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Rocket Girl vom Team Romantica schrieb
<b> Kopflos nach Göttingen</b>
Als ich Ostern krank im Bett liege, gewinne ich auf Helmuts Fahrrad Seiten einen Startplatz für die Tour de Energie. Ich bin himmelhochjauchzend zu tode betrübt: „Yippieh, ich habe auch mal was gewonnen!!!“ „ Ach Du dickes Ei, wenn Du schnell gesund wirst, bleiben Dir genau zwei Wochenenden zum Trainieren!“
Mein Körper spielt mit, beeilt sich mit dem gesund werden und auch das Wetter zeigt sich die nächsten zwei Wochenenden von der freundlichen Seite, so daß ich noch mal schnell etwas Ausdauer in mich reinprügeln kann. Und dann wird’s ernst: Thorsten und ich fahren bereits am Samstag nach Göttingen zu Freunden. Beim Ausladen meines Rades entdecke ich zwei-drei ordentliche Cuts im Reifen und beschließe spontan, doch noch schnell neue Reifen zu kaufen und aufzuziehen. Ich danke Karstadt Sport in Göttingen, daß sie meine missliche Lage nicht ausnutzten, sondern den Conti 4000s an diesem Tag zu einem durchaus moderaten Preis über die Ladentheke schieben...
Beim Abendessen kommt kurz auch das Thema Fahrradhelme auf, als es mir siedendheiß den Rücken runter läuft: Mein Helm hängt warm und trocken zu Hause in Hamburg!!! Als Mutter zweier Schulkinder benutzt meine Freundin in Göttingen zum Glück einen Radhelm, der mir glücklicherweise auch passt. Gnädigerweise entpuppt er sich als dezent-grauer Helm, der nicht weiter auffallen wird. Ganz ehrlich: auch wenn es ein Lillifee-Helm gewesen wäre, ich hätte ihn trotzdem genommen...
Am Rennmorgen bekommen wir ein perfektes, hammergeiles Sportler-Frühstück kredenzt, das keine Wünsche offen lässt und garantiert keine Entschuldigung sein wird, wenn wir keine ordentliche Zeit fahren. Das Wetter spielt Katz und Maus mit uns, man kann sich nicht so recht entscheiden, was man anziehen soll. Ich entscheide mich für Überschuhe, kurze Hose, Armlinge und Windweste. Und dann geht’s los zum Start. Im Startblock selber stehen wir neben zwei Herren von der Sartorius Rennradgruppe, die amüsiert mein Cockpit bestaunen: da klebt auf dem Lenker das Höhenprofil der Strecke (ich finde es immer angenehm zu wissen, was noch auf einen zu kommt) und auf dem Oberrohr ein PowerBar in mundgerechten Happen (ich habe immer die Vorstellung, ich lande in einer irregroßen Gruppe, in der es unglaublich eng ist und ich mich dann verheddere, wenn ich aus der Trikottasche hinten einen Riegel rausfummeln muss und plötzlich auf der Nase liege). Da wir in der Sonne stehen, entledige ich mich mutig noch meiner Armlinge und meiner Weste.
Der Start selber geht in Göttingen immer recht zügig und organisiert über die Bühne und da die ersten ein bis zwei Kilometer neutralisiert sind auch recht gesittet. Thorsten, der mir auf der Fahrt nach Göttingen mantramäßig immer wieder erzählt hat, daß er bei mir bleibt und daß er zusammen mit mir über die Ziellinie fahren wird, fährt los wie ein junger Hund (das mit dem Zusammenbleiben war SEINE Idee, nicht meine...). Ich habe Probleme hinterher zu kommen, beiße die Zähne zusammen, weil ich sein Vorhaben nicht schon auf dem ersten Kilometer durchkreuzen will. Auf den nächsten 10 Kilometern wird es ein paar Mal passieren, dass ich nicht dran bleiben kann, abreißen lassen muss, Thorsten dreht sich um, nimmt Tempo raus, ich arbeite mich wieder ran, Thorsten dreht sich um, sieht mich und zieht das Tempo sofort an, weswegen ich gleich wieder abreißen lassen muss usw.... Bekloppter geht’s kaum... Nach ein paar Kilometern beschließe ich, einfach mein eigenes Tempo zu fahren, da ich als Göttingen-Wiederholungstäter weiß, was da noch an Strecke auf mich wartet. Die Steigungen quäle ich mich wie immer rauf und rausche die Abfahrten umso euphorischer runter. Auf der Hälfte der Strecke fährt man unten ca. 10 km an der Weser entlang. Dort treffe ich erst den einen der beiden Sartorius Herren wieder, der mir gastfreundlich einen von seinen PowerBar Gummidrops abgibt, die er mir im Startblock stolz in seinem Oberrohrtäschchen gezeigt hat und wenig später auch Thorsten, der gefühlt eine halbe Stunde vor mir sein müsste! Ich befürchte schon, dass er Krämpfe hat oder sonst irgendwas passiert ist, aber: „ich habe doch gesagt, wir fahren zusammen! Also habe ich auf dich gewartet...“ Nun denn, einerseits freue ich mich sehr, andererseits hatte ich mich eigentlich grade ganz gut in meinem Tempo eingerichtet.
Und dann kommt der Regen... Erst ein kleiner Schauer, dann dicke fette Tropfen, wie ich später erfahre auch mit Hagel. Nun gut, was soll's, zum Umkehren ist es zu spät und zum Glück ist es von den Temperaturen recht mild, also einfach ignorieren. In Hemeln dann nicht links abbiegen zum Biergarten, sondern rechts, den Berg wieder rauf. Kaum geht es leicht aufwärts, ist Thorsten wieder kommentarlos weg nach vorne. Anscheinend haben wir unterschiedliche Interpretationen von dem Satz „wir bleiben zusammen“... Ich lasse mich nicht stressen und arbeite mich Meter für Meter den Berg hoch. Dann ein paar Kilometer Erholung, bevor der Schlussanstieg zum Hohen Hagen kommt. Dort am Hohen Hagen fühlt man sich jedes Mal ein ganz kleines bisschen wie die Profis in Alpe d'Huez: Am Straßenrand stehen trotz Regens recht viele Zuschauer und feuern jeden Einzelnen engagiert an, großartig! Überhaupt ist das Publikum bei der Tour de Energie sehr ausdauernd, geduldig und stimmgewaltig, Chapeaux!
Und dann kommt die Abfahrt vom Hohen Hagen, auf die ich mich sonst immer unglaublich freue, die mich eigentlich immer für die ganze Schinderei bergauf entschädigen muss. Die Straße ist patschnass und an vielen Stellen mit Blütenblättern und Blütenstaub bedeckt. Oberste Vorsicht also statt Attacke... Vor mir fährt ein Herr so vorsichtig um die Kurve, ich habe das Gefühl ich muss ihn gleich um die Kurve tragen... Egal, Hauptsache heil ankommen. Am Ende der Abfahrt kommen noch mal 20 km durch die Ebene und man sollte schauen, daß man da nicht alleine ist, das wird sonst eine elende Quälerei. Zusammen mit einer handvoll anderer Fahrer knallen wir mit dem letzten Schwung von der Abfahrt durch die Felder, als ich plötzlich weit vor mir Thorsten entspannt am Straßenrand auf seinem Rad lehnen sehe. Ich denke, ich sehe nicht richtig, ahne schon sein Vorhaben und mache mich rechtzeitig stimmlich bemerkbar. Er fährt los und setzt sich gleich an die Spitze unserer kleinen Gruppe. Der ist tatsächlich in einem Rennen abgestiegen, um auf mich zu warten, nur damit wir zusammen über die Ziellinie fahren! Total bescheuert lieb...
Und dann gibt er noch mal alles und fährt eine Gruppe kaputt gespielter, dankbarer Rennradfahrer nach Göttingen über die Ziellinie. Danke! Der nette Sartorius Herr hatte sich auch wieder in dieser Gruppe eingefunden und bedankte sich im Ziel ausdrücklich noch mal bei Thorsten. Eine sehr nette Geste, wie ich finde.
Unterm Strich ist das Rennen für mich gar nicht so doof gelaufen: Trotz einer nicht grade optimalen Vorbereitung und trotz des Regens und Unwetters war ich grade mal eine Minute langsamer unterwegs als vor zwei Jahren. Mit 3:42 bei weitem keine glorreiche Zeit, aber ich bin damit zufrieden.
Ach ja, und das Gruppenfoto hinter dem HFS-Banner habe ich auch noch gemacht. Siehe oben.
Helmut, es tut mir leid, daß ich nicht noch an dem Banner gewartet habe, ob Du kommst oder der andere Gewinner des Startplatzes, aber ich war klatschnass... Von daher Gruppenbild mit ich und ich und ich...