung über das ausbremsende Knie und später auch die oblogatorischen Sitzprobleme und ganz zum Schluss eine Nackenmuskulatur, die auch nicht mehr mitmachen wollte. Aber in der Erinnerung verblassen die Leiden sehr schnell und es bleibt die Freude und der Stolz auf eine körperlichen Leistung, die ich mir vor ein paar Jahren nicht mal ansatzweise für mich vorstellen konnte.

Bei diesen langen Touren halte ich meine Freunde und Familie immer über Facebook auf dem Laufenden. Immer wenn sich die Gelegenheit bietet (meist bei einer Kontrolle oder Etappenziel), poste ich ein paar charakteristische Fotos und ein paar Zeilen zu dem Erlebten und Erlittenen.
Anstelle eines ausführlicheren Berichts hier mal meine Postings aus Facebook:

Samstag, 15.08. nachmittags in St. Quentin-en-Yvelines

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-Maet ... C_0001.JPG" width="800">
Velodrome National

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-bvYh ... C_0015.JPG" width="800">
Registrierung der Starter im Velodrom National

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-iQ1R ... C_0016.JPG" width="800">
Mein treuer Begleiter, mal wieder pannenfrei über 1200 harte Kilometer

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-n1NF ... C_0005.JPG" width="800">
ARA-Organisator Rainer Paffrath bei der Ansprache an die deutschen Randoneure

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-U762 ... C_0012.JPG" width="800">
So sieht ein Randonneur-Rad aus ;-)

Sonntag, 16.08. 17:45 Uhr in St. Quentin-en-Yvelines

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-37Fa ... 020064.JPG" width="800">
"Meine" Gruppe F direkt vor dem Start

Sonntag, 16.08. 23:00 Uhr in Mortagne-au-Perche

<IMG src="https://scontent-vie1-1.xx.fbcdn.net/hp ... 2697_o.jpg" width="800">
1. Verpflegungsstelle in Mortagne-au-Perche nach 140 km. Bis hierhin liefs sehr flüssig. Jetzt wirds zäher. Mehr Hügel und die Kohlenhydrahtspeicher sind leer. Die Umstellung auf Fettverbrennung dauert bei mir immer etwas.

Montag, 17.08. 3:30 Uhr in Villaines-la Juhel

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-Y4FN ... C_0019.JPG" width="800">
Die Nachtfahrten sind immer das Härteste. Kalt, feucht und dann immer diese Müdigkeit, mal mehr, mal weniger. Ich bin jetzt nach 220km im 2. Etappenort angekommen: Villaines-la-Juhel. Erst mal was essen.

Montag, 17.08. 9:15 Uhr in Fougeres

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-jga3 ... C_0021.JPG" width="800">
Den Fotos zufolge könnte man meinen, ein Brevet bestünde nur aus Pausen und Essen. Essen ist bei dem Kalorienverbrauch auch essentiell wichtig: ca350-400kcal/h werden verbraucht. Dass es keine anderen Fotos bislang gab, lag aber vor Allem aber daran, dass es dunkel war und ich ein fieses Problem mit einer Sehne in meiner Wade habe, und somit viel damit beschäftigt, das Rennen irgendwie noch zu retten. Tempo rausnehmen und Wade warmhalten. Es ist (noch) reichlich Zeit bis Kontrollschluss.

Montag, 17.08. 12:45 Uhr in Tinteniac

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-OXtt ... C_0025.JPG" width="800">
Die erste Stadt, die echt bretonisch aussieht. Mein Knie überrede ich gerade, mich doch noch nach Brest und dann nach Paris zu bringen. Jetzt bei der Wärme macht es mit. Stephanie hat von unterwegs Fern-Reiki gegeben. Hauptsache, es hilft.

Dienstag, 18.08. 0:10 Uhr in Carhaix

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-_Ke8 ... C_0026.JPG" width="800">

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-KaSK ... C_0027.JPG" width="800">
Vor lauter Radfahren kommt man garnicht mehr zum Schreiben. Viele Anwohner an der Strecke feiern das Event mit, indem sie zumeist kostenlos Getränke und kleine Naschereien anbiten. So kommen sie mit den Fahrern aus aller Welt in Kontakt. Ich bin zwischenzeitlich nach den Kontrollen von Loudeac und St. Nicolas du Pelem an der Kontrolle von Carhaix angekommen bei 526 km. Wieder erst mal was essen. Vor der letzten Hinweg-Etappe (88 km, viele Hügel) nach Brest werde ich erstmal etwas schlafen, egal wo, Hauptsache warm und trocken....

Dienstag, 18.08. 7:00 Uhr in Brest

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-f2o_ ... C_0029.JPG" width="800">
in Brest angekommen. Irgendwie fehlt mir gerade die Motivation, die ganze Strecke wieder zurückzuradeln (ich weiß ja schon, welche Berge und Rüttelpisten auf mich warten). Gleich erst mal duschen und etwas schlafen, dann sehen wir weiter...

Dienstag, 18.08. 17:10 Uhr am Roc'h Trévezel

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-5Zrr ... 020069.JPG" width="800">

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-orLb ... 020074.JPG">
nach 2h Schlaf in Brest habe ich mein Motivationstief überwunden. Knie dank guter Verarztung und Dehnübungen funktioniert wieder und auch der Hintern schmerzt mit der aktuellen Hose weniger, gut geschmiert. Eben habe ich jemanden gesehen, der 2 Hosen mit Polster übereinander trägt. Rumpelasphalt.... Der Vorteil bei der Streckenführung (hin und zurück fast gleich): Man bekommt jede Landschaft auch mal bei Tageslicht zu sehen, so auch den höchsten Punkt der Tour bei 352hm. Name des Berges bei Huelgoat fällt mir grad nicht ein, irgendwas mit Roc...).
Anmerkung: Es war der Roc'h Trevezel

Dienstag, 18.08. 20:50 in Loudeac

Nach ca. 780km wieder in Loudeac am Kontrollpunkt. Lange Schlange in der Kantine.
Und ich habe HUNGER! Zu Anfang dieser Etappe hatte sich wieder ganz massiv mein Knie beschwert. Ich habe dann ganz konsequent mit kleinen Gängen, hoher Trittfrequenz und ganz wenig Druck auf den Pedalen gefahren. Wiegetritt habe ich auch vermieden, so wie es die extrem hügelige Landschaft zulässt. Am Berg war ich damit nicht sehr schnell, aber zum Mitschwimmen mit dem Zeitfenster und den meisten meiner Leistungsklasse reicht es. Für diese Tour gibts keinen Schönheitspreis. Ich will nur irgendwie zurück nach Paris.


Mittwoch, 19.08. 3:10 Uhr in Quedilliac

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-a4hn ... 020081.JPG" width="800">

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-XIxz ... C_0042.JPG" width="800">
Schlaflager in Quedilliac. Ab hier sinds weniger als 400km bis Paris. Ich hab eben schon in der letzten Ortschaft vor einer Sparkasse im Schlafsack ausgeruht. Ich wärme mich hier jetzt mit einer Suppe etwas auf und dann gehts zur Kontrolle nach Tinteniac(ca. 25km von hier)

Mittwoch, 19.08. 5:10 Uhr in Tinteniac

Kontrolle in Tinteniac erreicht. Diesmal kein Foto, weil 1. Draussen ist es dunkel und 2. sich die Bilder an der Kontrolle gleichen: hier siehts aus wie nach einer Schlacht. In jeder Ecke liegt jemand oder schläft sitzend oder stiert Löcher in die Luft. So langsam gehts echt an die Substanz. Ich werde nach der obligatorischen Portion Nudeln auch erst mal etwas schlafen. Ich habe gute 3h Reserve auf das Zeitlimit. Das kann ich am Tage wieder etwas ausbauen.

Mittwoch, 19.08. 11:05 Uhr in Fougeres

<IMG src="http://le-rocher.eu/images/fougeres.jpg" width="800">
nach 920km im Etappenort Fougeres angekommen. Wenn mal mehr Zeit ist, muss ich mir unbedingt mit Stephanie mal die Altstadt mit ihrer mächtigen Burg im Zentrum anschauen. Derzeit habe ich nur 1h Reserve aufs Zeitlimit. Für die letzten 300km nicht viel Zeit...

Mittwoch, 19.08. 17:40 Uhr in Villaines-la-Juhel

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-T6Rs ... C_0052.JPG" width="800">
Angekommen in Villaines-la-Juhel. 1010km. Der Empfang wie ein Volksfest, entschädigt für die letzte Etappe, die zum Schluss supergemein war. Eine Steile Rampe 200 Höhenmeter mit dem schlechtesten Straßenbelag, den wir bisher hatten und einem unnötigen Umweg von mehr als 10km in einer öden Landschaft. Aber im Ziel war der Teufel los und bei mehr als einem Teilnehmer habe ich Tränen gesehen. Diese Etappe hatte aber auch nette Momente und Aussichten.

Mittwoch, 19.08. 22:50 Uhr in Montagne-au-Perche

Kontrolle Montagne-au-Perche erreicht. So eine sch*** Idee, Städte auf Berge zu bauen. Hatte schon ganz vergessen, wie sehr es hier rauf und runter geht. Und immer über steile Rampen. Ein paar ältere Herren machen im Bereich der Essensausgabe schon einen etwas desorientierten Eindruck: mangelnder Schlaf, Dehydration und Unterversorgung mit Kohlenhydraten wirken sich langsam akut aus. Das kann nachher draussen ja noch lustig werden. Jetzt noch 2 Etappen: erst nach Dreux über 77km und dann zum Start/Ziel in St. Quentin-en-Eleven über 64km. Dort schließt für mich Morgen um 11:45 die Kontrolle. Wird knapp...

Donnerstag, 20.08. 5:35 Uhr in Dreux

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-_MPl ... 061304.jpg" width="800">
angekommen in Dreux in der letzten Kontrolle vor dem Ziel. Selber hab ich mit meinem obligatorischen "Sitzproblem" vor einigen Kilometern dann doch noch meinen persönlichen Tiefpunkt erlebt, aber hoffentlich provisorisch für die noch ausstehenden 64 km eingedämmt. Unterwegs kein Kilometer, wo nicht Räder mit eingeschaltetem Licht im Graben liegen und die Fahrer schlafend daneben. Ich hab unterwegs noch mal an einem privaten gratis Kaffeeausschank auf einer bereitgestellten Liege 20min geschlafen. Alles Rennradverrückte hier, die, wenn sie schon nicht selber mitfahren, so einen wichtigen bereichernden Teil zum Ganzen leisten.

Donnerstag, 20.08. nachmittags in St. Qentin-en-Yvelines

<IMG src="https://lh3.googleusercontent.com/-W4mr ... 020094.JPG" width="800">
sehr spät die Info: ich bin im Ziel heute Mittag gut angekommen innerhalb des Zeitlimits von 90 Stunden. Es müssen in etwa 88 h gewesen sein. Habe selber im Internet auf der Tracking-Seite noch nicht nachgesehen. Nachdem ich heute Nacht vor Dreux entschieden hatte, alle Widerstände zu überwinden und zeitgerecht die letzten 64 km irgendwie ins Ziel zu kommen, fing es heute Morgen beim Aufbruch prompt an zu plästern. Stimmt, irgendetwas hatte auf der Tour bis jetzt gefehlt: Regen. Er wurde zwar schnell weniger, aber es blieb über die 3,5 h sehr feucht. Passend zum Endspurt auf den letzten 10 km wurde der Regen dann so stark, dass im Ziel nur wenige Zuschauer waren, zumeist Angehörige der Teilnehmer. So richtige Feierstimmung kam nicht auf, weil alle Starter komplett durchnässt waren und sehr schnell froren und nur noch ins Trockene wollten. Das galt auch für mich. Schnell ein paar zusammengeraffte Klamotten übergeworfen, Fahrrad im Auto verstaut und mit Riesenhunger eine Pizzeria besucht. Als wir dann wieder auf unserem Campingplatz eingetroffen waren, bin ich sofort in Tiefschlaf gefallen. Für ein Fazit ist es noch zu früh und viele Eindrücke noch nicht verarbeitet. An dieser Stelle aber einen Riesendank an Stephanie für die vielfältige Hilfe und Unterstützung und ihre Geduld bei diesem zeitaufwendigen Hobby. Meinen riesengroßen Dank auch an die Familie im Hintergrund, die Stephanie und mir für dieses Abenteuer den Rücken freigehalten haben.
Das Leben beginnt dort, wo es aufhört, bequem zu sein.
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Beitragvon Helmut » 28.08.2015, 00:32

Habe heute auf FB bei Nordlicht Randonneure gelesen, dass Hanno (zusammen mit Claus Ausrichter der ARA Brevets in Hamburg) bei PBP wiederbelebt werden musste und nun im künstlichen Koma liegt. Er war wohl einfach tot vom Rad gefallen. Ein mitfahrender Arzt holte ihn ins Leben zurück.

Weiß vielleicht jemand genaueres?

Lasst uns alle unsere Daumen für Hanno drücken, auf dass er wieder gesund wird!

Hier der zweiteilige Bericht, wie es randonneurdidier ergangen ist.

https://randonneurdidier.wordpress.com/ ... is-teil-1/
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Beitragvon dirksen1 » 28.08.2015, 13:45

Paris - Brest - Paris 2015, eine Nachlese…

Jetzt war es endlich soweit, PBP! Hui…welch riesige Buchstabenkombination für jeden ambitionierten Freizeitradler. Weit weg vom Möglichen, vom Greifbaren, vom Fassbaren. Auch vom Machbaren? Nein, mitnichten. Alles eine Frage der Einstellung, des Trainings und vor allem der Bereitschaft, sehr viel Zeit und Geld in diesen unseren so geliebten Sport zu investieren. Habe ich getan, viel Zeit und viel Geld investiert. Hat es sich gelohnt/ausgezahlt? Lest selbst.

