Jeantex Tour-Transalp '10 (Berichte)

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Helmut
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Jeantex Tour-Transalp '10 (Berichte)

Beitragvon Helmut » 30.06.2010, 23:39

Laufend Berichte von jeder Etappe gibt's vom Veranstalter:
http://www.tourtransalp.de/

und vom Mixed-Team Hanka Kupfernagel, Cross- und Zeitfahr-Weltmeisterin, und der Masters-Weltmeister im Cross, Jens Schwedler:
http://www.stevensbikes.de/teams/node/421

Unser aller Janibal ist auch dabei, wir hinterher vielleicht auch etwas über seine Teilnahme schreiben.
Zuletzt geändert von Helmut am 15.07.2010, 01:36, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Christoph
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Jeantex Tour - Trans Alp

Beitragvon Christoph » 11.07.2010, 19:56

Ich bin mit meinem Partner auch die Trans Alp 2010 gefahren. Im Jahr 2006 sind wir schon mal dabei gewesen und als großen Unterschied zu damals kann man sagen, die Fitness im Feld und die Hardware unterm Po der Teilnehmer ist doch arg besser geworden. Nichts desto trotz kann man diese Tour wir im Team Seven Up als Touristik fahren......siehe Bericht:
http://www.tv-neuenkirchen.de/magazin/a ... &topmenu=2

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Janibal
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Jeantex Tour-Transalp '10 (Bericht)

Beitragvon Janibal » 12.07.2010, 04:36

<b>Janibals Trainingslager Transalp von Ende Juni bis Anfang Juli
Wie eine Trainingseinheit die nötige Härte bekommen kann</b>

<b>Vorneweg:</b>

1.) Bin ich nie gefahren
2.) Nach vier Teilnahmen wird die Fünfte schon fast zur Gewohnheit und Hochspannendes stromlos, so bin ich etwas betriebsblind.
3.) Berichte vom Renngeschehen (Sieger, erster Verlierer oder meinen Kampf um Platz 300) werden ganz kurz
4.) Bilder von der Strecke habe ich nicht, könnte aber die von den letzten Jahren zeigen
5.) Spielregeln unter www.tourtransalp.de

Bleibt: Was passiert auf solch einer Veranstaltung in der ganzen Zeit, wenn die Räder sich nicht drehen?

<b>Tag –x:</b>

Der Tag, an dem die Anmeldung zur achten Austragung der Jeantex Tour Transalp (JTT) frei geschaltet wird. Die Regeln sind einfach: Du startest mit dem Partner, mit dem du dich auch anmeldest. Ab 12:00 Uhr (high noon) geht es FIFT (First in – First Teilnehmer). In Marburg wurde die Idee geboren, mal mit mehreren Partnerschaften anzutreten. Ich habe mich bereit erklärt, das sechste Rad am Wagen zu sein, wenn es denn klappt, mit der Anmeldung. Die Plätze sind schnell weg. Es hat geklappt. Ab nun gibt es ein Ziel mehr, im Sommer über die Alpen, so wie Hanibal damals, nur mit dem Rad und Gepäcktransport und Verpflegung und mit nur 1.500 Männer und Frauen. So sind drei Marburger Partnerschaften angemeldet: Eine reine mit Rainer und Patch, eine internationale mit Bruder und Clive (Wales, England, GB) und meine mit mir und Lothar. Wir alle sind schon etwas erfahrener und somit werden wir als Master eingestuft (zusammen über 80 Jahre alt).

<b>Tag 0:</b>

Transfer von Bargteheide nach Mittenwald. Mit dem Zug. Unterwegs gable ich den Clive in München auf, der Rest kommt mit dem Auto an die Berggrenze. Lothar und Patch haben ihre Söhne Aron und Pablo dabei, als Supporter und um ein Auto über die Alpen zu bringen. Auch werden die Schlafplätze getrennt sein, Clive, Bruder und ich gehen ins Transalp-Camp, die anderen haben versucht Betten in den Etappenorten zu mieten.

