Vierlanden: LKW fuhr in Rennrad-Gruppe - Toter, Verletzte...

lenkerbruch
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Beitragvon lenkerbruch » 16.08.2012, 15:33

Teeren und federn ist sicher nicht nötig. Aber es war (nach den Angaben des Totfahrers in der Zeitung) ein vermeidbarer, schwerer und ohne jede Not begangener Fehler, dem mehrere Menschen zum Opfer gefallen sind. Man überholt niemals bei Gegenverkehr, das ist doch eine ganz einfache Grundregel!

Erhebliche juristische Konsequenzen sind sicher zu erwarten, aber die machen die Verletzten und Hinterbliebenen nicht glücklich und der Verusacher muss trotzdem noch selbst mit seinem Gewissen klar kommen.

Als Autofahrer weiß ich, wie schnell eine falsche Entscheidung gefällt ist, als Radfahrer bekomme ich zu oft den Eindruck, dass viele Autofahrer sich nicht der Tragweite ihrer Verhaltens bewußt sind.
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Con-Rad
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Beitragvon Con-Rad » 16.08.2012, 18:03

Nach dem 1. Bericht in der MOPO muss ich einsehen, dass der LKW- Fahrer mit einer unglaublichen Rücksichtslosigkeit gehandelt hat. Auch wenn mich das Wort "Totfahrer" abschreckt, wer so überholt, nimmt den Tod anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf.

Seit dem Unfall bin ich mehrfach durch überholende LKW geschnitten worden. Die scheinen nicht so betroffen zu sein wie wir.

Trotzdem sollten wir auch unser Handeln überdenken und versuchen, LKW eine Möglichkeit zum Überholen zu geben und uns nicht immer so verhalten, als wären wir in einem Rennen. Der § 1 richtet sich auch an uns. Kurz rechts anhalten und vorbeilassen wenn ich merke, dass einer überholen will oder verlangsamen, wenn er schon dabei ist. Allein die Bereitschaft dazu entspannt und wir zeigen, dass wir selbst Rücksicht nehmen wollen. Das kann schon dem Nächsten zu gute kommen. Wir treiben Sport, oft in der Freizeit. Der LKW hat möglicherweise stundenlang auf der Autobahn gestanden.
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Beitragvon Gastfahrer » 16.08.2012, 20:37

Bagdad-Biker hat geschrieben:mit dem Rad in der Fußgängerpassage versehentlich die Oma mit Gehwagen touchiert,
Hättest Du jetzt nur ein wenig aus der Sicht eines Lkw Fahrers geplaudert, wäre das halb so wild gewesen. Aber so bist Du m. E. in mehreren Punkten übers Ziel hinausgeschossen.

Falls mit "Fußgängerpassage" eine Fußgängerzone gemeint ist, so ist die entweder nur für Fußgänger freigegeben, was sich in ihrer Namensgebung widerspiegelt, und mit Rad dürftest Du da nur das Rad schiebend hindurch. Oder aber Fußgänger haben zumindest insofern Vorrang, als daß anderen eine Durchfahrt nur mit angepaßter Geschwindigkeit erlaubt wird, Schrittgeschwindigkeit also. Und 10 km/h sind schon keine Schrittgeschwindigkeit mehr.

Ich kann das nicht gutheißen, wenn hier Fehlverhalten gerechtfertig wird und uns allen mit flotten Sprüchen (Zitat: "Hand auf´s Herz!") unterstellt wird, wir würden ebenfalls überall und häufig zuwiderhandeln und dadurch das Unfallrisiko erhöhen und nur durch Glück von Unfällen verschont bleiben. Es ist sehr bedauerlich und ärgerlich zugleich, wenn Dein Alltag sich derart gestaltet, daß Du von einer Gefahr in die andere schlitterst und das durch Termindruck und andere, sogar vermeidbare Umstände zu rechtfertigen versuchst. Das sind genau die Ausreden, die Verkehrspolizisten zu hören bekommen, wenn sie jemanden bei einer Kontrolle (unterschiedlicher Art) aus dem Verkehr ziehen.
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MOPO

Beitragvon Heimfelder Dirk » 17.08.2012, 09:15

seit einer Woche verfolge ich die Leserbriefe in den Printausgaben. Überwiegend waren dort unsachliche bis radfahrerfeindliche Einlassungen zu ertragen. Heute der Höhepunkt. Zitat:

"Ich würde gern mal wissen, wo in der StVo es steht, dass Radrennen auf öffentlichen Straßen erlaubt ist und dass alle anderen Verkehrsteilnehmer Rücksicht nehmen müssen. Deutschland ist nicht radsportfeindlich, denn öffentliche Veranstaltungen laufen erfolgreich und harmonisch ab." H. Stichtenoth, Haseldorf

Solche Vollpfosten fahren mit KFZ durch die Gegend..und halten drauf, nach dem Motto "in der StVO steht nicht drin, dass ich auf Radrennfahrer Rücksicht nehmen muss"...und nehmen billigend in Kauf, dass ein Mensch zu Schaden kommt (der hat ja selbst Schuld), wenn der nicht rechtzeitig aus dem Weg geht (fährt).

Unfassbar!!!

Dirk
Zuletzt geändert von Heimfelder Dirk am 18.08.2012, 08:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: MOPO

Beitragvon Gastfahrer » 17.08.2012, 12:13

Da hat dann aber die Redaktion jenes Blattes komplett versagt, wenn sie solche Meinungen nicht filtern, sondern unkommentiert abdrucken.
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Beitragvon lenkerbruch » 17.08.2012, 12:28

Die Äußerung des Asphaltkopfes enthält ja, wie so oft, ein Körnchen Wahrheit. Radrennen sind ja in der Tat nicht im Straßenverkehr erlaubt, darauf wird ja bei jeder RTF zu Recht hingewiesen. Aber eine Ausfahrt auf dem Rennrad in Sportkleidung ist natürlich kein Rennen. Breitreifen, Sportfahrwerk und Alufelgen führen ja auch nicht dazu, dass ein Auto nur auf der Rennstrecke gefahren werden darf...

Der Versuch, dies solchen Leuten zu erklären, ist wahrscheinlich von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
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Beitragvon Helmut » 18.08.2012, 01:48

tribaer hat geschrieben:Ach so, ein's noch: Diskussionen leben von verschiedenen Meinungen der Menschen. Sie sind Folgen aus Erfahrungen und Erlebnissen und somit sind extreme Meinungen völlig normal. Deswegen suchen einige nach dem warum und andere würden ihn an der nächsten Laterne aufhängen. Meine Meinung halte ich bedenkt, sonst hängt man an der Forumslaterne.
Wenn Du damit auf den Forums-Rausschmiss von 5749Z anspielst, kann ich Dich beruhigen. Der ist rausgeflogen, weil mal wieder erkennbar war, dass ER es war, der schon so oft rausgeflogen ist und hier schon lange Hausverbot hat. Nicht wegen seiner Meinung, sondern wegen seiner sozialunvertröglichen Art.

ER behauptet nun mal wieder, dass ER es gar nicht war, sondern dass sich ein anderer hier anonym äußert, um den Anschein zu geben, dass ER es wäre, der sich anonym äußert. Ich halte es sogar für nicht ausgeschlossen, dass ER selbst dies glaubt. So oder so, ER bzw. Tut-wie-ER hat sich eine andere Plattform zu suchen.

Zeit um noch etwas aufzuklären: Gordian G. trainierte nicht für die Vattenfall Cyclassics. Das hatten voreilige MoPo-Reporter sich zusammengereimt, es gar zu ihrer Schlagzeile erhoben, nur weil er zehn Tage vor den Cyclassics erstmals bei der Trainingsrunde der RG Uni dabei war. Zu den Cyclassics war er nicht angemeldet. Ein Gutes hat dies: So fand diese tragische Geschichte mehr Aufmerksamkeit unter den Nicht-Rennradfahrern.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon Bagdad-Biker » 18.08.2012, 11:06

Gastfahrer hat geschrieben:Ich kann das nicht gutheißen, wenn hier Fehlverhalten gerechtfertig wird...

