Paris - Brest - Paris 2015 (Bericht, Bilder +Video)

Benutzeravatar
quasarmin
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 392
Registriert: 13.04.2006, 10:33
Wohnort: Eckernförde

Beitragvon quasarmin » 05.09.2015, 11:00

Moin

vielen Dank für die tollen Berichte von PBP 2015. Sie haben mich an viele meiner Erlebnisse bei PBP 2007 erinnert. Ich habe die Tour damals in 88,5 Stunden gefahren, auch vollkommen ohne Support, alles auf dem Rad mitgeschleppt, in Wind und Regen die ersten 600 km keine vernünftige Schlafgelegenheit gefunden. Auf dem Rückweg dann zunehmende und schliesslich heftige Probleme mit einem Knie, Halluzinationen in Form, dass in Dreux auf einmal alle mit Helm das gleiche Gesicht hatten und dass ich auf dieser letzten Station etwa eine Stunde lang mein Rad gesucht habe, weil ich vergessen habe, wie es aussieht.

Alles das fiel von mir, als ich zusammen mit einem Amerikaner die letzten Kilometer auf das Ziel zufuhr, der Schmerz, die Müdigkeit war weg, nur eine leichte Mattheit war zu spüren. Am liebsten wäre ich gleich wieder losgefahren, denn plötzlich fehlte etwas. Das tagelange Etappenfahren, die Stempelei, die Dialoge mit Mitfahren wurden zur Routine, fast schon ein Mikrokosmos, losgelöst von allem anderen. Mit PBP taucht man eine Zeitlang in eine andere Welt.

Diese Erlebnisse werde ich nie vergessen, die ersten Monate nach der Tour war PBP stets gegenwärtig in meinen Gedanken. Auch heute denke ich immer wieder an PBP zurück. Fahren werde ich diesen Brevet und auch andere nicht mehr. Es ist in den Jahren, in denen ich Brevets gefahren bin, immer alles gut gegangen, das Ziel PBP einmal im Leben zu fahren ist erreicht und ich bin sehr stolz darauf es ganz alleine geschafft zu haben. Ganz alleine ist natürlich nicht richtig, geholfen hat mir die Erfahrung von den alten Randonneuren, von denen ich damals viel gelernt und profitiert habe. Unterm Strich hat PBP für mich viel gebracht. Ich finde es heute noch richtig daran teilgenommen zu haben. Man muss aber auch erkennen, wann man damit aufhören sollte.

Viele Grüße
Armin

Bild
"Bei langen Missionen sind Läuse störend." -- Aus dem Samurai-Handbuch
"Hagakure", 17. Jhdt.
Benutzeravatar
Helmut
Admin
Beiträge: 12394
Registriert: 03.04.2006, 22:15
Wohnort: Hamburg-Tonndorf
Kontaktdaten:

Beitragvon Helmut » 05.09.2015, 13:35

quasarmin hat geschrieben:Auf dem Rückweg dann zunehmende und schliesslich heftige Probleme mit einem Knie, Halluzinationen in Form, dass in Dreux auf einmal alle mit Helm das gleiche Gesicht hatten und dass ich auf dieser letzten Station etwa eine Stunde lang mein Rad gesucht habe, weil ich vergessen habe, wie es aussieht.
Die Geschichte mit dem Knie, das vermeintlich keine Weiterfahrt zuließ, und dem PBP-Arzt, der Dich - zum Glück - nach Paris trieb, hatte ich von Dir bereits 2007 beim CTF-Wochenende am Aschberg gehört, als Du uns staunenden Publikum Deine noch frischen Erinnerungen vortrugst. An Erzählungen über die Folgen des Schlafentzugs erinnere ich mich nicht. Ich nehme an, es dauerte lange, bis Du mit anderen darüber sprechen mochtest. Ich hatte in diesem Jahr bei der MSR (mein ganz spezieller Triathlon: 8 Std. Arbeiten, 4 Std. Autofahren, 300 km Radfahren, dazwischen Hektik in den "Wechselzonen") ein Erlebnis mit mir, dass ich bislang nicht schreiben mochte. Dass Du als das verarbeitet hast, lässt Dich noch größer werden, auch wenn es für PBP 2019 nicht mehr reicht.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Benutzeravatar
chris
B-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 56
Registriert: 08.02.2013, 23:20
Wohnort: Bünde

Schlafmangel

Beitragvon chris » 05.09.2015, 22:39

PBP war mein dritter mehrtägiger Brevet. Sehr, sehr müde Phasen durchlebt man dann immer mal. Aber es ist dann an einem selber, die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen. Auch ich habe schon Sekundenschlaf auf dem Rad erlebt. Der macht sich bei mir dadurch bemerkbar, dass ich abweichend vom "normalen" Trittreflex versuche, mit beiden Beinen gleichzeitig zuzutreten. Das fühlt sich dann so seltsam an, dass ich sofort wieder so wach bin, dass ich die Situation kurzfristig wieder in den Griff bekomme und schnellstmöglich nach einer Schlafgelegenheit suche.

Leichte halluzinatorische Erfahrungen habe ich bei meinem ersten 1000er auch einmal in der letzten Nacht erlebt, als der Asphalt plötzlich unter mir Risse bekam und aus den Rissen blaues Licht strahlte. Aber vielleicht war das in Berlin-Brandenburg gar keine Halluzination, sondern die Realität. :? Wie auch immer, es war für mich ein Alarmzeichen, 30 km vor dem Ziel noch mal etwas zu schlafen.

Beim diesjährigen Weserbergland 600er, der abends startete, bin ich mit 30 min. Schlaf in der 2. Nacht ausgekommen.

Man kann davon halten, was man will und manche belächeln das, aber ich habe bei Touren > 600 km immer einen sehr leichten, minimalistischen Daunenschlafsack dabei (700 g, extrem kleines Packmaß). Der macht in einsamen Gegenden unabhängig von EC-Kartenhotels, wenn die Nacht mal kalt ist. Er passt in das Packnetz meines Rixen-Kaul Contour Max Sport. Ich verpacke ihn regendicht in eine Plastiktüte. Eine Isomatte brauche ich nicht. Für einen kraftschöpfenden Schlaf 1 Stunde VOR einer Sparkasse auf dem Granitfussboden bei < 10°C war es bei PBP in Ordnung.

Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte: Jeder sollte für sich bei Touren oder Wachphasen > 40 h eine Lösung finden, wie man auch mal zu Schlaf findet, wenn rundherum keine passende Zivilisationseinrichtung zur Verfügung steht.

Es hilft schon sehr, dass bei PBP alle 80 km eine Kontrolle ist, wo man auch mal bei einer gewissen Grundmüdigkeit einfach mal eine 1/2 h am Tisch schläft, bevor man die nächste Etappe in Angriff nimmt. Aber wenn dann einmal unterwegs so richtig Thors Hammer zuschlägt und man 50 km von der nächsten Kontrolle entfernt ist, habe ich gerne diese Rückversicherung dabei. Das gilt umso mehr bei den "normalen" mehrtägigen Brevets, wo es keine "Vollpensions"-Kontrollen gibt.

Ich nehme einmal Hannos schweren Unfall ausdrücklich aus, weil ich nichts von den begleitenden Umständen weiß, aber ein großes Stück weit ist jeder Fahrer schon für sich selber verantwortlich und sollte seine körperlichen Signale berücksichtigen und für jede (voraussehbare) Situation einen Plan B dabei haben. Denn die meisten tragen nicht nur für sich selber, sondern auch für die Familie eine große Verantwortung.
Das Leben beginnt dort, wo es aufhört, bequem zu sein.
Knud
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 1306
Registriert: 09.06.2013, 22:44
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Knud » 06.09.2015, 21:08

Ich lese eure Berichte sehr interessiert, mit so einer Mischung aus Begeisterung, Respekt und Kopfschütteln. Beeindruckend, was ihr da geleistet habe. Ich bewundere das. Und für jemanden, der noch nie mehr als 200 km "am Stück" gefahren ist, ist das nicht wirklich nachvollziehbar. Da muss man wohl lange wachsen, bis man sich so etwas zutrauen darf.
quasarmin hat geschrieben:Man muss aber auch erkennen, wann man damit aufhören sollte.
Auch das muss man wohl lernen und hoffen, dass das Glück einen nicht verlässt. Und man muss auch erkennen, womit man (noch) nicht anfangen sollte.

Das steigert eher noch den Respekt vor Super-Brevets und allen, die sie fahren.

Knud
Benutzeravatar
Halbrenner
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 141
Registriert: 31.03.2013, 16:03
Wohnort: Altona-Altstadt
Kontaktdaten:

Beitragvon Halbrenner » 09.09.2015, 10:02

quasarmin hat geschrieben:Diese Erlebnisse werde ich nie vergessen, die ersten Monate nach der Tour war PBP stets gegenwärtig in meinen Gedanken. Auch heute denke ich immer wieder an PBP zurück. Fahren werde ich diesen Brevet und auch andere nicht mehr.
Moin Armin,

schön zu lesen, wie positiv die "Langzeitwirkung" von PBP bei Dir war und ist. Ich kann mir schon gut vorstellen, zum Wiederholungstäter zu werden, aber mal sehen.

Wer es noch nicht kennen sollte: Sehr gelungene Fotos von PBP 2015 finden sich auf Strava:

https://strava.exposure.co/parisbrestparis

Viele Grüße

Lars
Altonaer Bicycle-Club von 1869/80.
Benutzeravatar
Helmut
Admin
Beiträge: 12394
Registriert: 03.04.2006, 22:15
Wohnort: Hamburg-Tonndorf
Kontaktdaten:

Beitragvon Helmut » 09.09.2015, 23:13

Halbrenner hat geschrieben:Sehr gelungene Fotos von PBP 2015 finden sich auf Strava:

https://strava.exposure.co/parisbrestparis
Großartig! :Tanzen:
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 10.09.2015, 23:29

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/s ... 18306.html

Das Interview mit Claus Czycholl im Sportclub auf NDR 2 vom 6.09.

Der Bericht über P-B-P 2015 "Vier Sonnenaufgänge bis Paris", nochmal zur Erinnerung, am 13.09 um 23:35 Uhr.
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 11.09.2015, 09:47

Einen weiteren Bericht über Paris-Brest-Paris gibt es im Oktober-Heft der Zeitschrift "Tour".
Erscheint am 23.September.
patlizard
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 33
Registriert: 12.08.2009, 07:53
Wohnort: Ritterhude
Kontaktdaten:

Beitragvon patlizard » 12.09.2015, 19:04

Ich habe mit gelitten, ein gaaaaaaaaanz toller Bericht.
Danke, Andre.
Never give up
Benutzeravatar
Halbrenner
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 141
Registriert: 31.03.2013, 16:03
Wohnort: Altona-Altstadt
Kontaktdaten:

Re: 10 Minuten!

Beitragvon Halbrenner » 13.09.2015, 08:59

Heimfelder Dirk hat geschrieben:Unser Thomas ist 10 Minuten vor dem Zeitlimit über die Ziellinie gerauscht! Ich verneige sich vor der Leistung und dem Durchhaltevermögen meines Sportskameraden :Hutab: und natürlich auch vor allen anderen die sich getraut haben. :Kopfüberklatschen:
Moin Dirk, Thomas ist damit, ich weiß nicht ob Ihr es vielleicht auch wisst, ein potentieller, geeigneter Kandidat für die Adrian Hands Society.

"The Société Adrian Hands recognizes those randonneurs and randonneuses who believe that every ride should be enjoyed to its fullest. Membership is not for the fleetest of foot but for those that savor every moment of the journey, often using the full allotment of allowed time."

http://www.adrianhandssociety.com/

Viele Grüße

Lars
Altonaer Bicycle-Club von 1869/80.
Benutzeravatar
WalterH
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 37
Registriert: 14.07.2015, 00:09

Beitragvon WalterH » 13.09.2015, 23:48

Tolle Reportage soeben auf N3, ja!
Benutzeravatar
Helmut
Admin
Beiträge: 12394
Registriert: 03.04.2006, 22:15
Wohnort: Hamburg-Tonndorf
Kontaktdaten:

Beitragvon Helmut » 14.09.2015, 13:13

WalterH hat geschrieben:Tolle Reportage soeben auf N3, ja!
Nun auch vorübergehend in der Mediathek:

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/s ... b6932.html
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 22.09.2015, 14:27

Etwas spät, aber nun kommt doch noch ein kleiner Bericht von P-B-P. Radeln ist ja ein großer Teil meines Lebens. Eine Woche nach P-B-P bin ich mit dem Trekkingrad ja schon wieder in den Vogesen und Elsass unterwegs gewesen. Die ganzen Eindrücke dieser fast drei Wochen in Frankreich mußte ich erstmal verarbeiten.

Ich hoffe ihr habt Spaß und Freude beim Nachlesen.

Den Bericht gibt es auf der ARA Deutschland Seite unter Berichte.

http://www.audax-randonneure.de/index.p ... 44b15be65b
Benutzeravatar
Helmut
Admin
Beiträge: 12394
Registriert: 03.04.2006, 22:15
Wohnort: Hamburg-Tonndorf
Kontaktdaten:

Beitragvon Helmut » 22.09.2015, 14:45

Angelboot hat geschrieben:Es soll nach all den Jahren der Abschluss meiner Super Brevet Fahrerei sein. Das habe ich beschlossen. Mein Umfeld nimmt das mit schmunzeln und HAHA zur Kenntnis.
Ich vermute auch, dass spätestens in drei Jahren wieder die PBP-Pferde mit Dir durchgehen werden. Und was das Lebensalter bei einer PBP-Teilnahme betrifft, hast Du ja große Vorbilder.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Benutzeravatar
Helmut
Admin
Beiträge: 12394
Registriert: 03.04.2006, 22:15
Wohnort: Hamburg-Tonndorf
Kontaktdaten:

Beitragvon Helmut » 24.09.2015, 12:07

Angelboot hat geschrieben:Einen weiteren Bericht über Paris-Brest-Paris gibt es im Oktober-Heft der Zeitschrift "Tour". Erscheint am 23.September.
Es werden Randonneure aus vieler Herren Länder vorgestellt, darunter auch Karl Weimann, Friedhelm Lixenfeld und Claus Czypoll. Friedhelm war mit seinen 84 Jahren wieder der älteste Teilnehmer, musste leider nach 1.100 km aufgeben. Claus hat mit seinen 73 Jahren PBP nun bereits sieben Mal gefinisht, als einziger Deutscher, weil Karl durch einen Sturz aus dem Zeitlimit fiel.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 24.09.2015, 15:06

Ein toller Bericht von Tour-Redakteur Manuel Jekel. Er ist selber mitgefahren und brauchte 62 Stunden und 7 Minuten. Gelungen auch die Vorstellung der unterschiedlichen Typen. Gerade sie machen P-B-P im Besonderen aus.

Auf den Seiten 24+25 stellt er seinen "Fernlaster" vor. Rad und Ausrüstung womit er unterwegs war. Da kann man schon neidisch werden. Aber das sei ihm gegönnt, er sitzt ja an der Quelle. Der Alu-Renner mit "Einbauküche" für Verpflegung und den anderen Utensilien, mit dem ich unterwegs war, ist da schon um einiges schwerer.

Im übrigen: Friedhelm ist schon wieder on the road. Bin ihm gestern bei einer kleinen Ausfahrt begegnet. Er ist ein Typ, den man nur bewundern kann.
Benutzeravatar
Halbrenner
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 141
Registriert: 31.03.2013, 16:03
Wohnort: Altona-Altstadt
Kontaktdaten:

Beitragvon Halbrenner » 22.10.2015, 09:39

Im Netz existiert eine Seite, die PBP, die jeweiligen Fahrten und Zeiten "visualisiert", wenn man (s)eine Nummer eingibt.

Es gibt drei Modi:
Position chart -- zeigt das Verhältnis zu den Zeiten der anderen Teilnehmer.
Time-in-hand chart -- zeigt die Abstände zum Zeitlimit.
Progress chart (animation) -- lässt die ganze Fahrt (inklusive Pausen) im Zeitraffer noch einmal Revue passieren.

http://gicentre.org/pbp2015/

Viel Spaß. :cool:
Altonaer Bicycle-Club von 1869/80.
Benutzeravatar
Helmut
Admin
Beiträge: 12394
Registriert: 03.04.2006, 22:15
Wohnort: Hamburg-Tonndorf
Kontaktdaten:

Beitragvon Helmut » 30.10.2015, 00:09

Helmut hat geschrieben:
WalterH hat geschrieben:Tolle Reportage soeben auf N3, ja!
Nun auch vorübergehend in der Mediathek:

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/s ... b6932.html
Hat dierksen1 entdeckt:

Nun gibt es auch einen Film, ab Dezember auf DVD:

http://curlypictures.com/brevet/
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Benutzeravatar
Helmut
Admin
Beiträge: 12394
Registriert: 03.04.2006, 22:15
Wohnort: Hamburg-Tonndorf
Kontaktdaten:

Beitragvon Helmut » 21.11.2015, 13:08

Männer am Rande eines Gehörschadens oder besten Dank ans rechte Knie

So betitelte Roger Krenz seine Teilnahme bei PBP 2015. Siehe

http://www.in-time-media.de/blog.htm
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast