Von Schnurrern und Stinkern

krmueller
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Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon krmueller » 01.07.2015, 19:37

Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Herrschenden in der Politik die Sache "Fahrradstadt Hamburg" hauptsächlich durch Bemalen der Fahrbahnen mit lustigen Strichen und Pfeilen erreichen wollen - das Ziel wäre dann am St. Nimmerleinstag erreicht.

Kombiniert werden müssten die Aktionen auch durch die Verbesserung der Luftqualität. Ein Carsharing-Fahrzeug soll 7-8 Privatpkws ersetzen. Damit wäre das Thema zugeparkte Fahrradwege wohl auch vorbei. Wenn diese Fahrzeuge dann auch noch elektrisch betrieben werden, dann steigt auch die Lebensqualität.

Car2Go hat in Amsterdam 300 Fahrzeuge unterwegs und in Stuttgart 500. In Amsterdam und Stuttgart werden sie elektrisch betrieben - in Hamburg sind es 700 Stinker.

Wie lese ich gerade beim ADFC: »Eine Stadt wie Hamburg wird nur Fahrradhochburg, wenn man dem Autoverkehr Platz wegnimmt«. Genau, Merja Spott! - Das müssen Olaf und seine grünen Freunde aber erst noch mitbekommen :!:
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Helmut
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon Helmut » 02.07.2015, 12:09

krmueller hat geschrieben:Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Herrschenden in der Politik die Sache "Fahrradstadt Hamburg" hauptsächlich durch Bemalen der Fahrbahnen mit lustigen Strichen und Pfeilen erreichen wollen - das Ziel wäre dann am St. Nimmerleinstag erreicht.
Warum so pessimistisch? Jede neue Regierung braucht Zeit, um ihre Ziele umzusetzen. Jede noch so kleine Änderung muss sauber geplant werden, damit sie einem nicht um die Ohren fliegt.

Vor Ende des Jahres rechne ich nicht mit einer auf den Verkehrswegen spürbaren Änderung.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon crumble » 02.07.2015, 15:12

krmueller hat geschrieben:hauptsächlich durch Bemalen der Fahrbahnen mit lustigen Strichen und Pfeilen erreichen wollen
Das macht man bei uns leider auch. Vor allem bei Strassen, wo man eh schon auf der Fahrbahn fahren konnte. Ich finde damit wird man weiter an den Rand gedrueckt, da man normalerweise da gefahren waere, wo man den Strich gesetzt hat. Dort faehrt man jetzt wegen dem Gehubbel und der Rutschgefahr nicht mehr. Dafuer kommen einen wie auf dem Radweg Geisterfahrer entgegen. :-o Die Autofahrer halten auch weniger Abstand, weil der Radfahrer ja auf seiner sicheren Spur ist.

Diese Schutzstreifen sind eine furchtbare Fehlentwicklung.
krmueller hat geschrieben:Ein Carsharing-Fahrzeug soll 7-8 Privatpkws ersetzen. Damit wäre das Thema zugeparkte Fahrradwege wohl auch vorbei.
Das halte ich fuer genauso unrealistisch wie die Schutzstreifen. Das muesste ja bedeuten, dass 10 % weniger Verkehr unterwegens ist. Ganz so einfach wird sich der Verkehr aber nicht entflechten lassen. Die 7-8 PKWs lassen sich ja nur durch bessere Auslastung erreichen. Nicht jeder mag fuer seinen Wocheneinkauf einen Tag frei nehmen, weil alle Autos am WE ausgebucht sind.

Dazu will sich nicht jeder staendig an neue Fahrzeuge gewoehnen und faehrt lieber seine alte Karre durch die Gegend, bei der man weiss, wie sich der Wagen verhaelt, wo die Bedienelemente sind, kann nach Herzenslust den Wagen so ausstatten, wie man es braucht und weiß, was man alles mitbekommt. Enorme Vorteile, die ich nie gegen so ein Leihsystem freiwillig eintauschen wuerde. Dafuer musste ich schon zu oft uebermuedet mit diversen Leihwagen fahren.

Gegen den Parkplatzmangel wuerden sich Garagenhoefe mit mehr als einer Etage anbieten. Mit guenstigen Krediten von der KfW gefoerdert, koennte man so ueber die Jahre hinweg einiges verbessern. Umgebaut werden muss eh einiges, wenn die Illusion wahr werden soll. den privaten PKW-Verkehr in der vorgegebenen Zeit auf Elektroantrieb umzustellen.

Dass dadurch die Oekobilanz super ist, kann man eh knicken. So viel besser sind die Elektoautos nicht und die Umbaumassnahmen werden die Bilanz erst einmal ueber Jahre verschlechtern. Sinnvoller waere es, wenn die Politiker dafuer sorgen muessten, dass man sein Leben zwar global denken, aber lokal fuehren kann. Wenn man erst mehrere Stadtteil durchqueren muss, um an einen Hammer zu kommen, wird auch Car-Sharing den Verkehr nicht reduzieren. Exotischerweise koennen sie ausgerechnet in solchen Faellen nie etwas machen, weil ihnen Gesetze und Bebauungsplaene im Weg sind. Und ich Doespaddel dachte immer, wir waehlen sie, dafuer unsere Gesetze und Vorschriften den aktuellen Bedingungen anzupassen und nicht dazu, unser Tafelsilber zu verhoekern.
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon krmueller » 05.07.2015, 06:57

Helmut hat geschrieben:Warum so pessimistisch? Jede neue Regierung braucht Zeit, um ihre Ziele umzusetzen.
Realistisch - nicht pessimistisch, lieber Helmut! - Ein "Radfahren fördern ohne das Autofahren einzuschränken" sehe ich nicht als Ziel.

Eigentlich habe ich ja keinen Grund zur Klage. Ich kann von meinem Zuhause auf der Fahrradstraße zur Außenalster und in die Innenstadt rollen. Ich kann auf der Veloroute vom Hauptbahnhof zum Hammer Park zurückkommen. Das Wandsetal ist für mich Lebensqualität und das Wandsbeker Gehölz hat auch bei der jetzigen Bullenhitze angenehm kühle Temperaturen für eine kleine Feierabendrunde. Ein Wald mitten in der Stadt!

Gleichzeitig haben wir hier aber auch das Gegenmodell: die B 75 (Wandsbeker Marktstraße/Wandsbeker Chaussee) und den Ring 2 (Wandsbeker Allee/Rennbahnstraße). Da tobt der automobile Wahnsinn. Da lassen die Motorfreunde mal so richtig die Sau raus! Und am Wandsbeker Markt ist sogar Sausrauslassen mit Publikum angesagt! Ich sehe nicht, dass man hieran etwas ändern will. :(
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon Helmut » 05.07.2015, 20:59

Die von Dir beschriebenen Strecken kenne ich sehr gut, bin auf denen seit 1989 jahrelang mit dem Rad zur Arbeit gefahren. In den letzten Jahren (in denen es nicht mehr meine Arbeits-, nur noch gelegentlicher Einkaufsweg ist) hat sich dort ne Menge getan an den Radwegen, zugegeben ohne dass der Autoverkehr spürbar abgenommen hätte.
krmueller hat geschrieben:Und am Wandsbeker Markt ist sogar Sausrauslassen mit Publikum angesagt!
Das ist es, was mir zunehmend auf den Keks geht, dieses lautstarke Rumgeprotze mit Luxus-Karossen des Geld- und vor allem des Rotlicht-"Adels".
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon krmueller » 07.07.2015, 09:05

Helmut hat geschrieben:Das ist es, was mir zunehmend auf den Keks geht, dieses lautstarke Rumgeprotze mit Luxus-Karossen des Geld- und vor allem des Rotlicht-"Adels".
Aber nicht nur der "Adel" ist hier aktiv - auch der "Pöbel" versucht, ihm nachzueifern!

Anlässlich der vor-, vor-, vorletzten CM sitze ich am Wandsbeker Markt und warte, dass es mit dem Zubringer los geht. Da - mit einem Mal "tatütata". Die volle Palette: Feuerwehr, Krankenwagen, Polizei! Als ich nachschaue, liegt dort ein Kleinwagen auf dem Dach! Hatte sich beim Rasen vor Publikum überschlagen!

Was soll sich aber auch die Polizei mit dem automobilen Wahnsinn befassen - sie ist mit viel wichtigeren Dingen beschäftigt:

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/h ... 41782.html
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon Helmut » 07.07.2015, 09:27

krmueller hat geschrieben:Was soll sich aber auch die Polizei mit dem automobilen Wahnsinn befassen - sie ist mit viel wichtigeren Dingen beschäftigt:

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/h ... 41782.html
Ich unterscheide die Geisterfahrer in solche, die mal eben vor- und umsichtig auf der falschen Seite unterwegs sind und solchen, die mich - rücksichtslos mit vollem Tempo entgegen kommend - max. als gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer, eher als Hindernis ansehen. So oder so fällt dann meine Reaktion auf solche Begegnungen aus. Jedem Geisteradler 20 Euro abzunehmen, erachte ich als unangemessen.
krmueller hat geschrieben:Anlässlich der vor-, vor-, vorletzten CM sitze ich am Wandsbeker Markt und warte, dass es mit dem Zubringer los geht. Da - mit einem Mal "tatütata". Die volle Palette: Feuerwehr, Krankenwagen, Polizei! Als ich nachschaue, liegt dort ein Kleinwagen auf dem Dach! Hatte sich beim Rasen vor Publikum überschlagen!
Ah, so war das passiert. Immerhin bot die Feuerwehr eine gute Show.

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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon axiom 1 » 07.07.2015, 15:21

krmueller hat geschrieben: ... Hatte sich beim Rasen vor Publikum überschlagen!
man kann sich auch anders aufs Dach legen. Aus der erweiterten Nachbarschaft hat jemand sms während der Fahrt geschrieben, weil er dachte, seine Assistenzsysteme regeln alles für ihn. Dumm gelaufen. Kaum vorstellbar, was das für ein Gefühl sein muss, wenn solch ein Geschoss auf Dich als Radler zukommt. Mein Sohn fährt bei dem jedenfalls nicht mal mehr zur nächsten Bahnstation mit. Und für die armen Schweine von der Feuerwehr ist es bestimmt auch nicht witzig solch Armleuchter matschig aus dem Auto zu pflücken.
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon Kiezkicker » 10.07.2015, 14:33

crumble hat geschrieben:
krmueller hat geschrieben:hauptsächlich durch Bemalen der Fahrbahnen mit lustigen Strichen und Pfeilen erreichen wollen
Das macht man bei uns leider auch. Vor allem bei Strassen, wo man eh schon auf der Fahrbahn fahren konnte. Ich finde damit wird man weiter an den Rand gedrueckt, da man normalerweise da gefahren waere, wo man den Strich gesetzt hat. Dort faehrt man jetzt wegen dem Gehubbel und der Rutschgefahr nicht mehr. Dafuer kommen einen wie auf dem Radweg Geisterfahrer entgegen. :-o Die Autofahrer halten auch weniger Abstand, weil der Radfahrer ja auf seiner sicheren Spur ist.

Diese Schutzstreifen sind eine furchtbare Fehlentwicklung.
Wenn die Streifen richtig gemalt werden, siehe etwa Glacischaussee, dann kommt nach dem Stand der Technik noch ein etwa 0,80 bis 1 m breiter Sicherheitsstreifen dazu. Der fehlt bei den meisten alten Streifen, etwa in der Bernadottestraße.