Fehlverhalten beinhaltet das Wort Fehler. Und Fehler passieren den Menschen nunmal. Unbewusst und/oder unabsichtlich. Im Job, im Straßenverkehr, beim Heimwerken...... Zugegeben, meist mit weit weniger tragischem Ausgang, aber Fehler passieren.

Was ich schrieb, hat mit einer Rechtfertigung nichts zu tun. Sondern mit Toleranz gegenüber den Menschen, die diese Fehler begehen. Offensichtlich gibt es aber Menschen, denen Toleranz völlig fremd ist und die sich für unfehlbar zu halten. Ein Trugschluss! Zu glauben, sich stets richtig zu verhalten, beruht vermutlich auf einer sehr eingegrenzten Betrachtungsweise der Dinge und bedeutet nicht zwangsläufig es auch zu tun.
Gastfahrer hat geschrieben:...und uns allen mit flotten Sprüchen (Zitat: "Hand auf´s Herz!") unterstellt wird, wir würden ebenfalls überall und häufig zuwiderhandeln und dadurch das Unfallrisiko erhöhen und nur durch Glück von Unfällen verschont bleiben.
Ich verwies lediglich auf die Tatsache, dass jeder von uns sicherlich im Straßenverkehr den ein oder anderen Fehler begeht (Wer glaubt, er könne sich von dieser Tatsache freisprechen, ist ein Narr!) und nannte einige Beispiele. Die Ansicht, Fehler begingen nur andere, ist allerdings im Straßenverkehr gar nicht so selten. Sie erzeugt dann ein (Fahr-)Verhalten, welches hier und in anderen Freds dann als aggressiv oder rücksichtslos beklagt wird. Das allerdings, und hier fehlt oft die Einsicht, legen ebensoviele Rad- wie Autofahrer an den Tag.
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Beitragvon Con-Rad » 18.08.2012, 11:32

@Bagdad-Biker,
Deine Beiträge sind mit die Klügsten hier.
Nicht so klug ist es, auf die unangemessenen, selbstgefälligen Popeleien von Geisterfahrern zu antworten. Wir ordnen das schon richtig ein.
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Beitragvon Gastfahrer » 18.08.2012, 12:33

Bagdad-Biker hat geschrieben:Fehlverhalten beinhaltet das Wort Fehler. Und Fehler passieren den Menschen nunmal. Unbewusst und/oder unabsichtlich.
Und was ist mit wissentlichem Fehlverhalten?
Was ich schrieb, hat mit einer Rechtfertigung nichts zu tun. Sondern mit Toleranz gegenüber den Menschen, die diese Fehler begehen.
Den Menschen oder ihrem Fehlverhalten? Wie ausgeprägt ist Deine Duldsamkeit von Fehlverhalten anderer? Als Paradebeispiele für Fehlverhalten nennst Du häufiges Telefonieren am Steuer, völlige Übermüdung, Gereiztheit, Geschwindigkeitsüberschreitungen, Ausbeutung von Angestellten durch Unternehmer und schildest eine äusserst triste Realität aus dem Alltag eines Berufskraftfahrers. Ein Versuch, Gründe für Unfallursachen zu finden. Bei so einer Analyse ist es von Toleranz zu Akzeptanz kein großer Schritt mehr. Da wirst Du halt tolerieren müssen, daß ich diesbezüglich weniger Nachsicht und weniger Gelassenheit zeige.

Beiläufig fordest Du immerhin, "dass man den Unternehmern mal auf die Füße steigt", was ja ebenfalls in Richtung Nulltoleranz geht. Ob die Unternehmer allerdings die alleinige Wurzel des Übels sind, sei dahingestellt.
Offensichtlich gibt es aber Menschen, denen Toleranz völlig fremd ist und die sich für unfehlbar zu halten.
Weder noch, und ein Idealist bin ich auch nicht.
Bagdad-Biker

Beitragvon Bagdad-Biker » 18.08.2012, 13:07

@Gastfahrer

Es bedarf schon reichlich Fantasie um von mir und anderen getroffene Aussagen in der von Dir hier wiedergegebenen Interpretationsweise zu betrachten. Sicherlich kann man, auf der Suche nach Argumenten zur Selbstrechtfertigung oder aus reiner Provokationslust, jede Aussage solange hin und her drehen, bis ein Konsenz nicht mehr gegeben oder zu erkennen ist. Allerdings fehlt einer Diskussion damit jegliche Sachlichkeit und die sehe ich angesichts der ernsten Thematik durchaus geboten.

Da du dich ja offenbar nur hier angemeldet hast, um Deinem Zorn und Deiner Verbitterung Luft zu machen und um Dein Weltbild von deiner, ausschließlich von Idioten umgebenen, perfekten Persönlichkeit zu zeichen, habe ich die aufrichtige Bitte an Dich, wieder in die Weiten des www abzutauchen. In anderen Foren teilt man Deine Sicht der Dinge und Deine pers. Einstellung zu deinem Umfeld möglicherweise eher.
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Beitragvon Gastfahrer » 18.08.2012, 13:11

Bagdad-Biker hat geschrieben:Da du dich ja offenbar nur hier angemeldet hast, um Deinem Zorn und Deiner Verbitterung Luft zu machen und um Dein Weltbild von deiner, ausschließlich von Idioten umgebenen, perfekten Persönlichkeit zu zeichen,
Nichts von dem ist zutreffend.
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Beitragvon Fidibus » 21.08.2012, 11:04

Mein Beileid an die Angehörigen und Freunde
und an alle Radler heißt es VORSICHTIG SEIN!!!
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Bericht in AUTO BILD

Beitragvon Harterbrocken » 23.08.2012, 19:08

Der Unfall war Anlass für AUTO BILD in der aktuellen Ausgabe (#34 vom 24.08.2012) über das Thema Auto- kontra Fahrradfahrer zu berichten. Das Heft kostet 1,60 Euro und ist ab heute Nacht an Kiosken oder Tankstellen erhältlich.

Für diejenigen, die das Geld nicht ausgeben mögen oder haben, werde ich den Admin bitten, den Beitrag hier ab Freitagabend als PDF-Datei zur Verfügung zu stellen.

Wer eine Meinung zu dem Thema hat, wer zustimmen oder widersprechen möchte, ist dazu herzlich eingeladen. Entsprechende Post bitte an: redaktion@autobild.de
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Beitragvon Bagdad-Biker » 23.08.2012, 21:50

Dann werd ich mir morgen gleich mal die Auto Bild holen. Bin gespannt, ob und wie es einer Zeitschrift für Autofahrer gelingt mit dem Thema umzugehen.
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Beitragvon Reisender » 26.08.2012, 23:08

Hallo Bagdad Biker,

das Problem ist, dass ein vermeintlich kleiner Fehler beim Lenken eines LKW oder auch PKW dramatische Auswirkungen hat, wie wir alle wissen. Es macht dann im Ergebnis keinen Unterschied, ob es vorsätzlich war oder eben nicht. Das traurige Ergebnis ist schlicht und ergreifend der Tod eines Menschen. Die Ursächlichkeit ist dann nur noch für das Strafmaß wichtig.

Was die KFZ-Haftpflicht angeht, natürlich zahlt sie. Nur wird sie sich dann mit einer Regressforderung an den Unfallverursacher bzw. Fahrzeughalter wenden, sollte das ganze grobfahrlässig und auch noch in Verbindung mit Schwarzarbeit stehen. Das aber sollte uns Außenstehende auch nicht weiter angehen, m. M. nach.
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Beitragvon AP0LL0N » 31.01.2013, 18:08

Hat jemand Info, wann der Fall vor Gericht kommt?

Grüße!
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Beitragvon Harterbrocken » 31.07.2013, 13:01

Ich komme gerade von der Gerichtsverhandlung vorm Amtsgericht Bergedorf. Nach meiner Beobachtung war der Unfall vor einem Jahr von derTagesordnung der Medien, Radsportvereine und der Politik verschwunden.

