Sorry, aber mein Bericht ist einfach sehr lang geworden. Respekt und Dank, für diejenigen, die die Kondition haben, ihn sich ganz durchzulesen!
Nun komm ich (rechts) auch endlich dazu, ein paar Zeilen zu schreiben. Als ich gestern abend Zuhause ankam, war ich einfach zu platt, aber dafür mehr als happy über ein perfektes Wochenende!
Ich bin schon Samstag abend angereist, um die für mich sehr spezielle Atmosphäre der Veranstaltung in dieser fantastischen Stadt zu 100 % aufzusaugen. Da ich aufgrund meiner persönlichen Geschichte viele Jahre in Göttingen verbracht habe, ist dieses Rennen eine echte Herzensangelegenheit und daher für mich ein absolutes Saison-Highlight!
Letztes Jahr habe ich zum ersten Mal teilgenommen und bin leider etwas kränklich angeschlagen die 85 km-Strecke gefahren. Das Erlebnis war schon 2008 ein ganz großes, das Ergebnis allerdings ziemlich ernüchternd (424.).
Dieses Jahr wollte ich alles besser machen, um früher als letztes Jahr fit zu werden. Ich legte mich generell bei allen diesjährigen Wettkämpfen auf die Kurzstrecken fest, weil der Trainingsaufwand nicht zu lang ausfällt und ich trotz der kürzeren intensiven Trainingseinheiten mehr Zeit für meine Frau habe. Ende Februar war ich dieses Jahr zum ersten Mal auf dem Rennrad und bis heute sind etwa (für viele nur) 750 km zustande gekommen, die ich allerdings stets intensiv gefahren bin (drei mal bei der Dienstagsfahrt der RG UNI Hamburg). Ich hatte mich -wie es meine Art ist-ausgiebig mit der Strecke und seinen Teilnehmern beschäftigt und mir bei einer Teilnehmeranzahl von knapp 500 eine Platzierung unter den TOP50 und TOP20 meiner AK zum Traumziel gesteckt.
So kam ich dann Samstag abend an und holte meine Unterlagen ab. Kurz bevor ich es mir in einem Geräteraum bequem machte, traf ich noch auf Helmut und seine Exercycle-Crew. Auch mit Fernreisenden aus Gladbach und Cuxhaven kam man ins Gespräch. Man spürte schnell dieses positive Kribbeln: Morgen früh geht´s schon los...
Am nächsten Morgen beim Frühstück sah ich dann Helmuts Trupp wieder, die mich fragten, ob mich Helmuts Schnarchen auch gestört hätte (glücklicherweise trug ich Oropax
). Ich lernte Luciano kennen und wie es der Zufall will, haben wir den gleichen Prof. (Die Welt ist klein).
Vorm Start bei steigender Aufregung noch kurz gen Bismarckturm eingeradelt und einen Power-Riegel verdrückt, habe ich dann zugeschaut, wie alle Blöcke gestartet wurden. Erst 15 Minuten nach Block F wurden wir auf die Reise geschickt. Ich hatte mich ziemlich weit vorn platziert, um so lang wie möglich vorne mitzumischen. Mein Puls stieg direkt auf 165. Als die Fahne zum offiziellen Start geschwungen wurde, kam die übliche Hektik auf, die im flachen Gelände so gefährlich ist.
Erst als das Gelände hinter Mengershausen merklich anstieg wurde das Rennen ruhiger. Dafür ging der Puls rasant nach oben. Die vier Kilometer dauerhafter Anstieg verbrachte ich stets am Schwanz der immer kleiner werdenden Kopfgruppe mit einem Puls von 185. Nach der Streckenteilung folgten im Wechsel ein paar kleine Flachstücke und wiederum längere Anstiege. Das Ausscheidungsrennen setzte sich fort. Am Scheitelpunkt am Bördeler Berg in 415 m Höhe hatte ich noch Kontakt zur etwa 40 Mann großen Führungsgruppe, aber der Mann mit dem Hammer schlug auf mich ein. Als es bergab nach Dransfeld ging waren meine 66 km/h Spitze nicht schnell genug, um im Windschatten der Vorderleute zu bleiben. Das Loch wurde immer größer. Nun schnell noch ein Powergel reinziehen und mental auf den Hohen Hagen vorbereiten!
Am Campingplatz bei 11 % ging der heftige Anstieg zum Scharfrichter der Tour d´Energie los. Hier waren nun deutlich mehr Zuschauer an der Strecke. Ich hatte sogar das Gefühl, dass es viel mehr waren als im letzten Jahr. Den ganzen Anstieg brüllten sie uns mit lauter Geräuschkulisse uns nach oben. Auch war der Asphalt stark beschrieben. Ich hatte leider wenig Zeit und Kraft, um diese Kulisse noch stärker aufzunehmen. Ich musste erstmal versuchen, über diese verflixt steilen Kilometer zu kommen ohne viel Zeit einzubüßen.
Ich hatte aber spätestens bei der steilsten Rampe am Waldrand meinen Rhythmus gefunden und so konnte ich meine Platzierung in etwa halten. Oben an der Kurve zur Verpflegungsstation in 480 Meter Höhe war der Teufel los (siehe Link zum Video). Ich war froh, die heftigsten Herausforderungen des Tages gemeistert zu haben. Aber nun folgte noch die zweite Rennhälfte mit weiteren Positionskämpfen.
In der Abfahrt hatte ich dann zu zwei weiteren Rennfahrern aufgeschlossen. Die Kopfgruppe war am Hohen Hagen zerfleddert worden. Zu dritt holten wir per Belgischen Kreisel zwei vor uns befindliche Grüppchen ein. Zwischendurch kamen mir Zweifel auf, ob ich das Tempo bin zum Ende durchhalten könnte. Zwischendurch tat sich ein großes Loch zum Vordermann auf, ich spürte einmal einen Wadenkrampf, aber irgendwie schaffte ich es doch, wieder an die größer werdende Gruppe heranzufahren. Zwischendurch waren wir wohl zu acht. Niemand konnte zumindest von hinten aufschließen, unser Tempo war also hoch.
Als es flacher wurde, merkte ich, dass ich mich wieder besser fühlte. Nun waren es ja auch nur noch zehn Kilometer ins Ziel. Leider lief die Gruppe nicht mehr so gut, immer wieder ließen Fahrer ihre Fahrt im Wind aus und der Rhythmus wurde unterbrochen. Schade eigentlich, denn eine sieben Mann große Gruppe war nicht mehr zu weit entfernt.
Stadteinwärts waren wir dann nur noch zu sechst. Niemand wollte mehr unbedingt vorn fahren, wodurch mir das Tempo fast wie trödeln vorkam. Ich blieb in zweiter Position, ging aber nicht mehr an die Spitze. Als wir in die Bürgerstrasse einbogen und die 5000 lautstarken Zuschauer schon zu hören waren, durchströmte mich Adrenalin, ich schaltete herunter. Gleich ist es geschafft! Dann plötzlich scherrte mein Hintermann aus und hatte einen wahnsinnigen Antritt, ein weiterer Fahrer überholte mich. Nun ging die Post ab. Ich hinterher und mit 50 Sachen bei der leicht ansteigenden Zielgerade konnte ich noch einen Fahrer zurückübersprinten (Puls 192!). Ich war happy. Die Leute jubelten und der Kommentar des Sprechers lautete Platz 36! Ich war überglücklich! Das war mein Rennen! Ich hob den Arm und freute mich als hätte ich gewonnen. 1:15:12 reichten auch für Platz 16 in meiner AK. Schön, dass im 46km-Rennen bei den ersten 50 Fahrern, das Überfahren der Ziellinie entscheidend war. So hat sich mein Kraftsprint zumindest für die Gesamtwertung noch gelohnt.
Danach legte ich mich vollkommen erschöpft, aber überglücklich unter einen Baum in den Schatten und wartete auf meine 82km-Schützlinge, die ebenfalls happy und gesund das Ziel erreichten.
Fazit: Absolut perfekt organisiertes Event mit traumhaftem Wetter, schöner Strecke, klasse Kulisse und mit für mich persönlich durchweg positiven Erlebnissen!
P.S. Schaut Euch das Video des Göttinger Tageblatts an. Die Stimmung am Hohen Hagen wird hier toll eingefangen! Bei 1.35 könnt Ihr dann sehen, wie ich mich freue...
http://www.goettinger-tageblatt.de/Mult ... 4727986001