Das Wetter hat sich unserer Laune angepasst und strahlt. Der Anmeldeablauf ist mir bekannt: (S)passbild und Verzichtserklärung bereit halten – richtige Schlange für die Startnummer – Camp bezahlen, Ausweis und Essenmarken entgegennehmen – Normtasche holen – fertig.

Der Uli Racedirector Stanciu läuft mir über den Weg und ich bedanke mich per Handschlag beim ihm, dass es wieder eine Tour gibt und ich dabei bin. Da gehören immer zwei dazu, einer der anbietet und einer der konsumiert. Ich glaube, so richtig hat er mich nicht einordnen können, bei den 1.500 Gesichtern, die da unterwegs sein werden, auch verzeihlich…

Dann in die Karwendel-Kaserne (Camp) und dort auf alte Bekannte getroffen, wie Mona und Tom (mixed) und andere Vor-diesem-Jahr-Starter sowie die Roadcrew bestehend aus Hubert, Kugelblitz und dem Dachs. Die Roadcrew ist so was wie die Rezeption im Camp, wobei die auch noch für den Bau selbiger und den Transport auf das „Zimmer“ zuständig ist. Das geht so von 6 bis 6 und sie fühlen sich auch manchmal so, wie auf der Route 66, aber dabei immer gut drauf, hilfsbreit und allwissend. Nur bei der Sprache hapert es ein wenig, klingt ein wenig süddeutsch…

In der Kaserne ist auch der Park ferme. Hier wird das Rad beaufsichtigt, wenn ich es nicht brauche. Ich rede meinem Alurad gut zu, es solle sich keine Sorgen machen wegen der Zukunft und so, zwischen all dem Carbon.

Mit einem Shuttlebus geht es zur Pasty-Party. Wobei das mit der Pasta ist schon richtig, aber Partys kenn ich anders. Hier ist eher ein Sit-in, beisammen speisen und von den Siegehrungen zugedröhnt werden. Wir sind ja auch keine Teenager mehr, eher Midlife-ager. Interessant wird es noch mal, wenn das Wetter für morgen bekannt gegeben wird und der Uli Racedirector Stanciu die morgige Strecke erklärt.

Nach der Veranstaltung machen wir noch ein Gruppenfoto vom Marbuger Bund und gehen zurück ins Camp, suchen einen Schlafplatz im freien. Was gibt es schöneres als unter dem Sternenzelt zu liegen?

<b>Tag 1:</b>

Augen auf, überall Berge am Horizont. Auch mal ganz nett. Und die Sonne ist auch schon da. Nachthemd gegen Radkleidung getauscht und Tasche an der Rezeption abgegeben. Die Tasche kommt dann auf LKW´s und wird zum Ziel gefahren.

Frühstück gibt es im Mannheim der Kaserne, wo schon so manche Erfahrungen einer Wehrübung weggetrunken wurde. Heute sieht man das alles etwas sportlicher und Alkohol gibt’s auch keinen.

Beim Auslösen meines Rades treffe ich ein Fori (Name hab ich wie immer vergessen) und wir loben Helmut für sein Durchhaltevermögen in Schweden und hoffen auf unseres in den Bergen.

Am ersten Tag stehen wir alle geordnet nach Startnummern vor der Linie, nur getrennt durch Blöcke. So treffe ich auf die Mona und den Tom (www.pulsanschlag.de) und wir seniorieren über vergangene Veranstaltungen und wünschen heiles Ankommen. Ich sehe meinen Partner Lothar und wie vereinbart werden wir heute alles geben, Hauptsache heil nach Sölden. Der erste Tag ist immer ein bisschen hektisch und so ist es schwer zusammen zu fahren.

Rennablauf 1: Lieblich ins Inntal, vorbei an Kühen übers Kühtai, nur noch bergan nach Sölden.

