Lüttich-Bastogne-Lüttich Challenge 2012 (Bericht+Bilder)

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Ulrike
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Lüttich-Bastogne-Lüttich Challenge 2012 (Bericht+Bilder)

Beitragvon Ulrike » 03.05.2012, 17:59

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Lüttich-Bastogne-Lüttich Challenge 2012
Wie wir die belgischen Berge kennenlernten (Ardennen)


Auch in diesem Jahr wollten Konkursus und ich unseren Plan, die so gen. Cyclo-Touristen-Ausgaben der Frühjahrsklassiker "abzuarbeiten", weiter verfolgen. Nach der Flandern-Rundfahrt 2010 und Paris-Roubaix 2011, stand dieses Mal Lüttich-Bastogne-Lüttich auf dem Programm.

Nachdem wir bei den ersten Malen nur abgekürzte Strecken gefahren waren, wollten wir uns jetzt endlich einmal auf die vollständige Profistrecke begeben, die hier 271 km lang ist. Nur hatten wir bei der Anmeldung nicht so ganz realisiert, dass LBL oder La Doyenne nicht nur der älteste, sondern auch der härteste Klassiker ist mit 4.788 Hm kreuz und quer durch die Ardennen.

Unser Hotel in Lüttich war laut Karte nur ca. 3 km vom Start entfernt und so beschlossen wir, nach der Ankunft einen kleinen Spaziergang dorthin zu machen, um die Örtlichkeiten zu erkunden. Allerdings war die Karte nur 2-D, während Lüttich einen ganz enormen 3-D-Charakter hat. Das Hotel lag ganz unten am Fluss und der Start irgendwo auf einem hohen Berg, der dank zahlreicher Baustellen nur durch eine verwirrende Streckenführung aus steilen, engen Gassen, gekreuzt von stark befahrenen Durchgangsstraßen, zu erreichen war. Nachdem der Spaziergang zu einer handfesten Bergwanderung mutiert war, bot sich oben der volle Ausblick auf die finsteren Ardennen.

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Da war ein kritischer Blick auf den Streckenplan schon angebracht. 271 km ist in etwa die Strecke von HH-Berlin und die ist weitgehend flach!!!

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Startzeit war zwischen 6:30 und 7:30 Uhr. Angesichts der Anstrengungen, die vor uns lagen, entschieden wir uns, ganz unsportlich mit dem Auto auf den Startberg zu fahren. Als wir gerade die Räder auspackten, kamen uns schon die ersten Teilnehmer vor der Zeit mit Startnummern entgegen. Wenn wir das bloß gewusst hätten ... wir hätten jede Minute mehr Zeit bis zum Zielschluss um 20:00 gnadenlos ausgenutzt.

Die Ausgabe der Startunterlagen ging schnell vonstatten und anders als bei den RTFs gab es keine Startaufstellung, sondern jeder fuhr los, wie es gerade passte. Das war auch besser so, denn als erstes ging es eine steile und lange Kopfsteinstraße hinunter, gegen die die alte TdE-Abfahrt wie eine Miniaturausgabe wirkte. Die Straßen waren streckenweise in einem sehr schlechten Zustand und es dauerte länger als erwartet, bis wir Lüttich mit seinen unzähligen - natürlich immer roten - Ampeln verlassen hatten. Dazu noch April-Wetter, wie es im Buche steht. Ein ständiger Wechsel zwischen Wolkenbrüchen, Sonnenschein und Hagelschauern.

Der erste steilere Anstieg brachte die nächste unschöne Überraschung. Kreislaufprobleme! Ein untrügerisches Zeichen für eine herannahende bzw. nicht auskurierte Grippe. Damit war das Thema "Lange Strecke" erledigt. Aber glücklicherweise gab es nach ca. 80 km eine Streckenteilung und wir so stellten wir notgedrungen um auf 157 km im beschaulichen Touristenmodus, der dann auch Zeit ließ, die bei den Verpflegungsstellen ausgiebig leckere Waffeln und Honigkekse zu genießen bzw. das spezielle Verhältnis von Belgiern zu ihren Rädern fotografisch festzuhalten.

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Aber auch auf der abgekürzen Strecke standen 2.631 Hm mit etlichen Hellingen bzw. Cotes an. Wie in Flandern war jeder dieser Anstiege mit einem Schild ausgestattet, sodass man sich rechtzeitig auf die Länge und Steigungsprozente einstellen konnte.

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Oben angekommen wurde jeder Gedanke an Erholung durch ein Schild mit der Entfernung bis zum nächsten Helling schnell wieder zunichte gemacht.

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Vier der berüchtigsten Hellinge (Le Rosier, La Redoute, La Roche aux Faucons und Côte de St.Nicolas) waren mit einer Zeitmessung ausgestattet, wobei La Redoute mit gut 20 % Maximalsteigung die Krönung war.

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Auf den ersten Blick war klar, dass hier ein Höhepunkt des Profirennens am nächsten Tag war. Es standen unzählige Wohnwagen am Wegesrand bereit und auch ein riesiges Festzelt war schon aufgebaut. Aber das war eigentlich nebensächlich. Für uns zählte nur eins: bis zur Zeitmessmatte durchzuhalten, ohne vom Rad zu kippen.

Aber wo es bergauf geht, geht es auch wieder bergab. Und so gab es auch immer wieder Pausen zum Erholen, bis Konkursus mit einer weiteren Hiobsbotschaft aufwartete. Seine Bremsen waren hinüber. Da die Strecke teilweise stark befahren war

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und sich die Autofahrer in Belgien trotz aller Fahrradbegeisterung im Straßenverkehr nicht mehr oder weniger umsichtig verhalten wie in unseren Landen, fuhr ich bei Gefällepassagen gaaanz laaangsaaam vorweg, um quasi den Verkehr vorzuwarnen, und musste mir dazu andauernd anhören, wie Konkursus den nächsten Anstieg herbeiwünschte. Ärgerlich war auch, dass das unübersehbar gelbe MAVIC-Service-Auto, das wir vorher immer wieder gesichtet hatten, jetzt wo es dringend gebraucht wurde, wie vom Erdboden verschluckt war.

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Mit Müh' und Not schlugen wir uns bis zum Ziel durch, wo wir eine Medaille, eine Teilnehmer-Urkunde und ein hochwertiges T-Shirt des Sponsors Rapha erhielten. Für uns weniger ansprechend war die landestypisch angebotene Verpflegung in Form von Fritten, Bratwürsten und Bier. Trotz der Nähe zu Frankreich war nicht einmal ein Kaffee zu bekommen. Konkursus war wohl der erste, der einen bestellen wollte, und vorerst auch der letzte. Als wegen ihm die Kaffeemaschine angeschaltet wurde, rauchte sie sofort mit einem Kurzschluss auf. War wohl lange nicht in Betrieb gewesen.

Also schnell zurück ins Hotel zu unserem Reisewasserkocher, um darüber zu beraten, wann wir wiederkommen, um die volle Strecke zu fahren. Was muss, das muss!

Ulrike :wink:

P.S. Die Fotos stammen teils von mir und teils von Sportograf.
Hilfe !! Ich brauch' einen 48 Std.-Tag!
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Beitragvon dirksen1 » 04.05.2012, 08:06

Also, was ihr beiden immer erlebt, sprengt nicht nur jede (scheinbare) Normalität, sondern auch meine eigene Vorstellungskraft, was ein Mensch auf 2 Rädern so alles aushält, ohne dass ihm der Spaß vergeht.

Ich ziehe abermals meinen Hut vor euch, euer Bericht spiegelt schonungslos der Erlebte wider, zeigt, was die Liebe zu einem Sport möglich macht und gibt am Ende das wohl wichtigste Feedback:

ES WAR GEIL und ihr kommt wieder!!!

:GrosseZustimmung:
ES LIEGT NIE AM RAD!
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Beitragvon Tribala-Stine » 04.05.2012, 12:59

oooohhh ja - da muss ich dirksen1 recht geben - er spricht mir aus der Seele, ich kann es nur nicht in Worte fassen.

Super was ihr da wieder gemacht, erlebt und geschrieben habt - alle Achtung ;)

Stine :wink:
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Indorain
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Beitragvon Indorain » 07.05.2012, 11:54

Unglaublich was Ihr alles so mit dem Rad unternimmt.
Nächstes Jahr wird die "Ardennenoffensive" dann sicherlich erfolgreich beendet.

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