Ich halte Streifen auf der Fahrbahn für eine Übergangstechnik, die unsichere Radfahrer motivieren kann, vom Gehradweg auf die Fahrbahn zu wechseln. Das Problem, dass der Streifen nicht verhindert, zu eng und zu schnell von Autos überholt zu werden, besteht. Aber solange wir noch keine Fahrradstadt sind, in der es dann endlich nur noch den absolut notwendigen Kfz-Verkehr gibt, fällt mir neben Tempo 30 auf Hauptstraßen keine bessere Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs ein.
Radfahrer sind keine besseren Menschen. Sie haben nur das bessere Verkehrsmittel.
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon krmueller » 11.07.2015, 10:30

crumble hat geschrieben:Dass dadurch die Oekobilanz super ist, kann man eh knicken. So viel besser sind die Elektoautos nicht
Die Ökobilanz für mich als Fahrradfahrer ist erstmal super, da die Dinger keinen Auspuff haben, aus dem etwas rauskommt, was meine Atemluft verpestet und meiner Gesundheit schadet.

Wenn das Problem allerdings in alterschwache Kohlekraftwerke verlagert wird oder in CO2-freie Atomkraftwerke, dann habe ich etwas dagegen. Angeblich soll aber inzwischen der Strom aus regenerativen Energien erfunden worden sein.
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Beitragvon Kiezkicker » 17.07.2015, 08:50

Auto bleibt Auto und ein Auto macht nicht nur Dreck aus dem Auspuff, sondern verbraucht auf vielfältige Weise Ressourcen, deshalb egal, ob Windstrom oder Biogas usw.
Radfahrer sind keine besseren Menschen. Sie haben nur das bessere Verkehrsmittel.
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Re: Von Schnurrern und Stinkern

Beitragvon FS » 21.07.2015, 20:34

ADFC hat geschrieben:Eine Stadt wie Hamburg wird nur Fahrradhochburg, wenn man dem Autoverkehr Platz wegnimmt«.
Das gilt meines Erachtens nicht nur für Städte wie Hamburg, sondern für alle größeren Städte. Ist im Prinzip ja auch logisch, da die meisten Städte entstanden sind, bevor es Automobile gab und ursprünglich verkehrstechnisch gar nicht dafür ausgelegt wurden. Das Auto hat sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts bis heute mächtig viel städtischen Raum erobert, der zudem in Form von Parkflächen im Prinzip verschenkt ist.

Ich meine, wie viele PKW werden pro Tag eigentlich mehr als eine halbe bis eine Stunde bewegt? Den Rest der Zeit stehen sie ungenutzt irgendwo herum (oder im Stau). Das mag für Fahrräder ähnlich sein, nur brauchen diese deutlich weniger Platz und benötigen weniger Ressourcen in der Herstellung und im Unterhalt. Und die Generallösung einfach noch mehr Straßen und Parkhäuser zu bauen, ist eben nicht die Lösung, denn mehr Kapazität führt nur zu noch mehr Auslastung. Man sollte (um nicht zu sagen muss) also die vorhandenen Kapazitäten verringern bzw. umstrukturieren, um weg vom Auto hin zu stadt- und vor allem menschenfreundlicheren Verkehrsmitteln wie dem Rad oder ÖPNV zu kommen.

Und mal ehrlich: Das Auto ist doch eigentlich eher ein Verkehrsmittel für Mittel- bis Langstrecken. Für Kurzstrecken in der Stadt ist es doch völlig überdimensioniert, meist nur zu 20 - 25 % ausgelastet (eine Person bei vier bis fünf Plätzen) und der Kraftstoffverbrauch bei kaltem Motor auf den ersten Kilometern astronomisch hoch. Schneller als mit dem Rad oder ÖPNV ist man innerstädtisch auch nicht wirklich oder nur selten. Es gibt also nicht wirklich viel, was für das Auto in der Stadt spricht.

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