Highlight 1: Rampe am Kühtai, Krämpfe bei fast allen Flachländern. Erkläre den Ruhrracing Damen Team kurz vor Sölden, dass sie auf s Treppchen kommen, wenn sie so weiter machen.

Die Supporter sind auch schon zur Stelle und nach der Erstversorgung im Ziel halten wir an der Hauptstrasse nach weiteren Marburgern Ausschau, die auch nicht lange auf sich warten lassen.

Im Camp wird in die Rezeption eine Bar integriert und die Duschen sind im neuen Hallenbad von Sölden. In der Ruhezone gibt es noch einen Blick auf die Berge und das Ziel gratis. So verschlafe ich dann die erste Halbzeit zwischen Deutschland und England.

Die Zweite Hälfte schauen wir im Pastaraum auf Großleimwand und mit unserem Clive, der im inneren ja Walser ist und kein Engländer…. Deutschland hat dann 4:1 gewonnen und die Stimmung unter den Radfahrern auf dem Höhepunkt, zumindest gehen sie zum Lachen nicht mehr in den Keller. Verständlich, morgen ist das Dach der Tour zu erklimmen.

Heute gibt es keinen Sternenhimmel, das Söldental ist voll, laut und eng und so bleibe ich im Camp.

<b>Tag 2:</b>

Da die Taschen heute vor der Startaufstellung weg sein müssen, schließt die Rezeption heute sehr früh und so gammeln wir noch lange vor dem Start in der Mulifunktionshalle rum, da draußen es zu letzten mal kalt ist.
Heute haben mein Partner und ich auch einen Ehevertrag abgeschlossen. Wir bleiben zusammen, bis der letzte Anstieg uns scheidet.

Rennablauf 2: Inverser Ötztaler und dann aber rechts Zeitfahren nach Brixen, vorher noch einmal den Hang hoch um die Stadt von oben zu sehen.

Highlight 2: Schneewände auf dem Timmeljoch, langer Jaufen, Treffen auf dem Marktplatz in Brixen, 38°C.

Es ist heiß und so fahre ich direkt durch zum Camp. Hier kurz duschen, die Kamera geschnappt, an der Theke Bescheid gesagt und die Beine etwas vertreten, auf dem Gang zum Marktplatz. Hier ist mal endlich etwas los, der Brunnen wird zur Badewanne und die Cafes sind voller schlapper Radfahrer. Der Marbuger Bund ist auch eingetroffen, Clive wie immer mit Salzrändern auf dem Trikot. Die Supporter werden von mir unterstützt, indem ich für die Finisher gedachte Nahrung (Apfel) und Getränke an sie weiterreiche, bevor die umfallen.

Noch mal zum Camp und dann wieder Pasta auf dem Marktplatz, für die ersten sogar Freibier. Es ist noch zu hell für irgendwelche Computeranimationen und so stellt der Uli mit Körpersprache die morgige Strecke vor. Erst gehts hoch und dann runter, ist meistens so, meint er…. Und von oben wird wieder die Sonne lachen.

Schlafplatz ist im Stadion. Gegen Sonnenaufgang wird auch ein leichtes Deckchen nötig.

<b>Tag 3:</b>

Heute Kurzstrecke, unter 100. Dafür erster Blick auf die Dolomiten und mal 19% am Furkelpass. Neulinge haben Angst, Erfahrene wissen dass es weh tun wird. Bis zum Furkelpass gibt’s aber noch Frühstück und einen Marktplatz voll Carbon.

Rennablauf 3: Hoch, wieder runter, wellig und steil hoch, runter ins Ziel - ganz wie der Uli gesagt hat.

Highlight 3: Am längsten Anstieg der Tour packt Lothar ungeahnte Kräfte aus, mein Hinterrad bekommt einen Bremsplatten bei 70 km/h und es ist warm, nicht nur durch 19 m Höhenzuwachs auf 100 m Strecke.

Im Ziel in St. Vigil ein wenig verweilt und dann ins Camp. Hier an der Theke ein kaltes Fußbad genommen oder besser gesagt, die Socken gewaschen und dabei die Füße naß gemacht. Das Camp ist heute eine Schule und die Schlafenden sind Gerüchten zu Folge nach Bildungsgrad in den Klassenräumen verteilt. So muss ich draußen schlafen…

Vorher gibt es noch im Festzelt Hähndel mit Kartoffelsalat und Tomaten. Freigetränk nach Wahl inbegriffen. Freigetränk ist nicht Standard auf der Tour. Als Bett(Isomatten)hupferl schaue ich noch die erste Halbzeit Spanien gegen Portugal. Tatsächlich wird es angenehm kühl auf 1.250 m.ü.NN. Habe heute meine Ausbildung leichtsinniger weise unfreiwillig angefangen. Bin schon zum Dienstgrad Lehrbub aufgestiegen. Ordentliche Mitarbeiter vom TourStaff (Roadcrew) haben gelbe Oberbekleidung, einen Liegestuhl und eine Bierkarte für Kühlschränke auf den Lkws.

Morgen Königetappe!

<b>Tag 4:</b>

Heute laufen wir über zu den Hotelschläfern, zumindest fürs Frühstück. Das gibt es gegen einen Gutschein in einem der Ortansässigen. Schon unangenehm, so mit Radhose von goldenen Tellern zu essen. Auch sind die Gläser viel zu klein, so kommt die Saftpackung mit auf den Tisch. Und viel zu gemütlich, da steigt die Hemmschwelle sich Richtung Start zu begeben. Da ist aber die Musik besser…

Unterwegs bemerke ich, das ich den Mantel gestern durchgebremst habe. Die Lauffläche zeigt Fäden, also zum Maxxis Stand und einen neuen Mantel gekauft. Egal was für einen, die haben alle keine Laufleistung mehr, egal welcher Hersteller. Der nette Chef von Maxxis gibt ohne Aufforderung trotz meiner Notlage Rabatt. Standpumpe auch vorhanden und so mit neuen Mantel in Block C.

Die Blöcke geben den Stand in der Wertung wieder.

Block A: Leistungsfahrer mit oder ohne Radsportvergangenheit, gesponsort, 1. Klasse

Block B: Fahrer ohne finanzielle Sorgen und schlechter medizinischer Versorgung, Kampfklasse

Block C: Inkonstante Leistung, schaut ab und zu in die Berge, Touristenklasse

Block D: Darf mitfahren, weiß wie die Berge heißen, unsportliche schlechte Versorgung, Holzklasse.

Die Turmuhr zeigt die Lieder an, sieben Minuten vor neun beginnt Queen mit Bicycle Race….

Rennablauf 4: Runter!,dann Sella Runde ohne den 5. Pass, dafür den Passo Giau. Ziel Alleghe.

Highlight 4: Angenehm kühl zwischen 1.600 und 2.200 m.ü.NN, Teile der Holzklassefahrer bekommen am Giau etwas warmen Regen ab. Es kommen mehr Freizeitradler entgegen als an der Tour teilnehmen. Für 5 km auch mal flach.

Ziel ist in Alleghe am See. Hier ist es schön, aber eng. Rad im Park Ferme abgegeben, zum Camp gelaufen, Handtuch geholt und in der Eissporthalle geduscht, noch warm. Der erfahrene Transalper weiß, die sind irgendwann kalt, den Eindruck des Versiegens machen die immer… Wieder hoch zum Camp und Handtuch gegen Kamera getauscht. Komme noch rechtzeitig zum Einlauf der letzten vom Marburger Bund (Bruder). Unserer Supporter versuchen eher dem anderen Geschlecht näher zu kommen. Ein ganz natürlicher Vorgang…

Bruder startet gleich durch zu den Jungs von Rose. Sein Mavic-Freilauf versucht ein Fixi zu werden. Die Rose Jungs kennen das Problem und öffnen den Freilauf gekonnt. Eine Dichtung beginnt bei Dreck zu schleifen und versucht den Freilauf mitzunehmen. Problem bekannt, erkannt und behoben. Super. Großes Lob an die Rose-Jungs. Viele Defekte werden erst über Nacht behoben. Hier heisst es eher Route 611.

