Im Winter spielt der Straßenradsport eher eine untergeordnete Rolle. Wer kaltes und vielleicht auch ungemütliches  Wetter nicht scheut, fährt Cross. Und wer sich lieber im warmen aufhält und dort Top-Radsport erleben möchte, geht zum Bahnradsport. Jetzt ist im Norden wieder eine gute Gelegenheit hierzu, denn: Es sind Sixdays in Bremen – eine Mischung aus Hochleistungssport und Show. HFS hatte hierfür nicht nur Karten zur Verlosung im Angebot, sondern war selbstverständlich auch selbst vor Ort. Und so ging es Freitag Abend (11.1.2019) nach Bremen in die ÖVB-Arena. Wir waren schon recht frühzeitig vor Ort, so daß wir ausreichend Zeit hatten, uns zu orientieren.

 

 

So war beispielsweise im Eingangsbereich eine Mini-Bahn (noch kleiner als die Bremer Radrennbahn) aufgebaut.

 

 

 

 

 

Außerdem haben mehrere Bremer Sportvereine an einem gemeinsamen Stand über ihr Angebot informiert. Vorbildlich dabei war, daß auch Special Olympics vertreten war und so die Inklusion gelebt wurde.

 

 

 

 

Einlaß war ab 19 Uhr, aber schon eine Viertelstunde vorher standen die Leute im Eingangsbereich Schlange und warteten sehnsüchtig darauf, daß es endlich losgeht.

 

 

Dann war endlich Einlaß, und die Show konnte beginnen. Zeitgleich mit dem Einlaß begann auch der Jedermann-Wettbewerb „Dein Rennen“. Schade, daß beides zeitgleich war, denn so waren beim Jedermann-Wettbewerb kaum Zuschauer in der Halle. Bei diesem Wettbewerb traten je 6 Jedermänner und –frauen an, um ihre schnellste Runde auf die Bahn zu bringen. Insgesamt fuhren alle je drei Runden. Die ersten beiden Runden dienten dem Warmfahren und „Auf-Touren-Kommen“. In der dritte Runde wurde es ernst: Die Zeit wurde gemessen.

Erst durften die Frauen ran. Die Teilnehmerinnen waren zwischen 17 und 50 Jahre alt, was schon eine unglaubliche Bandbreite ist. Auch die Bahnerfahrung war sehr unterschiedlich: Laura Wiese war zwar die Jüngste, schien aber auf der Bahn zu Hause zu sein. Dagegen hat sich Elfi Roth das erste Mal auf die Bahn getraut. Möglich wurde das, da den Teilnehmern Bahnräder vom Zweirad-Center H.-P. Jakst für diesen Wettbewerb zur Verfügung gestellt wurden.

HFS hat nach dem Wettkampf mit einigen Teilnehmerinnen gesprochen. Angesprochen auf ihre Bahn-Premiere sprühte Elfi vor Begeisterung „es war geil!“. Während der Fahrt auf der Bahn hat sie immer nur gedacht „ich muß treten, treten, treten, sonst fall´ ich runter“. Später kam noch der Gedanke „Oh, Gott, wie kann ich nachher bremsen?“ dazu. Aber es hat alles super geklappt. Sie gibt selbst an, „jetzt Blut geleckt“ zu haben. Und: „Nächstes Jahr stehe ich mit meinem eigenen Rad hier!“. So hat dieser Wettbewerb begeistert. Mädels, das war klasse!

Auch die Männer haben eine tolle Leistung gezeigt. Hier war der jüngste Teilnehmer gerade einmal 14 Jahre alt. Und der Sieger hat mit 9,695 Sekunden und 61,638 km/h eine Geschwindigkeit auf die Bahn gebracht, die schon dicht an den Profis liegt. Respekt! Im übrigen konnte man bei den Jedermännern und –frauen gut erkennen, wie schwierig Bahnfahren ist. So wurden diese gerade in den Kurven doch recht weit nach oben gedrückt, während die Profis unten die Spur halten können. Das war interessant zu beobachten.

Nach dem Jedermann-Wettbewerb folgten die U19-Fahrer. Sie fuhren ihren Wettkampf als Kleine Jagd. Dabei geht es darum, die anderen Teams zu überrunden und so sog. Rundengewinne einzufahren. Anders als später bei den „Erwachsenen“, die etwas taktischer fuhren und auch mal Tempo im Feld rausgenommen haben, haben die U19-Fahrer von Anfang bis Ende Vollgas gegeben mit der Folge daß es 20 Minuten dauerte, bis es zum ersten Rundengewinn kam. Zum Vergleich: Bei den Profis gab es in 20 Minuten 20 Rundengewinne.

Danach mußten die Profis für zwei Wettkämpfe auf die Bahn: Erst gab es das Ausscheidungsfahren. Hier muß jede zweite Runde der Fahrer das Rennen verlassen, der als Letzter die Ziellinie überfährt. Bei dieser sehr kurzen Bahn geht es somit in sehr kurzen Zeitabständen immer wieder zur Sache. Eigentlich gibt es dann am Ende einen Sprint zwischen den beiden letzten verbliebenen Fahrern. Hier war es allerdings so, daß die letzten beiden Fahrer aus demselben Team kamen. Ihnen war es egal, wer gewinnt, weil die dadurch gewonnenen Punkte sowieso dem Team als ganzes zu gute kommen. Und so war es eine Triumphfahrt für Illjo Keisse und Jasper de Buyst.

Es folgte die Große Jagd, also ein Madison-Rennen über 45 Minuten, und damit ein Höhepunkt des Abends. Später am Abend gab es noch die Kleine Jagd über „nur“ 30 Minuten. Hier geht es immer rasant zu, denn es sind die wichtigsten Rennen, wenn es um die Gesamtwertung geht. Und so konnten im Laufe des Abends Illjo Keisse und Jasper de Buyst die Fahrer Theo Reinhardt und Marc Hester von der Spitze der Gesamtwertung verdrängen.

 

Dann kam der große Moment der Sprinter. Der Bahnrekord in Bremen lag bei 8,812 Sekunden. Und Robert – Mr. Oberschenkel – Förstemann war angetreten, diesen Rekord zu brechen. Während er – wie alle Sprinter – in den ersten Runden noch viel Show machen und mit dem Publikum spielen, wurde es dann in der letzten Runde ernst: Vollgas voraus! Und am Ende … Bahnrekord! Er hat es tatsächlich geschafft und mit 8,695 Sekunden den Rekord von 2014 gebrochen. Herzlichen Glückwunsch!

Im anschließenden Interview wurde er gefragt, wie es gewesen ist. Er erklärte, daß er volles Risiko gefahren ist, und es auf dieser kurzen und engen Bahn ein Gefühl ist „wie Karussell fahren – nur schlimmer“.

Auch der 500-Meter-Sprint war großartig. Hier liegt der Bahnrekord bei 27,375 Sekunden. Am Freitag waren drei Teams dabei, die mit ihren Sprints jeweils unter 28 Sekunden geblieben sind und damit nicht sooo weit weg vom Bahnrekord waren. Das war wirklich ein großartiges Niveau. Die Fahrer erreichen hier übrigens Geschwindigkeiten von über 64 km/h.

HFS hatte noch die Gelegenheit, kurz mit dem Sprinter Maximilian Levy zu sprechen. Angesprochen auf den Streß eines 6-Tage-Rennens erklärte er uns, daß das Fahren an sich nicht so schlimm sei. Anstrengend sei dagegen die permanente Beschallung und die fehlende Ruhe. Aber, so Levy mit einem Augenzwinkern, es gebe schlimmere Berufe… Und dann erzählte er noch eine Anekdote: Ein junger Fahrer sprach ihn im Laufe des Abends an und meinte, daß ja nun 2 von 6 Abenden geschafft seien. Daraufhin Levy, der gerade vom 6-Tage-Rennen in Rotterdam kam: „Ich habe 8 von 12 Abenden geschafft“.

Und dann war ein ereignisreicher Abend auch schon wieder zu Ende. Sixdays in Bremen sind immer eine Reise wert.

Alle Bilder des Abends gibt´s hier.

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