TomMas, guter Radkumpel und Freund war mein Begleiter seit vielen Brevets, die als Vorbereitung auf dieses Abenteuer gefahren werden wollten und in 2015 auch mussten. Wir waren einer Meinung, das Ding wird 2015 gerockt, Punkt.

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Bier, links und rechts zwei Radfahrer

Also Reiseplanung, Hotelbuchung, blablabla…alles easy. Am frühen Morgen des 14. Augusts saßen wir im Auto Richtung Paris. Staufrei hin, einchecken, orientieren, kurz das Veranstaltungsgelände sichten, essen, Leffe, schlafen.

Am Samstag wurde es dann langsam ernst, Radcheck. Der Veranstalter prüft die Funktionalität von Licht, Bremse und Lenkung. Ja, genau. Lenkung. Spiel im Steuerlager kann dich die Tour kosten. Check bestanden, Klebi drauf und ab zur Station zwei des Marathons vor dem Radmarathons.

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Bestanden, wie damals in der Schule

Startunterlagen. In einer Plastiktüte befindet sich ne Startnummer, Klebenummern für den Fotoservice, Reklamezettel und nichts. Ok, nehme ich. Station drei, die vorab bestellten Klamotten, ein Trikot für Andre, passt so gerade, ein bisschen zu groß, aber geht. Die Weste? Riesig. Riesengroß, Umtausch wird verweigert. Kann ich jetzt als Rettungsweste ins Auto legen, passt auch über nen Wintermantel mit Rollkragenpulli und Blaumann drunter. Oder als Badelaken, oder so… Schade. Station vier. Pizzeria in Trappes, teuer, aber lecker, das Bier auch (beides). Früh schlafen gehen.

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Alles voller Räder

Sonntag dann mit Alles und Scharf. Möglichst spät frühstücken, auschecken, den Indern beim Zusammenbau der ElliptiGO-Räder zuschauen (die wollen mit den Dingern auf die Strecke?) und weitestgehend entspannen, jeder auf seine Art. Am frühen Nachmittag zum Velodrome, das unleckere und völlig am Bedarf vorbei portionierte Essen runterdrücken, viel Trinken und in die Schlange derer einreihen, die auch die 1.230 km in Angriff nehmen wollen und werden. Ein Riesengewusel, wo muss ich hin, wo soll ich lang, wer bin ich und wenn ja, warum?

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Wollte ich das wirklich? Ja!

Zack. Beim Einklicken links aus der Pedale gerutscht, mein Steiß knallt mit vollem Kampfgewicht plus Rucksack auf die Sattelnase, dieser neigt sich in Demut um 45 Grad nach unten. Super. Klasse. Toll. Sattel mit Kraft wieder geraderücken, ein Zuschauer reicht mit nen Inbus, aus dem Gedächtnis stelle ich die Neigung so ein, wie ich sie in den 10.000 km des Jahres bisher als ideal gefunden hatte. Fühlt sich anders an, egal. In 5 Minuten geht’s los. Komisches Gefühl im Magen…Startschuss, ab geht’s!

Und wie es abging. Wer sagte, man soll sich zu Beginn nicht hinreißen lassen, mit der schnellen Welle mitzubratzen, hat bei mir taube Ohren (nicht) erreicht. Natürlich hing ich mich rein, natürlich tat ich das, was ich am besten kann, nämlich relativ schnell flach vorn fahren und so vergingen die ersten 140 km bis zur Kontrolle (die keine war, sondern nur ne Futterstation) wie bei ner RTF, nur auf schlechterem Asphalt. Was Frankreich da seinen Gästen als Straße verkauft, grenzt an Beleidigung. Man nehme einen Eimer grobkörnigen Gemisches aus Wasser, Zement und Steinchen, schmeiße dieses auf die Straße, warte drei Tage, bis alles fest ist und nennt es dann „Straße“. Mein armes Radel, meine armen Handgelenke. Weiter geht’s.

Bild
Normal

Die nächsten km dann bereits überwiegend allein oder besser: noch „alleiner“ als vorab schon. Entweder waren mir Gruppen zu langsam, zu schnell oder schlicht zu „viel Mensch“. War ja erst 10 Tage vor PBP durch „Mensch“ in einer fremden Gruppe übelst auf den Asphalt geschleudert worden. Das musste ja nicht wiederholt werden.

In Villaines-la-Juhel gab es nach ca. 220 km den ersten Stempel ins Carnet de Route. Stolz wie Bolle kurz ein Croissant und Kaffee (aus ner Suppenschüssel) eingefahren, weiter geht’s. Ich wollte die Nacht durchfahren, insgesamt wollte ich die erste Hälfte des Rittes „am Stück“ hinter mich bringen, also hopp hopp…weiter.

Mit einem Amerikaner im Schlepptau ballerte ich voller Spaß-Adrenalin Richtung Westen. Als nächstes stoppte ich in Fougéres, dort waren knapp über 300 km erledigt, kurze Pause, die Nacht war fast rum, ich wollte mit aufgehender Sonne weiterfahren.

FEHLER EINS!!!!

Der mühsame Versuch, 40 min zu dösen, verfiel in eine nervige Packorgie auf hartem Boden, lautem und unruhigem Rumgewälze und relativ unproduktivem „Runterfahren“ des Systems „Andre“. Ergebnis: müde, frierend, mit Kaffee und (wer errät es?) Croissants pumpte ich mich aufs Rad und fuhr los. Brest wollte ich erreichen, waren ja nur knapp 300 für einen ganzen Tag. Geht also.

Abwechselnd auf schlaglochübersäten oder sonstwie rauen Straßen kurbelte ich mich also durch die Bretagne. Eine Landschaft, die es an Langeweile wohl noch am ehesten mit einem Tennisspiel im Fernsehen aufnehmen kann. Landschaft links, Landschaft rechts, dazwischen ein endlos gerades Straßenband. Einzige Abwechslung waren die Einheimischen, die mit „allez allez“, „bon courage“- sowie anderen eher unverständlichen Rufen die vorbeiziehenden Radler anfeuerten. Ob sie dies aus Mitleid oder Begeisterung taten, wage ich mal in die Waagschale zu werfen. Tatsache ist, dass wir bunten MAMILs (Middle Aged Men In Lycra; http://www.dailymail.co.uk/femail/artic ... Lycra.html) teilweise wie Zirkustiere gewirkt haben müssen im grau-beigen Einerlei der teilweise verkommenen Ortschaften.

Nicht alle, nicht falsch verstehen. Manche Orte haben sich liebevoll herausgeputzt. Die Tour de France kam drei Wochen zuvor hier durch, mitten durch Fougéres und drumrum. Da war wohl noch einiges An Deko stehen geblieben. Gut so. Eine farbenfrohe Abwechslung.