Heute habe ich noch etwas Zeit und lasse mich am Tresen der Camp-Rezeption nieder. Kugelblitz hat sich heute morgen den Daumen aufgesäbelt, kleiner Kratzer. Das Camp hat zwei Stockwerke und die Roadcampcrew hat teilweise den schwachen Radfahrern noch die Taschen aufs Zimmer geschleppt.

Am Tresen kommt es dann auch zum Witz der Tour: Nach getaner Arbeit werden ein paar Hülsen Bier geöffnet und als ein Radler meint: Auf ex! Fragt Kugelblitz nur: Welche?

Na, bis zur eher unlustigen Sieger-Pasta-Uli-Veranstaltung kriegen wir uns wieder ein und lauschen dem auf und nieder der Vorschau für morgen. Nachher lasse ich mit Carsten S. aus Kiel am Ufer des Sees den Abend ausklingen. Wir kennen uns von Veranstaltungen in Norddeutschland bis 300 km Länge. Wir versuchen zu klären, ob Lebensabschnittspartner nach Radverträglichkeit ausgesucht werden sollten…. Obwohl der liebe Gott Lebenserfahrung und Fahrräder gleichzeitig verteilt hat, kommen wir zu keinem klaren Ergebnis.

Heute Nacht kuschel ich mich an einen LKW auf dem Parkplatz und hoffe, dass der Berg über mir keine Steinchen verliert…

<b>Tag 5:</b>

Frühstück muss sein und am Abend eine Trinkflasche verloren. Sollte auch mit einer gehen und einer Plastikflasche im Trikot. Zu geizig eine zu kaufen, bei High5, der uns die Extranahrung stellt. Es wird bekannt, dass 12 Räder aus einen Hotelkeller geklaut wurden. Auch betroffen ein Kollege aus Wedel. Ziemlich ärgerlich, allerdings wurde in acht Jahren noch kein Rad aus dem Park Ferme gestohlen. Eigentlich klar, wo die Räder sein sollten in der Nacht. Alle können die Tour aber auf Leihrädern weiterfahren, größten Teils von Rose. Wäre auch schade, denn heute kommt eine nette Etappe:

Rennablauf 5: San Pellegrino – Deutschenofen – Kaltern, ohne Kojotenpass.

Highlight 5: Am Pellegrino sind ein paar Rampen vor dem 18%-Schild, der Teer wird stellenweise weich, vor Kaltern geht es noch mal rauf. Gerade noch Dolomiten, nun stinkende Weinberge.

Auch heute kommt die Etappenortskunde mir zugute. Der See unterhalb von Kaltern ist der wärmste in den Alpen, da er nicht tief ist, aber tief liegt. Also nicht lange am Ziel verweilt, sondern Kamera und Handtuch geschnappt und noch unterwegs den Carsten getroffen, auch hier der Hinweis an ihn, er solle zum See, Bilder vom Marburger Bund auf der Strecke gemacht (wie einfach ist es zu sagen: ein Kurve noch, dann seht ihr wo ihr seit) und zum See gerollt.