So kann man sich täuschen. Vorm Gerichtssaal herrschte reger Medienrummel, NDR, RTL, Sat1, HH1..., sie alle waren mit Kamerateams, Tonleuten und Reportern vor Ort. Sogar eine Gerichtszeichnerin nahm an der Verhandlung im Zuschauerraum teil. Angesichts dieses großen öffentlichen Interesses, musste die Verhandlung sogar in einen größeren Saal verlegt werden. Von 9 bis 12 Uhr war die Verhandlung angesetzt, zwölf Zeugen sollten gehört werden und ein Gutachter. Die Zeit sollte nicht reichen, so dass es heute wahrscheinlich zu keiner Verurteilung kommt, sondern ein zweiter Verhandlungstag angesetzt werden wird. Leider musste ich das Gericht aufgrund anderer Termine vor Verhandlungsende verlassen.

Heute wollen die Lokalsender der oben genannten TV-Stationen in ihren Abendsendungen berichten.

Falls ich die Zeit finde, schreibe ich an dieser Stelle später gerne eine Gerichtsreportage.
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Beitragvon Harterbrocken » 01.08.2013, 23:44

Der Prozess wird am 14. August fortgesetzt.

Einen Zeizungsartikel gibt es hier: http://www.mopo.de/nachrichten/prozess- ... 78132.html
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Beitragvon Helmut » 02.08.2013, 00:34

MoPo hat geschrieben:Lasterfahrer überrollt Cyclassics-Radler - und zeigt Reue
Das las sich heute im Hamburger Abendblatt deutlich anders. Das berichtete davon, dass die Anklage mindestens je einen Rad- und einen Autofahrer als Zeugen sprechen lassen wird, deren Aussagen darauf schließen ließen, dass der LKW-Fahrer des öfteren durch seine aggressive Fahrweise auffiel.

Und die Aussage des Angeklagten, "Das habe ich nicht gewollt", entschuldigt nichts, sie passt genau zur Anklage, denn die lautet ja nicht auf vorsätzliche, sondern auf fahrlässige Tötung.
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Beitragvon VeloC » 02.08.2013, 22:49

Harterbrocken hat geschrieben:Falls ich die Zeit finde, schreibe ich an dieser Stelle später gerne eine Gerichtsreportage.
Das wäre klasse! Kam jetzt alles wieder hoch, als ich die Ankündigung in der Mopo las. Dieser widerliche Spruch von der großmütigen Anerkennung seiner angeblichen "Mitschuld" ist mir seit damals nie mehr aus dem Kopf gegangen. Gebe mir zwar Mühe zu glauben, dass ihn da der Reporter falsch zitiert hat, aber allzu viel Hoffnung habe ich nach den bislang eingetrudelten Informationshäppchen nicht. Wäre schön, in den nächsten Wochen wenigstens ein paar Fragen beantwortet zu kriegen!
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Reportage vom Verhandlungstag 1.

Beitragvon Harterbrocken » 08.08.2013, 00:26

Am Freitag, 9. August, jährt sich der schreckliche Unfall am Elbdeich zu ersten Mal. Ich finde, in Sachen Sicherheitsinitative hat sich nichts getan. Im Gegenteil: Am Dienstag beim Training mit dem SC Hammaburg kam es in meiner Gruppe wiederholt zu brenzligen Situationen. Situationen, die mich an den tödlichen Lkw-Unfall erinnern. Es ist fast immer das Gleiche: Auf der Gegenspur steht ein Auto oder fahren andere Radfaher. Die Autos überholen, obwohl ihnen eine große Zweierreihe entgegenkommt. Das ist extrem gefährlich. Die Autofahrer unterschätzen einfach oft unser hohes Tempo in der Zweierreihe. Ich bin der Meinung, hier muss was getan werden, z. B. Schilder (Share the road), Parkverbot oder/und am besten eine Einbahnstraßenregelung von Tatenberg bis Zollenspieker. Warum fordert das keiner vom Hamburger Radsportverband, BDR oder aus der Politik? Wäre schlimm, wenn erst wieder etwas passieren muss, damit etwas passiert.

Die Gerichtsverhandlung in Bergedorf habe ich mit großem Interesse verfolgt. Hier meine Reportage aus dem Gerichtssaal:

Tödliche Fehleinschätzung

Es geht um Zentimeter. Zentimeter, die über Leben und Tod entschieden haben. Zentimeter, die für mehrere Menschen die Zukunft veränderten. Ein Lastwagenfahrer wird bis ans Ende seiner Tage mit der schweren Schuld leben müssen, einen Rennradfahrer bei einem Überholmanöver getötet zu haben. Ein Vorgang, bei dem es nur um ein paar Zentimeter ging. Ein paar Zentimeter zu wenig.

Was genau war passiert, am 9. August 2012 um 18.20 Uhr auf dem Ruschorter Hauptdeich auf Höhe von Kilometerstein 28,5? Um diese Frage dreht sich alles bei dem Strafprozess vor dem Amtsgericht Bergedorf.
Eine drückende Stimmung liegt im Saal 112. Rund 25 Prozessbeobachter haben im Zuschauerraum Platz genommen. Davor stehen Kameraleute mit grellen Scheinwerfern. Tontechniker mit Kopfhörern auf den Ohren assistieren. Ein Mordprozess kriegt kaum weniger Aufmerksamkeit. Gut möglich, dass einige Beobachter den Mann auf der Anklagebank für einen Mörder halten. Verantworten muss er sich für fahrlässige Tötung.

Verhandelt wird gegen den 34-jährigen Lkw-Fahrer Kay I. Als die Medienleute den Saal verlassen haben, bricht er in Tränen aus und beteuert sein Mitleid. „Das habe ich nicht gewollt“, schluchzt er. Sein erröteter Kopf hängt nach unten. Mehr will er dazu nicht sagen. Amtsrichter Dr. Fräßdorf nickt, blickt in seine Akten und beginnt mit der Befragung. Immer wieder geht es dabei um Details, um Zeitpunkte, Geschwindigkeiten und Einschätzungen und um Zentimeter. Akribisch wird rekonstruiert, wie die tödliche Situation zustande kam, als ein Teil der 30-köpfige Rennradgruppe mit dem gelben Iveco von Kay I. kollidierte. „Wie weit haben sie die Mittellinie überfahren“, fragt der Richter. „Und wie viel Platz war zum Rand?“

Kay I. wirkt jetzt gefasst und gibt präzise Auskunft. „30 Zentimeter“, sagt er, sei er mit seinem 7,5 Tonner über die Mittellinie auf die Gegenspur gefahren, um einen einzelnen Radfahrer auf seiner Seite zu überholen. „Vielleicht auch 40 Zentimeter. Dann schert plötzlich einer aus. Und plötzlich hat es auch schon geknallt.“ Der Knall entstand, als Radfahrer Gordian G. (33) mit Kopf und Oberkörper gegen den Kofferaufbau des Gemüselasters prallte. Schädel und Lunge wurde dabei so schwer verletzt, dass Gordian G. sofort starb. „Er lag neben mir. Ich sah wie im Blut aus seinem Ohr lief“, schildert einer der zwölf geladenen Zeugen seine schrecklichen Erinnerungen.

Nach einer Stunde Verhandlung haben hohe Sommertemperaturen den Saal aufgeheizt. Die Luft steht. Wolf Römmig, Rechtsanwalt der Familie des Opfers, blickt auf die Fenster und möchte lüften lassen. Doch die Stimmung bleibt beklemmend. Nicht nur bei der emotional schwierigen Zeugenbefragung geht es um Zentimeter, sondern auch auf den Zuschauerbänken. Nur eine halbe Fahrbahnbreite trennt Angehörige von Täter und Opfer. Sie sitzen eine Bankreihe von einander entfernt. Vorn haben Verwandte von Kay I. Platz genommen, schräg dahinter der Vater von Gordian G. Er trägt eine Sonnenbrille. Vielleicht hilft sie ihm, seine Gefühle zu verbergen. Die Aussagen verfolgt er zunächst ohne sichtbare Regung. Eine Frau neben ihm hält seine Hand.

Routiniert hört sich Richter Fräßdorf die Zeugen aus der Radfahrgruppe an. Immer wieder hakt er nach und klopft Einzelheiten ab. „Gab es Warnrufe? Hat sich Gordian G. unter dem Spiegel weggeduckt? Wie hoch war ihr Tempo? Wie groß der Abstand zum Vordermann? Gab es Lücken? Hatten sie die Hände am Ober- oder Unterlenker? Wann haben sie den Lkw bemerkt? Wie viele Fahrer waren hinter ihnen? Wie viele vor ihnen?“ Die detektivische Ermittlung soll ihn zur Wahrheit führen. Einer Wahrheit, auf der er ein gerechtes Urteil begründen will. Nicht irgendeine Wahrheit. Sondern die Wahrheit. Die Wahrheit, die ihm ein Urteil erlaubt, das Täter und Opfer gleichermaßen gerecht werden soll.

Fräßdorf ist ein junger Richter. Man kann ihn sich am Wochenende gut auf einem Surfbrett vorstellen. Oder auf einem Rennrad. Höchstwahrscheinlich ist er auch Autofahrer. Welches Bild entsteht da gerade in seinem Kopf? Wie setzt er die Puzzelteile zusammen? Was macht er mit den Aussagen von Angeklagtem und Zeugen, die nicht zusammen passen wollen? Einige der befragten Radfahrer leiden noch heute an Taubheitsgefühlen in der Hand oder reagieren beim Aufheulen eines Dieselmotors verschreckt. Wird sich das auf sein Urteil auswirken?

Nur das leise Tastenklicken der Gerichtsstenographin ist zu hören. Sonst nichts. Eine nachdenkliche, traurige Stille. Dann der nächste Zeuge. Und wieder die gleichen Fragen. Die Behauptung des Angeklagten, dass die Radfahrer zu dritt nebeneinander fuhren, mag keiner bestätigen. Bei diesem Punkt kündigt Nebenkläger Römmig an, die Aussage als Lüge zu widerlegen. Außerdem hat er zwei Zeugen aufgeboten, die Kay I. als aggressiven Fahrer belasten. 14 Tage vor dem Unfall sei es am Deich nach einem kritischen Fahrmanöver zu einem Handgemenge gekommen.

Für den 14. August, dem nächsten Verhandlungstag, will Römming außerdem einen Mercedes-Fahrer aussagen lassen. Dieser hatte angegeben, einen halben Kilometer vor der Unfallstelle von Kay I. mit viel zu hohem Tempo überholt worden zu sein. Sein Verteidiger Rolf-Peter Rocke wird es nicht leicht haben, ein mildes Urteil für seinen Mandanten rauszuholen. Mit ruhiger Stimme fragt er bei den Zeugen nach: „Was macht sie so sicher, dass sie in Zweierreihe gefahren sind?“, will er wissen und dreht nervös seinen Kugelschreiber zwischen den Fingern.

Rockes-Strategie zielt darauf, Fehlverhalten oder Unachtsamkeiten bei den Radfahrern zu finden, die sich strafmildernd für Kay I. auswirken. Konzentriert blättert er in den Akten. Plötzlich kommt zu einem Wortgefecht zwischen Rocke und Römming, weil dieser Fragen stellt, die den Angeklagten belasten. „Sie müssen mich nicht belehren“, faucht Römming. „Das gehört sich nicht unter Juristen.“ Rocke hält dagegen: „Doch, manchmal muss das sein. Denn ich habe eine Info, dass die Sportgruppe auch mal in Dreierreihe fährt.“ Dann will er von einem Zeugen wissen, wie die Aufgabenteilung in einem Rennrad-Verband organisiert wird.

Zu einem Urteil kommt es nicht mehr. Richter Fräßdorf vertagt die Sitzung um 14 Tage. Dann will er auch das Urteil verkünden. Insider gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft mindestens 150 Tagessätze fordern und/oder Freiheitsstrafe fordern wird. Das Dramatische dran: Kay I. ist überschuldet, wird keine Strafe zahlen können.


Falls ich Zeit finde, besuche ich auch den zweiten Verhandlungstag und werde berichten.
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Beitragvon Mike667 » 14.08.2013, 15:14

Das Urteil lautet 10 Monate mit Bewährung (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).

Später sicher mehr ...
sonja1
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Beitragvon sonja1 » 14.08.2013, 19:05

Mike667 hat geschrieben:Das Urteil lautet 10 Monate mit Bewährung (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).
Gemeinsam mit Harterbrocken war ich heute beim Fortsetzungstermin am AG Bergedorf. Der Angeklagte wurde zu 10 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt 2 Jahre. Sollte er sich also innerhalb der Bewährungszeit etwas zu schulden kommen lassen, droht ihm der Widerruf der Bewährung und die Freiheitsstrafe wird vollstreckt.

Das Urteil ist - soweit ich das wahrgenommen habe - noch nicht rechtskräftig. Es gab ein kleines Hin und Her bei der Frage, ob der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtet. Ich meine, er hat nicht verzichtet. Aber draußen hat der Verteidiger den Fernsehteams erklärt, daß sein Mandant das Urteil akzeptieren wird. Es ist also damit zu rechnen, daß das Urteil rechtskräftig werden wird.

Heute wurden noch zwei Zeugen gehört: ein beteiligter Rennradfahrer und der Mercedes-Fahrer, der kurz vor dem Unfall vom Angeklagten überholt wurde. Außerdem wurde der Unfallsachverständige gehört. Dieser hat sehr deutlich gemacht, daß einfach zu wenig Platz zum Überholen gewesen ist: Die Fahrbahn ist dort 5,90 m breit. Links und rechts ist Deich, so daß man nicht ausweichen kann. Ein Fahrradlenker ist ca. 50 cm breit. Zwei Fahrradlenker ergeben 1 m. Mit ein bißchen Abstand nimmt eine Zweierreihe also ca 1,20 m bis 1,30 m ein. Der LKW hat (inkl. Seitenspiegel) eine Breite von 2,90 m (wenn ich es richtig verstanden habe ...). Wenn er den anderen Radfahrer mit ca. 1 m Sicherheitsabstand überholt hat, bleibt für die andere Seite nur noch ein kleiner Spielraum. Daher mußte das schiefgehen (so oder so ähnlich wurde es formuliert).

Es wurde auch noch auszugsweise der Obduktionsbericht verlesen. Daraus ergab sich, daß es allein die inneren Verletzungen waren, die tödlich waren. Kopfverletzungen gab es nicht - vermutlich, weil der tödlich Verunfallte mit dem Kopf dem Seitenspiegel ausweichen wollte und dadurch mit dem Oberkörper gegen den Kastenaufbau des LKW prallte.

In den Plädoyers hat die Staatsanwaltschaft 10 Monate auf Bewährung gefordert, Nebenklage und Verteidigung haben keine konkreten Anträge gestellt, sondern nur betont, welche Aspekte aus ihrer Sicht bei der Urteilsfindung berücksichtigt werden sollten.

Es wurde immer wieder betont, daß kein Urteil der Welt den Unfall ungeschehen und Gordion G. wieder lebendig machen kann. Daher ist es auch nicht so einfach, ein gerechtes Urteil zu finden. Der Richter ist dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt und hat 10 Monate auf Bewährung ausgeurteilt.
Sonja - die radelnde Anwältin

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Beitragvon Grotefend » 14.08.2013, 19:25

Oh je, das ist wenig! Für mein Gefühl zu wenig, viel zu wenig. Ich weiß nicht, mit welchen möglichen Spitzfindigkeiten dieser Fast-Freispruch erreicht wurde. Aber eines ist für mich offensichtlich: Die Fahrbahn ist breit genug für zwei LKW. Also auch für einen LKW und eine Radfahrergruppe, selbst wenn sich durch Wechsel der Führungsposition vorübergehend vier Fahrer nebeneinander befunden hätten.

Der LKW-Fahrer hat dem Gordian rund fünfzig Lebensjahre genommen. Dafür pro Lebensjahr rund eine Woche. Auf Bewährung!

Ich hoffe doch, dass die Angehörigen, vielleicht auch die Staatsanwaltschaft, in Berufung gehen. Und wenn es bei den Angehörigen am Geld scheitern sollte, wären wir Radsportfreunde in Hamburg zu Hilfe und Unterstützung aufgerufen.

Grotefend
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