Ach so, radeln, treten, stimmt. Weiter, immer weiter. Brest erreichte ich mit einsetzender Dunkelheit. Ein traumhaft schöner Anblick vom Roc’h Trévezel über die Bretagne ließ etwas Langeweile vergessen, die Fahrt über die Atlantik-Bucht bei Brest mit der Hängebrücke zur Rechten im Abend-Dunst war ein Anblick, den ich vor Schönheit nie vergessen werde. Ich nahm mir fest vor, am nächsten Morgen auf der Rückfahrt an genau dieser Stelle Fotos zu machen…leider ging die Rückfahrt auf einer anderen Strecke raus aus Brest, also keine Fotos von mir, sondern ein Bild aus einer der zahllosen Facebook-Galerien:

Bild

Brest war erreicht, ein mental wichtiges Zwischenziel für mich, das ganze unter 30 Stunden brutto. Passt. Schlafen war mein fester Wunsch und Wille. Was dann kam, war

FEHLER ZWEI

Die Massenunterkunft natürlich übervoll abends gegen 23:00 Uhr. Anstehen… lange… Beine werden dick, Körper wird müde, nicht gut. Die Software auf nem Notebook zur Zimmerbelegung, bedient von drei „lustigen Vereinsfrauen“, zickt und stöhnt und ächzt unter dem Andrang, das Schlimmste aber war, dass alle drei Damen ausschließlich französisch sprachen und auch nur französisch verstanden. Wie kann ein Organisator, der 60 Nationen zu Gast hat, ab derlei Schlüsselstellen die englische Sprache verweigern. Eine Melange aus „merde“, „shit“ und weiteren in der jeweiligen Landessprache der müden Radler ausgestoßenen Flüche ließ eine junge Frau auftauchen, der englischen Sprache mächtig, ich assimilierte mich mit ihr, versorgte noch ein paar weitere hilfesuchende Fahrer und ließ mich von ihr ins Bett bringen, 2 Bett-Zimmer ohne Balkon, aber mit Matratze. ;-)

Nach 2 Stunden Schlaf (mehr oder weniger) war die Nacht vorbei, aufstehen, nach Paris radeln. Klingt doch gut, oder? Frühstück, aufs Rad, frieren, 5 Grad, keine Atlantikbrücke, dafür zum zweiten Mal auf den Roc’h Trévezel, der uns abermals mit strahlendem Sonnenschein und grandiosen Ausblicken begrüßte. Fotopoint, ein Selfie über den Wolken oder besser: über den Nebelschwaden, in die ich nun auf der langen Abfahrt mit vor Kälte schlotternden Knien eintauchte. Sichtweite um die 20 Meter, allerbeste Voraussetzungen für Straßen voller Löcher…

Bild
Blick von der höchsten Erhebung der Bretagne und des PBP-Marathons

Die Etappen liefen gut, ich erhöhte meine Pausenfrequenz und stoppte nahezu an jedem von einheimischen dargebrachten Verpflegungen, meist Kaffee, Kuchen und Wasser. 300 km standen auf dem Tagesprogramm, mein Zeitplan voll im Plan. Ich begann das erste Mal vorsichtig von „unter 80“ zu spinnen.

Umweg über McDonalds. Man sollte ja auch abseits der Strecke die Schönheit und Faszination des Reiselandes in sich aufnehmen. Tat ich, 2 BigMäc, ein McBacon, Pommes und Cola „aufgenommen“. ;-)

Jawoll, 300 waren erledigt, Etappe 11 brachte mich nach Fougéres zurück, Schlafen war auch hier mein Wunsch und Wille.

FEHLER DREI!!!!

Wie schon in Brest Chaos bei der Zuteilung der Schlafplätze, erneut ausschließlich Landessprache, müde, Laune im Keller… Ein lila T-Shirt führt mich mit ner Taschenlampe in ein Zimmer mit ca. 30 Matratzen, auf denen ca. 20 Leute irgendwie schliefen, schnarchten, sich wälzten oder (wie ich natürlich) mittels Handy-Lampe versuchten, aus Rucksäcken oder anderen Taschen irgendwie die 7-Sachen zum Pennen rauszukramen. Das Orchester aus Klett- und Reißverschlüssen war eine sensationell laute Ergänzung zu den Atem- und Schnarchgeräuschen, die so vielfältig waren, wie die Herkunft der Radler, die wie ich etwas Ruhe suchten. Alle paar Minuten wiederholte sich die Szenerie, es wurden neue Fahrer hereingebracht, Klett- und Reißverschlüsse übertönten das Schnarchen, Lampen flackerten mit der grellen Neonbeleuchtung vom Flur um die Wette. Schlafen? Unmöglich.

Alles in den Schlafsack stopfen, raus aus dem Zimmer, das lila T-Shirt muss mich woanders unterbringen, Punkt. Tat er dann auch, ein 2-ett Zimmer, erneut ohne Balkon, dafür mit zweitem Fahrer, den ich zunächst für tot hielt, weil er so fest schlief, dass er sich von meinem Klett-Reißverschluss-Orchester nicht stören ließ und auch sonst keinerlei Regung zeigte. Ein Blick auf den Handy-Wecker, noch 1 Stunde bis zur geplanten Weiterfahrt. Das war ja mal ne effektiv genutzte 6-Stunden Pause. ;-) Na ja, egal. Noch 300 km, eine gute Etappe für einen Tag.

„Durchpausieren“ war nun meine Strategie. Die nachlassende Kraft durch Essen, Anhalten und Trinken ersetzen. Kann man ja mal machen. Machte ich auch. Also rollte ich durch die Gegend, deren Spannung sich bei mir immer noch nicht einstellen wollte. Aus irgendeinem Grund schaute ich bei etwa km 950 Mal auf mein Hinterrad. Eine schnelle Kurve irgendwann in der letzten halben Stunde fühlte sich „komisch“ an. Grmpf…Mist, Merde! Seitenschlag. Nicht gut. Wird er schlimmer? Noch sind es immerhin knapp noch fast 280 km. Fahrradläden gibt es an der Strecke nicht. Villaines-la-Juhel, du bist mein Freund. Dort gab es laut Info einen Giant-Mechaniker-Service. Perfekt, das kommt bei km 1.008. Also tempo raus (wobei das Wort „Tempo“ mittlerweile eine andere Bedeutung genoss) und mit möglichst wenig Wiegetritt (toll, wenn einem der Arsch in der Hose brennt) und schlagloch-umkurvend trottete ich weiter. Seitenschlag blieb stabil, keine Verschlechterung. Doch durchfahren? Ne, ne, ich hatte dieses Jahr schon zwei mal Pech mit Laufrädern, ich wollte keinesfalls einen technischen Defekt auf den letzten Kilometern riskieren, also investierte ich die Wartezeit am Giant-Zelt und nutzte diese mit der Aufnahme einer Riesenportion Pasta-Bolognese mit Käse und Joghurts und (Na? Wer denkt es sich?) einigen Croissants, Kaffee, Kakao und was noch so rein ging ins Lycra-Leibchen mit Merino-Anteil.

