300er Brevet ARA Weserbergland '12, Hessisch Old. (Bericht)

sbach2o
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 38
Registriert: 06.08.2007, 13:19
Wohnort: Hannover

300er Brevet ARA Weserbergland '12, Hessisch Old. (Bericht)

Beitragvon sbach2o » 17.05.2012, 20:16

<b>300er Brevet der ARA Weserbergland 2012 ab Hessisch Oldendorf
Mit Anlauf ums Herrmannsdenkmal</b>


Da ich wieder mit dem Fahrrad zum Brévet anreisen wollte, hieß es um kurz nach 3 Uhr morgens aufstehen. Die Wettervorhersagen verhießen kühle Temperaturen um 10 Grad und möglicherweise Schauer. Entsprechend kleidete ich mich in Lang/Lang mit Überschuhen, letztere nicht nur wegen des Regenrisikos, sondern auch um die Füße warm zu halten.

Nach schnellem Frühstück und den üblichen Vorbereitungen fand ich mich gegen halb vier auf dem Weg. Auffallend der trotz der frühen Stunden teilweise recht lebhafte Wind aus West. Der sorgte dafür, dass ich für die Strecke von knapp 70 Kilometern fast drei Stunden brauchte. Natürlich war ich immer mit dem Gedanken unterwegs, mich nicht schon vor Beginn der Prüfung müde zu fahren.

In Großenwieden war ich als einer der Ersten und nutzte die Gelegenheit mich mit Kuchen und Kaffee zu stärken sowie einen Toilettengang zu absolvieren. Da ich mich erst auf den letzten Drücker zwei Tage vorher angemeldet hatte, war noch keine Kontrollkarte für mich vorbereitet, und wir mussten mir erst eine ausfüllen. So nach und nach trafen noch etwa 15 Randonneure ein. Uwes ungefährer Kommentar, später: "Ist ja richtig familiär, fast wie damals, 2004, macht aber nichts".

Heute legte Uwe großen Wert darauf, dass alle Fahrer einen ausdrücklichen Haftungsausschluss unterschreiben. Nach dem tragischen Todesfall bei einem Brévet der ARA Breisgau hatte der dortige Organisator der Fahrt Probleme mit den Behörden bekommen, die ihm unter Strafandrohung weitere "Veranstaltungen" der Art verbieten wollten. Nun waren also die Selbstverständlichkeiten eines Brévets noch einmal von jedem Fahrer schriftlich zu bestätigen, nämlich dass es sich nicht um ein Rennen handele, dass die Straßenverkehrsordnung von allen Fahrern einzuhalten sei und dass der Organisator kein Veranstalter ist und entsprechend auch nicht für irgendwelche Eventualitäten haftbar zu machen.

Pünktlich um halb Acht gingen wir gemeinsam mit Uwe auf die Strecke, der aber nicht selbst den Brévet absolvieren, sondern seine Kontrollzangen einsammeln wollte. Der erste Abschnitt der Fahrt führte über den Wesergebirgskamm in das Auetal. Wer die Lauenauer RTF kennt, ist den Abschnitt schon in umgekehrter Richtung gefahren, es ging über den ersten größeren Anstieg jener Veranstaltung. Die meisten Fahrer blieben zunächst zusammen, aber da es schon bergan ging, ließen sich die beiden Liegeradfahrer und ein Paar von Rennradfahrern aus der Gruppe herausfallen.

Ich musste auch recht schnell merken, dass die Gruppe zu stark für mich ist. Schon an der ersten Kontrolle (per Kontrollzange) hinter Barksen trudelte ich mit etwas Abstand ein. Dort verstaute ich dann in aller Ruhe meine Windjacke im Rucksack, während Uwe, bevor die schnellen Jungs weiterfuhren, noch einmal darauf hinwies, dass wir am Herrmannsdenkmal auch wirklich zum Denkmal hinauf fahren und eine Runde drum herum drehen sollten. Er sei ja dafür bekannt, dass er auch gerne mal eine Geheimkontrolle einstreue. Aha.

Von dieser Kontrolle an Kilometer 10 war ich alleine unterwegs. Ich fahre ohne Navi, hatte vor Beginn der Fahrt auch keinerlei Idee, wo es lang gehen würde (außer am Herrmannsdenkmal, das das Thema des Tages war), habe mir aber einen Mini-Map Kartenhalter (Rixen & Kaul) am Lenker montiert. Der bietet gerade genug Platz für Kärtchen im A6 Format, wenn nichts überstehen soll. Genau so sind Uwes Wegbeschreibungen auch gestaltet: Ein DIN-A4 Blatt ist in vier Blöcke pro Seite segmentiert. Das kann ich dann zusammenfalten, in eine DIN-A5 Hülle stecken und noch einmal gefaltet passt es dann schön in den Halter. Die einzelnen Blöcke der Wegbeschreibung sind dann so gestaltet, dass sie üblicherweise mit einer Kontrolle abschließen. Konnte ich auf allen früheren Brévets dieses Jahres noch davon profitieren, mit einem Navigator in einer Gruppe zu fahren, war ich nun also auf die Methode "Kartenhalter" angewiesen. Und um es vorweg zu nehmen: Das hat sich vollauf bewährt. Uwes Wegbeschreibungen sind so übersichtlich und genau, dass auch kompliziertere Ortsdurchfahrten (u. a. Horn bei Detmold, Höxter und Holzminden standen heute auf dem Programm) kein Problem darstellen.

An einer einzigen Stelle zeigte ein Wegweiser in eine andere Richtung als die Beschreibung nahelegte, und da ich dem statt der Abbiegevorschrift folgte, fuhr ich einen Umweg von ein bis zwei Kilometern. Zunächst aber ging es nach dem Wesergebirge durch das Auetal Richtung Westen, bis kurz vor Obernkirchen. Damit kein sinnvolles Abkürzen möglich ist, waren auf den ersten 40 Kilometern vier Kontrollzangen untergebracht. Weiter ging es um Rinteln herum nach Silixen zur ersten Stempelkontrolle. Dort traf ich zum letzten Mal die schnellen Fahrer. In dem Laden, der den Stempel abgab, deckte ich mich dann für mein drittes Frühstück ein und füllte die Trinkflaschen wieder auf.

Weiter hügelig durch das Kalletal, dann zunehmend flacher um Lemgo und Detmold herum durch Hiddesen zum Herrmannsdenkmal, so gegen Kilometer 120. Der Hügel hinauf zum Denkmal ist sehr ungleichmässig zu fahren, mit ein paar Rampen über 10 % darin. Oben angekommen bin ich also wie gefordert den kurzen Kopfsteinpflasterweg hinauf und umrundete das Denkmal einmal, nach der 'Geheimkontrolle' Ausschau haltend. Nix zu sehen, also noch eine Runde. Immer noch nichts. Nun gut, da es nicht mehr geheim war, wozu noch Kontrollieren? War also keine echte Überraschung. Also holte ich mir den Stempel am Kiosk und wendete die Wegbeschreibung.

Vom Hügel hinab sollten wir die andere Zufahrtsstraße über Heiligenkirchen fahren. Nachdem ich mich durch die Parkplatzabsperrungen gefädelt hatte, der große Schreck: Ein Schild 'Gefälle 20 %'!" Sah aus wie 30, und das bei meiner Höhenangst :shock: , dazu fehlte mir der Mut. Ungelogen: Ich habe mein Fahrrad dort runter geschoben. :erroeten: Zum Glück verflachte der Berg nach wenigen hundert Metern wieder. Dort bin ich dann aufgestiegen, die weitere Abfahrt bot dann noch ein paar Rämpchen von vielleicht 10 %.

Nach dem Herrmannsdenkmal war die nächste Station der Solling. Ohne weitere Kontrollen war zunächst bis Höxter zu fahren (über Horn, Steinheim, Vörden, netter Anstieg dann bei Bremerberg), dort über die Weser und Flussaufwärts bis Meinbrexen. Hier stand eine Kontrollfrage an: "Aus welchem Material ist der Abfallbehälter im Buswartehäuschen hinter der Abzweigung?" mit drei Antwortmöglichkeiten. Verschiedene Fahrer bekommen durchaus unterschiedliche Kontrollfragen, wenn auch alle sich auf Gegebenheiten am selben Ort beziehen. Bei meiner Frage traf keine der Antwortmöglichkeiten zu, interessant. Nun, das Wartehäuschen machte den Eindruck, als sei es relativ neu, offenbar neuer als ein Jahr. Dies wurde bei meiner Rückkehr nach Großenwieden in der erwarteten Weise geklärt. Ich war nicht der Einzige, dessen Frage keine gültige Antwort zuließ.

Also weiter über Derental hinauf nach Nauhaus im Solling zur Stempelkontrolle an einer Tankstelle. Dort stärkte ich mich mit einem Snack, und als es, während ich auf der Toilette neue Sitzcreme am Allerwertesten verteilte, heftig zu hageln und zu regnen begann, blieb ich dann für einen etwas gehaltvolleren Imbiss bis der Regen nachgelassen hatte.

Die weiteren Stationen waren Holzminden, weserabwärts und überwiegend auf Radwegen entlang der B83 nach Bodenwerder (Kontrolle), auf der anderen Weserseite flussaufwärts bis Rühle, dann noch einmal hügelig durch die Rühler Schweiz nach Eschershausen (Kontrolle) und ab da auf für mich bekannten Straßen zurück nach Großenwieden.

Hatte ich bis dahin ein paarmal die Hoffnung gehegt, der Wind könnte für den Rückweg eingeschlafen sein, wurde ich nun enttäuscht. Kräftig blies es mir aus Nordwest entgegen. Gegen Sonnenuntergang war ich noch 20 Kilometer vom Ziel entfernt, und da das Rücklicht nachließ, war ein Batteriewechsel fällig. Für den brauchte ich dann eine geschlagene viertel Stunde oder mehr. Ich hatte schlicht vergessen, wie ich das Batteriefach der Leuchte aufbekomme, schließlich wollte ich mir das Ding nicht kaputt machen. Statt eines Schiebemechanismus war das Fach mit Kraft aufzuklappen.

Nachdem das geschafft war, kam ich nach mehr als 14 Stunden Fahrzeit in Großenwieden an, wo Uwe mich in Empfang nahm. Nach Kaffee und Klönschnack (er hatte tatsächlich keine Geheimkontrolle durchgeführt) fuhr ich nur noch bis Hameln zum Bahnhof für eine Gesamtstrecke von 390 Kilometern an dem Tag. Auf den Brévet entfielen dabei ziemlich genau 300 Kilometer (plus meinem Kilometer Umweg). Eben um diese 300 vollzumachen, sollten wir unbedingt einmal um das Herrmannsdenkmal herumfahren.

Von hier aus noch einmal vielen Dank an Uwe, den Nicht-Veranstalter, aber umso sorgfältigeren Organisator einer schön abwechslungsreichen und fordernden Tour (gut 3.000 Höhenmeter) durch eine schöne Landschaft. Besonders froh bin ich auch darüber, dass die Einteilung meiner Kräfte an dem Tag im Gegensatz zu so manch anderer Gelegenheit (300 Km in Wolfenbüttel) sehr gut geklappt hat, und es auch Spass machen kann, mehrere hundert Kilometer vollkommen alleine zu absolvieren.

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast