Ein Veranstaltungsformat, dass sich zu beobachten lohnt. Einfach, praktisch, gut.
Das war sie also, die erste siebenunddreißigste „Rund um die 7 Berge“. Wer hier jetzt Zahlensalat im Hirn hat, ist in guter Gesellschaft. Wie jetzt? Erste? Siebenunddreißigste? 7 Berge? Ja, wat denn nu?
Alles richtig. Die siebenunddreißigste „Rund um die 7 Berge“, allerdings zum ersten Mal als „Brevet“ ausgetragen, wobei ich den Begriff „Brevet“ für eher unangebracht halte, denn es ist ja kein Brevet gewesen, sondern eine vom Radsportverband Hannover organisierte „RTF“, bei der lediglich auf die regelmäßige Keks-Versorgung entlang der Strecke verzichtete wurde. Mit dem Begriff „Brevet“ verbinden viele Radsportler unendlich lange Strecken, hässliche Fahrräder vollgepackt mit Taschen und weiterem Gedöns und sozial-inkompatible Schweiger, die über hunderte Kilometer keine Miene verziehen und stur auf die Landstraße schauen. Teilweise soll man sogar „Brevet-Fahrer“ in Wohnmobil-artig ausgestatteten und vollverkleideten Büchsen gesehen habe, die beim Überholen einen Jet-mäßigen Sound hinterlassen und in der Ebene mit nem 45er-Schnitt dahinrollen.
Aber ich schweife ab, es war ja kein Brevet
Was André, der Kayser, da seit einigen Monaten im Raum Hannover/südlich der Heide auf die Beine stellt, ist eine wunderbare Belebung der eher tristen Szene nahe der Landeshauptstadt, die sich seit Jahren im RTF-Schlaf befindet. Und das sind dann Veranstaltungen, an denen teils selbsternannte Hobbyrennfahrer mal an nem Samstag ihr Carbon mit Geschwindigkeiten über nicht abgesperrte, flache Landstraßen prügeln, dass der Reifen raucht. Macht mal Spaß, ist saugefährlich und die Radwelt hat doch noch so viel mehr zu bieten.
Genau das zeigt uns André. Erst etablierte er CTFs, um die beiden bestehenden vom HRC und vom RSG Hannover zu ergänzen. Und nun nimmt er sich der RTF-Szene an und bereichert diese mit „Radfahren für Erwachsene“
Ein Format wie dieses ist zwar nicht neu, aber aus Sicht der BDR-Ecke durchaus innovativ. Man bekommt nen Track, fährt los, bekommt am Ende sogar die begehrten Wertungspunkte für das sensationell schicke Jahrespräsent und schwups…sind alle glücklich.
Alle? Hmmm…das ist noch steigerungsfähig, obwohl die Anzahl der Starter für die Wetterverhältnisse und allem Voraus natürlich für die Region Hannover durchaus sehr gut waren. Es fehlten halt einige altbekannte RTF-„Mannschaften“, mit deren Teilnahme die Erstauflage locker auf 120 Sportler hätte katapultiert werden können, aber es war ja auch das erste Mal. Da geht noch was.
„Strategiebesprechung“ nach 30km Anfahrt. Verdammt, war das kalt heute
Kritik?
Hmmm…schwierig. Die Anmeldung war etwas hakelig, neu für „nur-RTF-Fahrer“, aber deshalb daheim bleiben? Allerdings ist dieses Portal, das da genutzt wird, für viele Veranstaltungen gleich, also lag es eher am System statt an der RTF selbst.
Das Kreuzchen bei „Suppe“ im Zuge der Anmeldung sollte auch dazu führen, dass man eine Suppe bekommt.
Das war’s…für das Wetter kann niemand etwas.
Nach meiner Anreise traf ich vor Ort schon Eule Solling-Jörg, Tom Baa und der Volvomann trafen ein, einige bekannte Gesichter und Radfreunde aus der Umgebung ließen die halbe Stunde Wartezeit bis zum Start mit nem Kaffee wie im Flug vergehen.
Der Start? Welcher Start? In der Mail mit dem Track wurde von Gruppeneinteilung und organisiertem Losfahren geschrieben, stattdessen tröpfelten die Leute von verschiedenen Stellen einfach so auf die Strecke…mal allein, mal in Gruppen, aber ohne jede sichtbare Orga. Das Ganze verstärkte sich, als 100m nach dem Start eine Gruppe vor uns nach links abbog, obwohl der Track eindeutig geradeaus ging. Wir entschieden uns für Tracktreue, kurze Zeit später kam Frau Eklund uns entgegen, sie schloss sich an und unsere Gruppe war komplett. Zwischenzeitlich 20 (?) Personen stark ging es zügig gen Westen, den kalten Nordost-Wind im Rücken, nur ein nennenswerter Anstieg stellte sich uns in Gestalt des Roten Berges in den Weg, so dass wir die ersten 35km und mit gutem Gruppenverhalten auch die weiteren knapp 40km bestens gelaunt dahinrollten.
Anstieg Roter Berg, warmwerden…
Bei km 70 dann die Tourteilung, mind. die Hälfte der Fahrer wusste von nichts, einige wussten mehr und so schrumpfte unser Gespann auf 6 Pedaleure, davon 4 Eulen und 2 sehr nette Mitfahrer, von denen Hans, der 47ste, ja auch bereits berichtet hat. Vom sechsten Fahrer habe ich leider den Namen vergessen.
Den gut ausgebauten „Skulpturenpfad“ fuhren wir durchaus zügig, geht ja locker 10km bergab und parallel der Straße ist es ein Genuss, auf dieser an diesem Samstag sauberen und trockenen ehemaligen Bahntrasse dahinzugleiten.
Skulpturenpfad mit bewegten Skulpturen
Lange zuvor kam die Frage nach nem Kaffee. Ja, ihr erinnert euch? Es wurde als „Brevet“ gefahren, also nix Keks an irgendeinem wackeligen Tapeziertisch, der von übermotivierten RTF-Racern durchaus mal umgefahren wird, sondern stilvoll und mit Ruhe wird eingekehrt. Radfahren für Erwachsene.
„Es gib da ein Café mit Schwarzwälder Kirschtorte“ hörte ich es von hinten, unwillkürlich erhöhte ich die Wattzahl auf den Pedalen und als wir vor dem Café standen, fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren. Da waren wir schon mal. Auf dem Rückweg von „Jörgs Solling-Tour“ anno 2015. Ohne Helm konnte ich die Dame des Hauses jedoch nicht wiedererkennen.
Runter vom Rad, ran ans Kuchenbuffet
Beim Café und Schwarzwälder Kirschtorte lernten wir unsere beiden Mitfahrer besser kennen, nach ner halben Stunde ging es wieder raus. Der weitaus anspruchsvollere Streckenteil wartete mit noch zu bewältigenden 4 „Bergen“ vor uns und zusätzlich kam er Wind nun von vorn. Aber auch das meisterten wir mit guter Gruppenarbeit, teils unterstützt durch verbale Anweisungen, die ihr Ziel fanden.
Als wir dann nach etwas über 6 Stunden wieder in Hildesheim waren, freuten wir uns auf die warme Suppe, denn wir waren ganz schön durchgekühlt. Suppe? Ach ja, gab’s nicht…
Kurzer Klönschnack, Händedruck, Verabschiedung, kalt war’s.
Meine 30km Heimweg ließen mich kaum wieder warm werden, aber darauf war ich ja vorbereitet.
Heimfahrt…30km nach Hause frieren…
Schön war’s. Die Strecke eine Pracht, von allem und für jeden etwas dabei. Ich trage mir das für nächstes Jahr in den Kalender. Danke André für Orga und danke den übrigen Helfern für die Unterstützung bei Start und Ziel und siehe da, man kann auch kulant mit einer noch auf dem Postweg befindlichen Wertungskarte umgehen.
Weitere Bilder vom TomMas gibt es hier:
https://picasaweb.google.com/1100109047 ... directlink