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„Frisch“ nach 1000 km

Irgendwann dann war das Radel fertig, super Arbeit, Laufrad gerade, kurzer Plausch, 10 Euro ins Mechaniker-Säckchen, voller guter Gefühle ging es auf die letzten 200-knips-km. Erneut im Pause-Fahren Modus, d. h. 60 % Pause, 40 % Fahren, ich war echt platt. Es lief, lief und ich kam Paris näher. Nach langen 77 Stunden rollte ich fast unbemerkt auf das Gelände des Velodroms, kein Zielfoto, kein Stadionsprecher nahm Notiz. Einzig die wahrscheinlichen Angehörigen weiterer in Kürze zu erwartender Radhelden klatschten mir wie einem dressierten Hündchen zu.

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Ich hatte es geschafft, war im Ziel…fini…

Im Innenraum dann Stempelheftchen abgeben, Bier trinken, Putenbrust in bizarrer Soße essen, dazu Nudeln aus der Vakuumverpackung, unser Hotel hatten wir für einen 90-Stunden Ritt gebucht, also führte mich TomMas, der bereits seit 2-3 Stunden im Ziel war, in das Massenzelt, nach gefühlten 10 Sekunden schlief ich ein…

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Lecker?

Im Regen dann am Folgevormittag ins Hotel geradelt, Mittagsschläfchen, abends Pizza, nachdem wir die langweilige Präsentation der „Sieger“ erleben durften. Sind nicht alle Sieger, die sich dieser Herausforderung stellen? Ich finde ja.

Was bleibt?

Eindrücke…

Aktuell noch ein leichtes Taubheitsgefühl in dem linken Kleinen- und Ringfinger als Ergebnis der langen Abquetschung von Nervenbahnen am Lenker. Wird mit Vitamin-B-Komplex behandelt, ein Facebook-Fred sagt mir, dass ich nicht allein bin mit derlei Nachwehen (http://www.hughston.com/hha/a_15_3_2.htm). Stand heute: Beschwerden sind weg.

Die vielen Radler, die sich kaum auf ihren Rädern halten konnten, teilweise in sich zusammensackten und dabei fast mit dem Gesicht auf den Vorbau knallten und trotzdem weiterradelten. Warum, Leute, warum? Macht Pause!

Die Tatsache, dass mein Radel ohne Defekt durchgehalten hat, nimmt man mal den leichten Seitenschlag beiseite.

TomMas, der mich mit seiner untrübbaren Begeisterung für das Event angesteckt hat. Danke, dass wir das gemeinsam angegangen sind.

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Der Fahrer, der nur noch mit dem rechten Oberschenkel auf dem Sattel hing, weil er anders offensichtlich nicht mehr „sitzen“ konnte.

Die ungezählten Fahrer, die am Straßenrand schliefen. So hätte ich das auch machen sollen.

Die Nachrichten und Mails, die mich unterwegs von daheim erreichten. Lese- und Guck-Stoff für müde Augen, wodurch diese sich wieder ein wenig weiter öffneten. Dafür danke ich euch sehr. Ihr könnt euch wahrscheinlich nur schwer vorstellen, wie sehr diese Messages mir geholfen haben.

Die Unterschiede im Gruppenverhalten der Nationalitäten. Die Franzosen lassen dich hinten an ne Gruppe ranrollen, von der sie selbst grad profitieren, haben aber fortan nix anderes im Sinn, als dir das Leben im Windschatten schwer zu machen. Da wird mal aufgehört zu treten, mal wird abrupt die Straßenseite gewechselt oder auch einfach auf die Gegenfahrbahn gezogen, gebremst und sich hinter dich gesetzt.

Die (von mit politisch unkorrekt) Russen treten alles mit Kraft, zeigen sich aber als faire Sportsleute, die dich mitnehmen, aber halt nicht unbedingt warten. So ist das richtig.

Die Japaner sind sehr sympathisch. Sie reden nicht, schauen auf ihr Vorderrad und scheren sich nicht darum, ob du mal eben ein paar Minuten hinter ihnen durchschnaufen musst, um dann selbst in die Führung zu gehen.

Die Amerikaner? Sportlich, laut, fair, gute Mitfahrer.

Ein Australier? Sehr netter Begleiter. Auf meinen Hinweis, er soll ruhig fahren, wenn ich abreißen lassen muss, antwortete er mit Unverständnis „Why? we are all in the same race and need support sometimes“. Dass ich ausgerechnet ihn an einer späteren Kontrolle traf und er aufgeben musste, tat mir sehr leid.

Die Deutschen? Hmm…lieber ohne Kommentar, ich habe zu unterschiedliche Erlebnisse gehabt mit meinen Landsleuten. Schade TomMas, dass deine Gruppe nicht mitzog. Insgesamt bin ich allerdings ja eh lieber allein gefahren, aber ein paar Abschnitte war es ganz nett, Leute um mich herum zu haben.

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Fahrerfeld

Ein Erlebnis beim Frühstück in Fougéres möchte ich noch loswerden, weil es mich echt irritiert hat, nämlich das emotionslose und öffentliche Rumreichen von Aspirin, Ibuprofen und weiteren Pharma-Erzeugnissen, die wie Vitaminpillen die Runde machten. Ergänze ich dieses Erlebnis mit dem Fred bei Facebook, in dem offen über die Menge eingeworfener Schmerzmittel diskutiert wird (einer der Protagonisten spricht von 1.000 mg Ibu alle 2 Stunden!), steigert sich mein Stolz, auf all dies verzichtet zu haben und diese Grenze in meiner kleinen, sportlichen Welt nicht überschritten zu haben, sondern Paris-Brest-Paris mit ausschließlich meinem Fahrrad und dem „System“ Andre gemeistert zu haben. Und darauf bin ich stolz, sehr sogar.

Ob ich das nochmal machen würde, werde ich seitdem oft gefragt. Nein, würde ich nicht. Es gibt noch so viel Schönes auf dem Rad zu entdecken und zu erfahren, dass ich mir dieses Abenteuer als einmalig in meine Palmarés schreiben möchte. Punkt. Als Edelhelfer, ja, das könnte ich mir vorstellen. Aber das ist Fantasie.

Danke für unvergleichliche Momente auf dem Rad mit unvergleichlichen Menschen auf vielen langen Strecken in den letzten 2-3 Jahren. Ich werde nun andere radsportliche Dinge suchen und finden, die mir das Radeln wieder als das zurückgeben, was es ist: der schönste Sport der Welt. Dafür braucht es keine 1.000 km auf eintönigen Landstraßen. Wer das mal nachfahren möchte, weil er keine 4 Jahre warten will bis zur nächsten Austragung, klickt weiter unten. ;-)

Die Heimfahrt war geprägt von gefühlten 20 Umrundungen des Kreisels um den Arc de Triomphe, nachdem wir die berühmtesten 2 km Pflastersteine der Radsportwelt eher durch einen Zufall mit dem Auto befuhren, nachdem wir den Eiffelturm aus dem Auto heraus besichtigt haben. Nachdem wir den Drehwurm los waren, ging es auf eine staufreie Rückfahrt mit Zwischenstopps bei Raststätten und McDonalds, der schönste Moment wurde mir daheim bereitet.