Hier gibt es nahe dem Kojotenpass eine öffentliche Badestelle. Eintritt 4,5 €, dafür mit Kiosk, gepflegten Rasen, Bademeister, Umkleidekabinen und nette Badegästinnen. Noch drei andere Fahrer aus dem Feld genießen den Ausblick auf die Berge in der näheren Umgebung…. Da hilft ein Bad im 25°C warmen Wasser nicht viel….Nur die wenigen quietschlebendigen Kinder am Strand weisen indirekt auf die Folgen hin…

Die Rückfahrt nach Kaltern ist etwas beschwerlich, da es nun bergan geht und es immer noch kapp 40°C sind. Das meint dann auch der Carsten, in Kiel geht’s von der See eher flach nach Hause. Nach etwas Pasta gehen wir durch Kaltern und heute haben die Veranstaltung… Musiker an jeder Ecke, alle Geschäfte lange offen, Weinprobe überall und Schachtunier, einer gegen 20.

Wir sitzen im Restaurant auf dem Marktplatz und überlegen die weitere Strategie. Plätze halten und genießen, Zurückfallen und hinten Freunde gewinnen oder mit allen Mitteln Plätze gut machen. Wir verschieben die Ansage auf morgen, denn wir wissen nicht ob das Bier sich mit den Voltaren verträgt, unsere Räder noch lange ohne Defekt bleiben und ganz entscheidend: Ich kenn die Etappe nicht und damit auch nicht die Pässchen…

Zum Campleben konnte ich heute nicht viel beisteuern, außer Berggeschichten vom See… Geschlafen in der Parksportanlage des Camps auf Augenhöhe mit einen Igel…

<b>Tag 6:</b>

Das Rad hat heute in einer der ortsansässigen Weinkeltereinen übernachtet. Mal sehen, ob es nüchtern geblieben ist. Vorher noch Frühstück, nachdem die Tasche der Campleitung übergeben wurde. Irgendwie wird die immer schwerer oder ich schwächer. Auf alle Fälle gilt, ab Kaltern haben viele Taschen einen Aufkleber "Vorsicht Glas!" verdient.

Strategie heute ist wieder klar, alles was geht und rausnehmen, wenn die anderen anfangen zu klagen. So sehen es auch die beiden etwas älteren Jungs von den FC St. Pauli Radpiraten, Wolf und Klaus.

Klaus hat gestern noch sein Hinterrad auf der Hotelsuche verloren, na zumindest ein paar Carbonspeichen. Als er auf der Straße gewendet hat, ist ein Italiener mit seinen Rad da reingefahren. Nur Materialschäden und Rose hat ein Laufrad geliehen. Originalrad gibt’s am Ende zurück und kann dann selbst eingeschickt werden. Ärgerlich, trotzdem sind beide heute wie immer super gelaunt und freuen sich starten zu dürfen. Nicht mehr am Start ist die Hanka, Termine.

Rennablauf 6: Ulimäßig - Erst geht’s rauf und dann wieder runter, danach wechselhaft. Zeitnahme vor Trento in den Bergen.

Highlight 6: Mal wieder mehr Prozente als der Wein. Und lange. Die FC St. Pauli Radpiraten sind auf unserer Höhe bis vor der zweiten Verpflegung Lothar einen Schleicher bekommt. Reparatur mit Standpumpe an selbiger. Trotz Sonne zwei Regentropfen abbekommen.

Zusammenkunft ist der Domplatz in Trento. Von der Autobahn aus gesehen eine nicht wirklich einladende Stadt. Hat aber vielen Fahrern gut gefallen, da es eine große Uni gibt und damit auch das soziale Leben eher jung und einfach gehalten wird.

Das Thermometer zeigt am Abend immer noch 36°C. Im Camp fallen zwei um, so wie auch schon einer bei der Zeitnahme der Hitze nicht stand gehalten hat. Im Camp übernehme ich die Rezeption, während sich die Leitung mit den Ärzten um den Kreislauf kümmert. Werde darauf hin ins zweite Lehrjahr befördert und die Zwischenprüfung naht…

Holland hat Brasilen besiegt und unsere niederländischen Fahrer werden orange. Ich begleite sie durch die Stadt und alles was orange ist, wird als Fan mit einbezogen. Die können richtig feiern und ein Sieg wird nicht nur abgehakt. Wieder eine laute Pastaparty und anschließend zwischen Uweselas und Trommeln gibt es das Spiel zwischen Ghana und Uruguay. Die älteren Teile des Marburger Bundes halten bis zur Verlängerung durch, die Supporter mit mir sogar das Elfmeterschießen. Interessanter als das Spiel ist nur die Kellnerin…

In der Nacht wird mir schlecht und ich schlafe drei Stunden, die restliche Zeit ist Toilette angesagt, geht zehn anderen auch so. Wohl ein Zusammenspiel aus Hitze, Essen und körperlicher Belastung.

<b>Tag 7:</b>

Mein Bruder hat es auch erwischt, wir glauben heute nicht an einen Start und suchen Ersatzfahrer. Supporter Aron fährt für Bruder, offiziell abgesegnet. Ich nehme so ein Magenpulver und habe nur noch Beine wie Gummi und der Kreislauf startet nicht so richtig. Hunger ist auch ein anders Gefühl. Aber alles bleibt hinter den Zähnen und so die Strategie heute: Bis zum Anstieg und dann schauen, ob Platz im Besenwagen ist, da war ich noch nie.

Vor dem Start zum Rescue Team und mal den Blutdruck checken lassen. Vor mir sind Fälle anderer Art: Verbrannte Fußsohlen, weil barfuss auf dem Marktplatz gelaufen, Blasen an den Händen, weil die durchgeschwitzen Handschuhe weich sind. Mein Blutdruck ist da, wenn auch 10 unter. Und ich bin ja nicht am umfallen. Heute kann ich nicht so recht lachen.

Rennablauf 7: 1.400 hm am Stück und dann könnt ihr den Rest wegdrücken…

Highlight 7: Angekommen.

Am Berg ist es zu meinem Glück viel bewaldet, so etwas schattig. Ich fahre trotz mäßigen Prozenten auf dem letzten Ritzel, saufe Cola aus dem Supermarkt und warte kurz auf der Leitplanke auf bessere Zeiten. Mein Partner ruft an und ich schicke ihn weiter, heute geht nichts und Bremsen hat er selbst zwei. Ich fahre da, wo es nicht um Plätze, sondern ums Überleben geht…

Bei der ersten Verpflegung komme ich an und mein Partner hat gewartet. Ich muss weinen. So gehen wohl auch die letzten Salze verloren und ich versuche in der Pause wieder etwas Blutzucker aufzubauen. Am Hinterrad fahre ich weinend die Abfahrt runter, immer schön konzentriert, damit es nicht zu einer Bewusstlosigkeit kommt. Unten angekommen eiere ich Lothar hinterher, Kette links. In einer Kneipe besorgen wir uns gekühlte Zuckerdrinks. Macht 15 Minuten kühlen Kopf. Auch kommen Tunnels und ich bleibe klar.

An der zweiten Verpflegung weine ich die Ärztin voll, stopfe Salzstangen und trinke Iso. Nach 15 min Pause ist wieder Blutzucker für 5 min da. Im Ziel weine ich immer noch und bedanke mich bei meinen Partner, der mich heute gerettet hat. Der Marburger Bund ist besorgt um mich und ich sage: 100 gehen immer…. Es waren nur 90 und schlafe direkt ein.

Als ich aufwache sind die ersten Verwandten (aus England) da und es bleibt noch zu sagen, dass unser Ersatzfahrer mächtig weit vorne angekommen ist. Ist halt jung, dynamisch und flexible.

Im Camp gibt es keine Rezeption und auch keine Theke mehr. Das Personal hat endlich Feierabend. Es geht noch mal zurück zum heutigen Ziel und dort spielt gerade Deutschland den Diego an die Wand. So wie Diego ging es mir heute den ganzen Tag.

Die Abschlussveranstaltung ist unter freien Himmel nahe dem Camp unter einer der Kletterwände von Arco. Es gibt Hähndel mit Pommes und es wird jeder geehrt, der die Veranstaltung erst möglich gemacht hat: Sponsoren, Ärzte, Taschenverteiler, Hubert, Kugelblitz, der Dachs, die Massagetruppe, den Flimweibchen und noch vielen mehr, z. B. dem Uli. Dann fängt es an zu Blitzen und Donnern, doch vorher bekomme ich die größte Auszeichnung von der Campcrew, die ein Transalper bekommen kann. Es ist gelb….

Der Rest wird im Gewitter abgebrochen und zugeschickt.

<b>Tag danach:</b>

Alles vorbei und ich würde sofort wieder mitmachen. Es hat unheimlich Spass gemacht, ich habe den Uli nie wegen der Streckenführung verurteilt, sondern es was immer wieder eine schöne Herausforderung, wenn zu leicht, dann eben schneller fahren, die Nacht davor auf Toilette verbringen oder in die Disco Abtanzen. Quartier, Verpflegung und Service alles bestens, auch bei Ausnahmesituationen. Super organisiert und wenn du willst, bleibst du keine Nummer. Besonderes Lob an die Campcrew, da war ich gerne und komme gerne wieder.

Allen Verletzten gute Besserung.

Bilder unter http://www.facebook.com/album.php?aid=1 ... 5aaa9c4292
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Beitragvon NOBNOB » 16.07.2010, 08:15

riesen Respekt.
toller Bericht!
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Johanna
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Re: Jeantex Tour-Transalp '10 (Bericht)

Beitragvon Johanna » 16.07.2010, 10:33

Janibal hat geschrieben:<b>Wir versuchen zu klären, ob Lebensabschnittspartner nach Radverträglichkeit ausgesucht werden sollten….
Es macht vieles ein bisschen einfacher wenn Frau die gleiche Begeisterung für den geliebten Sport empfindet. Wenn der Leistungsunterschied allerdings zu groß ist wird es wieder kompliziert. Dann hat Mann die Frau an den Hacken....oder umgekehrt.... ;)
Gemeinsame Radurlaube und gemeinsames Fachsimpeln nach Veranstaltungen ist was wunderschönes!

Ein toller Bericht, ganz klasse geschrieben.

:wink:
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Grotefend
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Beitragvon Grotefend » 16.07.2010, 11:43

Wow!!! Super Leistung :Respekt:! super Bericht :GrosseZustimmung:!
Und bei allen Strapazen den Humor nicht verloren. :Clown:

Ich bin grün vor Neid, so was nicht zu können.
Bin leider erst Ü 50 zum Radsport gekommen. :Greis: Das war eindeutig zu spät.
(Man müsste noch mal xxzig sein).
Grotefend
Sonne in den Speichen sieht nur, wer sein Rad bewegt.
Bagdad-Biker

Beitragvon Bagdad-Biker » 16.07.2010, 22:09

:Respekt: Verdammt Jan, Du bist ein Tier!!! :Respekt:
Das nimmt ja übermenschliche Züge an bei Dir.
Und wieder toller Bericht!
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tierfreund23
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Beitragvon tierfreund23 » 17.07.2010, 22:30

Wunderschöner Bericht. Und Respekt für die Leistung. :Respekt:
Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte,
drum gab er Säbel, Schwert und Spieß, dem Mann in seine Rechte,
drum gab er ihm den kühnen Mut, den Zorn der freien Rede...

Zitat: Ernst Moritz Arndt 1812
Ötzy
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wenn am morgen mal die zeitung fehlt...

Beitragvon Ötzy » 17.07.2010, 22:41

...lese ich einfach solche schönen berichte wie diesen hier von janibal.

tolle schreibe !
da macht das lesen wirklich laune.

danke für deinen bericht !


:cool: tzy
anmerkung: heute morgen war die seite nicht mehr aufzurufen, eine antwort somit nicht mehr möglich

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