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„Bienvenue Grand Randonneur“ stand da in großen Lettern auf nem Schriftband unterm Stevens-Banner, ein selbst-lackierter Eiffelturm glitzerte mit dem Sekt um die Wette. Ich war daheim, dem schönsten Ort der Welt!

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Mein Pokal ;-)

Bilder muss ich noch „zensieren“, einen Link zum Album gibt es dann bald hier. Zum Nachfahren: https://www.strava.com/activities/377294636
Zuletzt geändert von dirksen1 am 29.08.2015, 14:36, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Manfred » 28.08.2015, 15:30

Ein schöner und ehrlicher Bericht von PBP. Gratulation. 🗼
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Der Film zur Tortour!

Beitragvon alexneu » 29.08.2015, 08:45

Viele Grüße aus Düsseldorf! :)

http://www.youtube.com/watch?v=h_AqSPJ1uYU
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10 Minuten!

Beitragvon Heimfelder Dirk » 29.08.2015, 13:58

Unser Thomas ist 10 Minuten vor dem Zeitlimit über die Ziellinie gerauscht! Ich verneige sich vor der Leistung und dem Durchhaltevermögen meines Sportskameraden :Hutab: und natürlich auch vor allen anderen die sich getraut haben. :Kopfüberklatschen:

Seine Eindrücke und warum es derartig knapp wurde, könnt ihr hier nachlesen. ;-)

http://www.rv-altona.de/parisbrestparis ... l-genutzt/
:gruss:
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Beitragvon dirksen1 » 29.08.2015, 14:34

Thomas vom RV Altona hat geschrieben:aber: das reglement hat durch das zulassen von privaten supportern mit ihren begleitfahrzeugen in den kontrollorten einen zwei-klassen-brevet geschaffen, der dadurch in meinen augen nicht mehr so viel mit dem ursprünglichen gedanken eines brevets zu tun hat, nämlich allein aus eigener kraft und vermögen eine anspruchsvolle strecke in vorgegebener zeit zu bewältigen. oder eben nicht.

von den 90 stunden bin ich 57 gefahren, habe max. 5 stunden geschlafen, die restlichen 28 vergingen mit kurzen pausen, essen, teils langen wegen in den kontrollen, dem anstehen bei kontrollen, duschen etc. wenn einem davon einiges abgenommen wird von persönlichen helfern, so ist dass ungemein vorteilhaft, mal abgesehen von der aussicht auf frische sportkleidung, ein lieblinggsessen….. mentale betreuung nicht zu vergessen. genug lamentiert.
Genau so, 100 % Zustimmung und Chapeau vor deiner Leistung und deinem Willen unterwegs, es zu Ende zu bringen.
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Der NDR hat gefilmt und in zwei Wochen wird gesendet:

Beitragvon tailwind » 29.08.2015, 21:13

So, 13. Sep · 23:35-00:05 · NDR Hamburg
Sportclub Story - 4 Sonnenaufgänge bis Paris
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 01.09.2015, 16:37

Eben erst nach meiner Tour mit dem Trekkingrad durch die Vogesen und Elsass zu Hause wieder eingetroffen, habe ich natürlich auf HFS nachgeschaut, wie denn die Eindrücke von P-B-P niedergeschrieben wurden. Die Berichte von Cris und Dirksen1 zeigen, wie vielfältig man das Erlebnis P-B-P wiedergeben kann.

Zuerst möchte ich aber noch auf die tragische Situation um Hanno eingehen. Wir alle, die Hanno über Jahre als Freund und Randonneurskollegen kennengelernt und seine ruhige und immer freundliche Art schätzen gelernt haben, sind tief traurig und besorgt. Ich erfuhr es kurz nach meiner Zieldurchfahrt. Beim 200er in Hamburg führten wir ein Gespräch über die Risiken des Langdistanzfahrens. Es endete mit dem Satz von Hanno: "Ja Hans-Hermann, dass was wir da machen, ist nicht immer gesund." Wie recht er damit hatte und es so schnell traurige Wirklichkeit wurde.

Ich wünsche Hanno vom ganzem Herzen, möge er bald wieder in ein normales, gesundes Leben im Kreise seiner Familie zurückkehren und sich in seinem kleinen Domizil an der Nordsee erholen.

Ich möchte es noch einmal in unser aller Bewußtsein bringen. Die Belastungen, besonders bei einem Superbrevet, sind extrem und unkalkulierbar. Ich möchte hier keine Gerüchte in die Welt setzen, aber es hat wohl auch einen Todesfall eines Randonneurs gegeben. Und auch durch Stürze Verletzte, auch Schwerverletzte. Das Risiko fährt immer mit. Auch ich bin einmal während der Fahrt (Übermüdung, Unkonzentriert?) in den Graben gefahren. Glück gehabt, weich gelandet. Ich will hier nichts beschönigen. Kurz vor Fougères, auf der Rückfahrt sah ich plötzlich doppelt. Vier Fahrer vor mir, plötzlich waren es acht. Ein Auge zugekniffen, es waren wieder vier. Immer abwechselnd. Mit Mühe erreichte ich die Kontrollstelle. Es wurde dringend Schlaf benötigt. Mir reichten dann 1,5 Stunden und ich konnte bis Paris durchfahren.

Ich habe auch mit vielen Randonneurskollegen gesprochen. Die meisten fanden P-B-P noch nie so fordernd und hart. Die Gründe konnte keiner so recht erklären.

Ich bin auch der Meinung, einmal die Serie fahren im P-B-P-Jahr reicht nicht für die Qualifikation. Man sollte innerhalb von 4 Jahren davor schon einen 1000er gefahren sein. Der Sprung vom 600er zu einem Superbrevet ist einfach eine andere Welt. 30-35 Stunden und mindestens 1-2 Nächte mehr.

Hallo Andrè: Ich möchte zu deinem Bericht einige Anmerkungen machen dürfen. Es ist deine Sicht der Erlebnisse bei P-B-P, die ich voll akzeptiere, aber mehrheitlich nicht nachvollziehen kann. Vielleicht war auch deine Erwartungshaltung zu groß. Du hast es ausprobiert, dich der Herausforderung gestellt und damit meinen Respekt. Wenn du jetzt neue Ziele auf dem Rad suchst. Ich wünsche dir viel Glück und Erfüllung dabei.

Vier Dinge möchte ich aber etwas kritisieren und so nicht stehen lassen wollen.

1.) Ich war begeistert von der Organisation, von den immer hilfsbereiten und freundlichen Helfern. Begeistert von den Menschen an der Strecke die Tag und Nacht uns anfeuerten und versorgten. Für mich gehört es auch dazu, zwischen schnarchenden, grunzenden und manchmal nicht nach Deodorant riechenden Mitfahrern zu schlafen. Ohrenstöpsel rein und sicher einstimmen in das Konzert. Zu Hause bin ich dann aber wieder zu ertragen und gesittet.

2.) Nun wird auf FB oder sonstwo ja allerhand Schwachsinn verzapft. Aber 1.000 mg Ibu alle 2 Stunden? Nehmen wir mal an, er hat 70 Stunden gebraucht. Das sind 35 x Ibu à 1.000 mg während der Fahrt. Das gehört wohl in den Bereich der Fabel. Ein befreundeter Arzt, den ich damit konfrontierte, kommentierte sarkastisch. "War es eine schöne Beerdigung". Auch habe ich in den ganzen Jahren nicht erlebt, dass in dem Maße Medikamente herumgereicht wurden. Jeder der schneller ist, ist gedopt!!!!???? Die Szene in die Nähe einer fahrenden Apotheke zu rücken, finde ich nicht fair.

3.) In Frankreich gibt es die Aktion "Ville de Fleur". Städte zeigen sich im Blumenschmuck und werden dafür ausgezeichnet. Insofern war ich begeistert bei der Durchfahrt, wie sich viele Orte rausgeputzt hatten. Wir sind durch die Normandie und Bretagne gefahren. Da sehen die Ortschaften anders aus. Der Baustiel und die Verputzung anders. Eben keine deutschen, sterilen Reihenhäuser.

Die Straßen in Frankreich haben einen etwas rauhen Belag, zugegeben. Ich bin schon des öfteren in Frankreich Brevets gefahren. Abgefräst, Teer darauf und Kiesel drüber. Alles damfte noch. Mag zwar unmöglich klingen, es gibt gegenüber der Strecke von P-B-P noch höllische Steigerungen. Aber ich kann dir auch jederzeit in Deutschland mit Schlaglöchern verzierte oder ähnlich geflickte Straßen präsentieren.

4.) Die Mitfahrer: Man kann das Verhalten der Fahrer mit unterschiedlichen Nationalitäten kritisch betrachten. Ich habe sehr oft ein Schmunzeln auf den Lippen beim Betrachten ihrer Fahrweise. Italiener hast du vergessen. Geräts du in den Bienenschwarm der blauen Azzurris, kannst du nur zum Pieseln anhalten oder du tritts in die Pedalen und tritts die Flucht an. Bringt aber meistens nicht viel. Nach Rennfahrerart schicken die meistens sofort zwei Fahrer hinterher, um die Flucht zu stoppen. Ich reiche den hechelnden Typen oft meine Trinkflasche mit einem verbalen Madonna.

Witziger, manchmal auch gefährliche Situationen schaffend sind die Chinesen und Asiaten. Bin nicht genau informiert, ob die Linksverkehr haben. Jedenfalls fahren sie immer weit links in der Straßenmitte oder schießen beim Überholen einfach rechts vorbei. Aber nach einem Zusammenschiß machen sie dann tiefe Diener über den Lenker. Sind ja freundliche Menschen, aber das Verhalten ist dann auch wieder gefährlich, weil sie zusätzlich noch ihren halben Hausstand am Rad haben.

Also André,vielleicht kannst du nach etwas Abstand doch sagen: Gut, dass ich P-B-P gefahren bin. Es war ein tolles Erlebnis.
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Beitragvon tailwind » 01.09.2015, 17:05

Angelboot hat geschrieben:Witziger, manchmal auch gefährliche Situationen schaffend sind die Chinesen und Asiaten. Bin nicht genau informiert ob die Linksverkehr haben. Jedenfalls fahren sie immer weit links in der Straßenmitte, oder schießen beim Überholen einfach rechts vorbei.
Dass die Japaner in der Strassenmitte fahren, ist mir auch mehrfach aufgefallen. :-) Der Grund ist wahrscheinlich der, dass in Japan Linksverkehr herrscht.
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Beitragvon Halbrenner » 01.09.2015, 17:18

Für mich war PBP eine grandiose, intensive Erfahrung. Ich fühlte mich aber durch die ARA Hamburg-Brevets in den letzten Jahren auch sehr gut (insbesondere mental) vorbereitet. Die Nachricht über Hanno hat mich umso mehr geschockt; hoffe sehr, dass er bald wieder auf die Beine kommt.

Meine Sicht und meine Erfahrungen lassen sich nachlesen unter:

http://altonaer-bicycle-club.de/sport/i ... 8109808487
Altonaer Bicycle-Club von 1869/80.
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Beitragvon Blueberry » 01.09.2015, 18:23

Ob mit eher positiven oder eher negativen "Nachwirkungen " und Eindrücken - Jungs: Ihr seid die Größten.

Kompliment an alle, die die Kraft und Leidensfähigkeit haben, so etwas zu schaffen.
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Beitragvon Angelboot » 01.09.2015, 18:28

Hallo Lars,

deinen Bericht eben gelesen. Alle Erinnerungen kamen wieder an diese großartige Fahrt. Ich habe im Ziel und am nächsten Tag bei der Zieldurchfahrt einige andere Teilnehmer gesehen, die ihren Emotionen freien Lauf ließen. Nun kamen mir ein paar Tränen. :Wein:
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Beitragvon Fülle » 01.09.2015, 21:15

Blueberry hat geschrieben:Ob mit eher positiven oder eher negativen "Nachwirkungen " und Eindrücken - Jungs: Ihr seid die Größten.

Kompliment an alle, die die Kraft und Leidensfähigkeit haben, so etwas zu schaffen.
Hier kann ich mich nur anschliessen, meinen größten Respekt an alle. Eure Berichte lese ich wirklich gerne.
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Beitragvon dirksen1 » 03.09.2015, 08:21

Angelboot hat geschrieben:... Hallo Andrè:...Du hast es ausprobiert, dich der Herausforderung gestellt und damit meinen Respekt. Wenn du jetzt neue Ziele auf dem Rad suchst. Ich wünsche dir viel Glück und Erfüllung dabei.
Dankeschön ;)
Angelboot hat geschrieben:Vier Dinge möchte ich aber etwas kritisieren und so nicht stehen lassen wollen.
1.) Ich war begeistert von der Organisation, von den immer hilfsbereiten und freundlichen Helfern. Begeistert von den Menschen an der Strecke die Tag und Nacht uns anfeuerten und versorgten. Für mich gehört es auch dazu, zwischen schnarchenden, grunzenden und manchmal nicht nach Deodorant riechenden Mitfahrern zu schlafen. Ohrenstöpsel rein und sicher einstimmen in das Konzert. Zu Hause bin ich dann aber wieder zu ertragen und gesittet.
Stimmt, genau das waren sie, das gab es und das habe ich in keinem Wort in Abrede gestellt. Auch nicht die 150%ig perfekte Ausschilderung, die zwar langwierigen, aber top durchorganisierten Abläufe an den Kontrollen oder auch die Freundlichkeit der HelferInnen.

All das kann dennoch nicht darüber wegtäuschen, dass gefühlte 200 müde, schlafsuchende Radler in einem Treppenhaus von 3 ausschl. Französisch sprechenden und hörenden Damen nicht versorgt werden können. Diese Kritik muss sich ein Monument schon mal anhören können.

PS: Nicht jedem ist es vergönnt, auf Kommando schlafen zu können, manche brauchen eine kurze Zeit, um "runterzukommen". Das nächste Mal gibt es ne Pension in Brest und in Fougéres, dann werden die 70 Stunden geknackt. ;-)
Angelboot hat geschrieben:2.) Nun wird auf FB oder sonstwo ja allerhand Schwachsinn verzapft. Aber 1.000 mg Ibu alle 2 Stunden? Nehmen wir mal an, er hat 70 Stunden gebraucht. Das sind 35 x Ibu à 1.000 mg während der Fahrt. Das gehört wohl in den Bereich der Fabel. Ein befreundeter Arzt, den ich damit konfrontierte, kommentierte sarkastisch. "War es eine schöne Beerdigung". Auch habe ich in den ganzen Jahren nicht erlebt, dass in dem Maße Medikamente herumgereicht wurden. Jeder der schneller ist, ist gedopt!!!!???? Die Szene in die Nähe einer fahrenden Apotheke zu rücken, finde ich nicht fair.
So ähnlich kommentierte es meine Freundin auch. Tatsache ist aber nun mal, dass es diese "Randgruppen" gibt, dass ich es gesehen habe und dass auf FB darüber offen diskutiert wurde. Ich verurteile niemanden dafür, habe ich auch nicht und vor allem habe ich keine Szene als rollende Apotheke darstellen wollen und auch nicht getan. Es ist deren Sache, was sie mit ihrer Gesundheit anstellen, ich habe es nur kommentiert.
Angelboot hat geschrieben:3.) In Frankreich gibt es die Aktion "Ville de Fleur". Städte zeigen sich im Blumenschmuck und werden dafür ausgezeichnet. Insofern war ich begeistert bei der Durchfahrt, wie sich viele Orte rausgeputzt hatten. Wir sind durch die Normandie und Bretagne gefahren. Da sehen die Ortschaften anders aus. Der Baustiel und die Verputzung anders. Eben keine deutschen, sterilen Reihenhäuser.
Als Bewohner eines uralten Bauernhauses habe ich meine eigene Meinung zu Reihenhäusern made of tickytacky, aber die gehört hier nicht hin... Fakt ist, dass die Häuser dort halt "heruntergekommen" aussehen. Die geschmückten Dörfer waren schön, die Bewohner haben teils tolle Dekos gefertigt. Aber das hat halt (mich) nicht über die grundsätzliche Langeweile hinweggebracht. Jeder erlebt es anders und eine Erwartungshaltung hatte ich nicht. Überhaupt keine. Ich zitiere da eine liebe Forumsbekannte: "wir machen das einfach" ;-)
Angelboot hat geschrieben:Die Straßen in Frankreich haben einen etwas rauhen Belag, zugegeben. Ich bin schon des öfteren in Frankreich Brevets gefahren. Abgefräst, Teer darauf und Kiesel drüber. Alles damfte noch. Mag zwar unmöglich klingen, es gibt gegenüber der Strecke von P-B-P noch höllische Steigerungen. Aber ich kann dir auch jederzeit in Deutschland mit Schlaglöchern verzierte oder ähnlich geflickte Straßen präsentieren.
Das steht außer Frage und wurde von mir auch nicht vergleichend erwähnt, sondern lediglich mein Eindruck der Straßenbeschaffenheit.
Angelboot hat geschrieben:4.) Die Mitfahrer: Man kann das Verhalten der Fahrer mit unterschiedlichen Nationalitäten kritisch betrachten. Ich habe sehr oft ein Schmunzeln auf den Lippen beim Betrachten ihrer Fahrweise. Italiener hast du vergessen. Geräts du in den Bienenschwarm der blauen Azzurris, kannst du nur zum Pieseln anhalten oder du tritts in die Pedalen und tritts die Flucht an. Bringt aber meistens nicht viel. Nach Rennfahrerart schicken die meistens sofort zwei Fahrer hinterher, um die Flucht zu stoppen. Ich reiche den hechelnden Typen oft meine Trinkflasche mit einem verbalen Madonna.

Witziger, manchmal auch gefährliche Situationen schaffend sind die Chinesen und Asiaten. Bin nicht genau informiert, ob die Linksverkehr haben. Jedenfalls fahren sie immer weit links in der Straßenmitte oder schießen beim Überholen einfach rechts vorbei. Aber nach einem Zusammenschiß machen sie dann tiefe Diener über den Lenker. Sind ja freundliche Menschen, aber das Verhalten ist dann auch wieder gefährlich, weil sie zusätzlich noch ihren halben Hausstand am Rad haben.
Genau so ist es.
Angelboot hat geschrieben:Also André,vielleicht kannst du nach etwas Abstand doch sagen: Gut, dass ich P-B-P gefahren bin. Es war ein tolles Erlebnis.
Das tue ich schon seit Tagen und habe mich sogar schon dabei erwischt, darüber nachzudenken, was ich beim nächsten Mal anders machen würde.

Bzgl. der Vorbereitung einen 1.000er vorab fahren? Hmmm....Jeder Brevet ist anders, einzig den Schlafentzug könnte das trainieren. Wenn ich an meine gelben Männchen beim diesjährigen 600er denke, war ich ausreichend darauf eingestellt, im richtigen Moment die Notbremse in Form eines ec-Hotels zu ziehen.

Keine Sorge, ich renne nicht rum und mache irgendwelche heiligen Radsport-Monumente schlecht. Nie nimmer nicht würde ich so etwas tun, aber meine eigene Meinung darüber darf ich schon kundtun, oder?

In diesem Sinne, in einem Telefonat am Dienstag habe ich erzählt, dass meine "PBP-Erfahrung" bereits umkippt von den eher negativen zu den schönen und fantastischen Erinnerungen, einmal im Leben Teil dieses Marathons gewesen zu sein.

Bon Route...
ES LIEGT NIE AM RAD!
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Angelboot

Beitragvon Angelboot » 03.09.2015, 09:17

Bon courage Andre,

und die 70 Stunden knackst du locker!!!!

LG
Hans-Hermann ;-)
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Beitragvon Halbrenner » 05.09.2015, 09:53

Moin Hans-Hermann, dass ich Dich noch einmal zu Tränen rühren würde ...

Ich persönlich finde ja, dass PBP keinen Renn-Charakter haben sollte, aber die Geschichte von dem schnellsten Fahrer, einem Deutschen, der das Ding in 42 Stunden gefahren ist, keinen Support hatte und von einer Gruppe Fahrern, die allesamt von Helfern untersützt wurden, finde ich unglaublich. 600 Kilometer vor dem Ziel hat er einen "Ausreißversuch" unternommen und ist dann bis nach Paris alleine gefahren. Sensationell.
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